Coruum Vol. 1
Zugangs deutlich unterschätzt. Am Ende der ausgehobenen Grube hatte sich – einem neuen Bergrücken gleich – auf einer Länge von ungefähr fünfzig Metern der Erdboden über der Überdachung hoch und zur Seite geschoben.
Die entstandene Rampe führte gut einhundert Meter schräg nach unten. Der eigentliche Eingang lag im Schatten des Daches und war nicht zu erkennen. Das war für mich auch nicht notwendig. Ein bekanntes, rotes Flimmern am Ende der Rampe sagte mir, dass wir den Zugang gefunden hatten.
Das Geräusch laufender Stiefel hinter uns ließ uns anhalten. Marines kamen rechts und links an der Stele vorbeigerannt und gingen zwischen uns und dem oberen Rand des Eingangs zur unterirdischen Anlage in Stellung.
»Wenn diese Idioten jetzt denken, sie können vor uns da rein, haben sie sich aber geschnitten.« Karens grimmiger Blick hing an der Besuchergruppe, die gerade um die Stele herumkam.
»Warten sie, Dr. Whitewood!« Der Captain winkte seinen Leuten, Karen nicht durch zu lassen.
»Was bilden sie sich ein, Captain!« Sie kehrte um, als sie merkte, dass es keinen Sinn machte, mit den Soldaten zu diskutieren und nahm sich Johns als Ziel vor. Er antwortete nicht.
»Beruhigen Sie sich bitte, Doktor!« Der Mann, der das Wort ergriffen hatte, war einer aus der Besuchergruppe. Er hatte mit einer eleganten Handbewegung seine Sonnenbrille abgenommen und in einer Innentasche seiner Anzugjacke verstaut. Grüne, kalte Augen fixierten uns.
»Erlauben Sie, dass ich mich vorstelle.« Die Bestimmtheit seiner Stimme und die im Gegensatz zum Captain ungewohnte Höflichkeit ließen Karens Zorn verrauchen. Seine braunen, korrekt geschnittenen Haare berührten nicht den strahlendweißen Hemdkragen, der einen Zentimeter über den Rand des Jacketts hinausreichte.
Feine, silberfarbene Manschettenknöpfe blitzten. Sein Händedruck war fest und entschlossen, wobei er mich einen Moment länger als Professor Warren und Karen anblickte.
»Mein Name ist Miles Shoemaker«, stellte er sich vor. »Ich bin Direktor des CIA. Die zuständigen Stellen der Regierung von Guatemala haben uns nach ihren letzten Funden um Unterstützung bei den weiteren Untersuchungen gebeten.«
Bei mir klingelte es. Mein Vater hatte den Namen vor Jahren im Zusammenhang mit einer weitreichenden Umstrukturierung des amerikanischen Geheimdienstes erwähnt. Die Umstrukturierung war so weitreichend, dass auch der damalige US-Präsident und eine Handvoll Senatoren in hohen Funktionen im Repräsentantenhaus ihre Ämter abgeben mussten. Es waren Unterlagen bei der Presse aufgetaucht, die ihr Wissen und ihre Duldung bei sehr zweifelhaften, verdeckten Operationen im Nahen Osten dokumentierten, deren Durchführung neben toten US-Soldaten auch eine unverhältnismäßig hohe Anzahl an zivilen Opfern gekostet hatte. Die Proteste der amerikanischen Öffentlichkeit waren unmissverständlich gewesen und hatten die Auflösung des CIA gefordert.
Shoemaker war damals in der Rolle des rücksichtslosen Aufklärers erschienen, der im Dienst der Ehrenrettung der Agency alles tat, um die wahren Verantwortlichen zu finden und zu benennen, auch wenn es einen amtierenden Präsidenten und ein paar Senatoren die Ämter kostete.
Er hatte die Aktion bis zum Ende durchgeführt und sie politisch überlebt. Shoemaker musste sich mittlerweile auf oberster Ebene des CIA befinden.
»Doktor Whitewood, Professor, Doktor MacAllon.« Er sah uns der Reihe nach an. »Ich möchte sie nicht lange aufhalten, denn mich interessiert es genauso wie Sie, zu erfahren, was sich in diesem unterirdischen Komplex befindet.« Er brachte ein entschuldigendes Lächeln zustande, das kleine Fältchen in den Augenwinkeln hervorrief. Ich fragte mich, ob der gefeuerte Präsident auch diese Fältchen gesehen hatte, als Shoemaker ihm offenbarte, dass eine Vertuschung des durchgesickerten Materials nicht machbar gewesen sei.
Er drehte sich zur in die Tiefe der Anlage führenden Rampe um, lehnte sich zurück und verfolgte mit einem demonstrativen Blick die alles überspannende Dachkonstruktion bis zu ihrem Ende über der Stele.
»Ich möchte Sie alle beglückwünschen. Dies ist ein historischer Tag für die Archäologie, vergleichbar nur mit der Öffnung der Gräber im Tal der Könige oder dem Fund der Terracotta-Armee von Xian.« Karen sah ihn ungeduldig an.
»Selbst ohne die Öffnung dieses Zugangs zu diesem geheimnisvollen Komplex haben Sie bereits Geschichtswürdiges geleistet.«
Sein Blick hielt Karen fest,
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