Coruum Vol. 1
entfernte er sich ein paar Schritte. Das Bild in der Vertiefung flackerte ein paar Mal – und dann sah er ihn.
Seltsam verkrümmt lag die menschliche Gestalt auf der Seite, mit dem Rücken zu ihm. Es musste ein Astronaut sein, auch wenn er noch nie einen solchen Anzug gesehen hatte, aber die Amerikaner hatten ja Geld wie Heu.
Der Anzug war fast schwarz und hatte an den Körpergelenken große, wie Schwellungen wirkende Verstärkungen. Die Stiefel waren unglaublich groß und von unzähligen kleinen Öffnungen überzogen.
Wie kam ein Astronaut hierher?
Lautlos und mit angehaltenem Atem näherte sich Marquez wieder der Gestalt. Ein gewölbter, mattsilberner Schild ragte mit einem Ende aus der Vertiefung. Marquez neigte sich vor und bemerkte, dass der Schild an einem der Arme befestigt war. Von der Oberfläche des Schildes pellte sich entlang einer schwarzen Spur eine feine Schicht wie Asche ab. Er griff vorsichtig danach. Bei der leisesten Berührung seiner Handspitzen mit dem Schild bröckelte ein Stück Asche in seine Hand.
Das diffuse Glühen der Schwellungen an den Gelenken des Anzugs lenkte ihn ab. Hatte er das Glühen am Anfang nicht wahrgenommen? Während er am Rand der Vertiefung hockte und den Anzug betrachtete, wurde das Glühen zu einem starken neonfarbenen Leuchten.
Sehr sonderbar. Offenbar funktionierte der Anzug noch. Über die Verfassung des Astronauten machte er sich keine Gedanken. Den Absturz konnte der niemals überlebt haben.
Aber warum war der Anzug dann noch in einem so guten Zustand?
Ein leises Summen signalisierte Marquez, das er mit seiner Vermutung eines intakten Anzugs recht gehabt hatte.
Hatte dort nicht ein wenig der Arm gezuckt, an dem der gewölbte Schild befestigt war? Heilige …
Als sich der Astronaut bewegte, geschah das so schnell, dass Marquez es erst bemerkte, als der wieder unsichtbare Anzug in ihn hineinflog und ihn senkrecht durch die Baumkronen mit nach oben riss. Als sein zerfetzter Körper Sekunden später wieder auf dem Waldboden aufschlug, hatte er zwei große Geheimnisse mit sich in den Tod genommen.
Donavon
Wir erreichten das abgesperrte Ausgrabungsgelände völlig durchnässt und frierend in tiefster Dunkelheit. Es hatte angefangen zu regnen, kurz nachdem wir das Auto stehen lassen mussten. Mit der Abend-Dämmerung war Wind hinzugekommen. Erst schwach, mittlerweile aber kräftig genug, um das Blattwerk der Bäume stetig über unseren Köpfen rauschen zu lassen.
Karens Verfassung hatte sich nach der leichten Besserung in Tikal wieder verschlechtert. Die plötzliche Übelkeit und der lange, beschwerliche Fußmarsch im strömenden Regen waren eine große Belastung für sie. Sie befand sich mittlerweile am Rand des Zusammenbruchs.
Vor einer Stunde war Karen dann noch in der Dunkelheit auf der von Kalkschlamm, Schlaglöchern und abgerissenen Ästen übersäten Straße mit einem Fuß umgeknickt. Seit dem trug ich sie auf dem Rücken.
In der fast greifbaren Schwärze der sternenlosen Nacht bemerkte ich den Metallzaun des Ausgrabungsgeländes erst, als ich schon ein Stück daran entlanggegangen war und er einen Knick zur Straße hin machte, auf der ich mich langsam vorantastete. Der Klang der auftreffenden Regentropfen auf dem Asphalt der Straße und in den Pfützen hatte mir bis dahin bei der Orientierung geholfen.
»Wir haben es gleich geschafft«, sagte ich. Karen streichelte mir mit der Hand durch die nassen Haare. »Wie gut, dass wir nichts zu essen mithatten, sonst wäre ich noch schwerer zu tragen.« Selbst aus ihrem leisen Lachen klang die Erschöpfung heraus.
»Wie spät ist es?« fragte ich sie. Karens Uhr war glücklicherweise eine Automatik, so dass sie den allgemeinen Technik Genozid überlebt hatte.
Sie drehte das Handgelenk ein wenig, bis sie einen Strahl Mondlicht zwischen den dahinrasenden Wolken auffangen konnte.
»Kurz nach ein Uhr.«
Ich änderte die Richtung um nicht mit dem Zaun zusammenzustoßen, und trottete weiter, bis wir dreißig Minuten später – von starken Windböen angeschoben – den schwerbewachten Eingang zum Ausgrabungsgelände erreichten.
Der Taschenlampenkegel des Wachtpostens aus dem Maschinengewehrnest blendete uns kurz, dann ließ man uns durch. Offenbar war hier nicht alles in die Brüche gegangen.
Ich brachte Karen in den Materialcontainer, wo wir uns erst einmal abtrockneten und umzogen. Niemand war zu sehen. Nur sehr vereinzelt zeichnete sich die Silhouette eines patrouillierenden Soldaten ab.
Ich
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