Coruum Vol. 1
zurückzudrehen. Ein ohrenbetäubendes Knacken und das Geräusch von zersprengendem Felsgestein erfüllte die Luft. Karen hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu und sah mit weitaufgerissenen Augen dem Schauspiel zu, das sich uns bot.
Die Erde bebte. Ich hielt mich mit einer Hand am Geländer fest und umschlang mit den, anderen Arm Karen.
Raymond hatte zum Teil gute Arbeit geleistet. Die roten Fähnchen waren verschwunden. Die von ihnen vorher markierte Fläche neigte sich unter heftiger Staubentwicklung von zermalmendem Gestein langsam nach unten. Es entstand eine lange schräge Ebene, auf der zwei schwere Lastwagen bequem nebeneinander Platz gefunden hätten.
Sekunden später erklang erneutes Donnern, verbunden mit dem quälenden Geräusch von aufeinander kratzenden Metallen, die an der Grenze der Belastbarkeit stehen.
Sinistra schrie auf, sprang von der Treppe hinunter und setzte sich Richtung Betonrampe in Bewegung. Professor Warren umfasste das Aluminiumgeländer so fest, dass ihm die Handknöchel weiß hervortraten. Die Kameramänner klebten hinter ihren Objektivbildschirmen auf dem schwankenden Podest und versuchten irgendwie das Gleichgewicht zu halten.
Raymond hatte mit den Fähnchen nur den Anfang des Zugangs entdeckt. Jetzt, wo sich die Rampe immer weiter nach unten neigte, war trotz der dichten Kalkstaubwolken zu erkennen, dass der Eingang weitaus größer war, als die Fähnchen markiert hatten.
Auf beiden Seiten der Rampe brach der Felsen der freigelegten Ebene auf und wurde mit brutaler Gewalt zur Seite gedrückt. Fahlweiße, lamellenähnliche Wände wuchsen senkrecht aus dem Boden und vereinigten sich über der Mitte der entstandenen Rampe zu einem hohen, einem Blütenblatt nicht unähnlichem, geschwungenem Dach. Sein äußerstes Ende war zu einer filigranen gewölbten Spitze geformt, die sich stetig auf die Stele zu bewegte.
Unser Aluminiumgestell hatte aufgehört zu wackeln. Die Bodenerschütterungen ebbten ab. Ich hatte den Kopf in den Nacken gelegt und betrachtete sprachlos das hoch über mir aufragende Dach. Wir standen plötzlich in seinem Schatten.
Captain Johns und seine Besucher hatten sich am oberen Rand der Grube auf der Flucht vor den noch immer aufwallenden Staubwolken ein gutes Stück in Richtung ihres westlichen Endes auf die Betonrampe zu bewegt. Durch die Erschütterungen waren einige der Besucher gestürzt, die sich jetzt ungläubig aufrappelten.
»Wow!« Sinistra schrie nur das eine Wort von ihrem Standort auf der Mitte der Betonrampe. Ich sah nach vorn.
»Don, ich glaube, wir hätten etwas Zeit und sehr viel Arbeit sparen können, wenn du den Schlüssel sofort nach seiner Entdeckung eingelegt hättest!« Karen löste sich langsam aus meinem Arm. Sie lächelte mich an.
Professor Warren ließ das Geländer los und stieg andächtig die Stufen des Gerüstes hinunter. Karen folgte ihm, die Soldaten mit ihren Digicams schwärmten langsamen Schrittes vor uns aus, die wabernden Staubwolken im Fokus, die langsam die Umrisse der Struktur enthüllten. Die hohe Luftfeuchtigkeit half, die Staubteilchen zu binden.
Ich drehte mich zur Stele um. Der Schlüssel war mit seiner Fassung eine Handbreit in die Stele eingesunken. Ein kreisrundes, rot flimmerndes Feld überzog die so entstandene Einbuchtung. Darunter war eine ovale ebenfalls rot leuchtende Scheibe in der Stelenoberfläche erschienen. Ich trat überrascht an den verdeckten Schlüssel heran. Das rote Flimmern des Feldes sah für mich aus, wie das Feld in der Tür zum Hieroglyphenraum. Ich fasste mit der Hand hindurch, um den Schlüssel zu berühren – und zuckte zurück.
Hoppla – bevor meine Fingerspitzen das Feld berührt hatten, spürte ich einen intensiven Schmerz im ganzen rechten Arm. Es war ein Kribbeln geblieben, das jetzt langsam nachließ.
Ratlos sah ich auf die leuchtende Scheibe. Ich würde den Schlüssel wohl in der Stele lassen müssen, bis sie ihn von selbst freigab, oder mir etwas eingefallen war, ihn da wieder herauszubekommen.
Ich folgte den anderen zum Anfang der Rampe.
Die Überdachung der Rampe reichte von ihrer blütenblattähnlichen Spitze über der Stele bis tief hinunter zum eigentlichen Eingang des unterirdischen Komplexes. Ihre Konstruktion glich den ineinandergeschobenen Segmenten eines geschachtelten Grashalms und wirkte von hier unten äußerst filigran. Der höchste Punkt dieser Überdachung musste weit über den Grubenrand hinausragen.
Raymond und die Arbeiter hatten die Ausmaße des
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