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Coruum Vol. 3

Coruum Vol. 3

Titel: Coruum Vol. 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Baier
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einen Nebeneingang, der sie in unmittelbarer Nähe zum Thron der Urmutter entließ, einem schlichten, hölzernen Stuhl mit hoher Lehne und ausladenden Armstützen. Nur wenige Meter von diesem entfernt, befand sich ein identischer zweiter Sitz, leer wie immer – für den namenlosen Urvater.
    Beide Stühle standen ein wenig einander zugewandt, auf einem Podest in der wiederkehrenden Form der verschränkten Sicheln, im Schatten der mächtigen Statuen von Cestorine 1. und des sich leicht auf sein Schwert stützenden, namenlosen Urvaters.
    Mondlicht drang durch unzählige rosettenförmige Fenster, hoch oben in der Kuppelkonstruktion, in den Audienzsaal ein und erfüllte ihn mit einem bläulichen Flimmern, das durch eine gedämpfte indirekte Beleuchtung der Statuen und der mit großflächigen, kirchlichen Szenen bedeckten Wände ergänzt wurde.
    Ihr Blick strich über die verlassenen Throne. In wenigen Minuten würde die zwanzigste und letzte Stunde des Tages der zehnten Reinkarnation der Urmutter enden. Was würde der dann anbrechende, neue, Raoula bringen?
     
    *
     
    Ein Rascheln kostbaren Stoffes lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die dem Podest gegenüberliegende Seite des Saals. Zwei Schemen kamen gemessenen Schrittes auf sie zu, trennten sich vor den unteren Stufen.
    Raoula erkannte die große Silhouette des Königs von Dominion, der ohne Uniform, ohne Panzeranzug, nur in eine dunkle Toga gekleidet, ohne sie zu beachten, langsam die Stufen zum Thron des namenslosen Urvaters hinauf schritt und mit größter Selbstverständlichkeit und Ungeheuerlichkeit auf dem Holzstuhl Platz nahm. Er beugte sich leicht nach vorn, stützte die Ellenbogen auf die Knie, das markante Kinn auf die Handknöchel, das wahnsinnige Glitzern seiner künstlichen Augen – als sein Blick sie streifte – ließ sie frösteln.
    »Ach, Liebes, warum nur zerstörst du deine Gabe?«
    Ramone stand vor ihr, ihr schönes Gesicht von Trauer bewölkt, ein helles, im Mondlicht violett schimmerndes Gewand tragend, ihr Haar aufwendig geflochten, mit Blutperlen versetzt, die wie kleine Sonnen funkelten.
    »Ich kann dich nicht mehr erreichen, warum tust du mir das an?« Ihr Blick bohrte sich in den der Benedictine.
    Komm!
    Die Urmutter nahm Raoulas Hand und führte sie zu den unteren Stufen des Podests, wo sie sich mit dem Rücken zu Metcalfe setzte und die Benedictine mit einem Nicken aufforderte, es ihr gleichzutun.
    Raoula registrierte befriedigt die spürbar schwächere Intensität der Gedankenimpulse Ramones. Selbstverständlich bemerkte die Urmutter ihrerseits die erschwerte Wahrnehmung des Geists der Benedictine.
    »Ich will dir einiges offenbaren, Liebes – in der Hoffnung, dass du mein Handeln besser verstehst und mir hilfst, die Kirche – unsere Kirche – weiter zu festigen.«
    Ramone ergriff ihre Linke mit beiden Händen, löste einen Schwall von Gefühlen aus. Die bewusste Berührung mit der künstlichen Haut der Urmutter war warm und angenehm – Raoula hatte nicht gewusst, was sie erwarten sollte – doch ihre Abneigung gegen den Gynoiden begann leichte Risse zu bekommen. Ramone war so gar nicht von ihrer menschlichen Vorgängerin zu unterscheiden.
    »Ich muss dir die Geschichte der Nebelwelten nicht erklären, Liebes, du kennst sie so gut wie ich«, begann die Urmutter, »ich muss dir meinen Anteil daran näherbringen.«
    Die Fingerspitzen ihrer rechten Hand berührten Raoulas Kinn, vorsichtig, behutsam – hoben ihren Kopf, bis ihre Blicke sich trafen. Ramones Pupillen in der Form der verschränkten Sicheln in ihrem sonst blassen Gesicht glühten rot auf.
    »Ich bin sehr alt, Liebes. Das weißt du. Du warst auf Infinitum und hast die Informationen des Abtes bekommen.«
    Die Urmutter erwartete keine Bestätigung, sie stellte fest.
    »Die Kirche war vor mehr als eintausend Jahren in einem bedauernswerten Zustand. Wir waren die schwächste Fraktion im Roten Nebel, ich musste etwas tun, wollten wir nicht zwischen den Königreichen und dem Zentrum zermahlen werden. Wie du heute, fühlte ich mich als Residore in der Funktion der Benedictine unwohl, ich benötigte mehr Handlungsspielraum – ich war davon überzeugt, dass Aonia das Verderben der Kirche herbeiführen würde – sie war zu schwach – sie reagierte nur! Die Königreiche und das Zentrum dominierten uns nach Belieben – ich sah eine Gelegenheit – ich musste handeln.«
    Ihr Blick hing prüfend an Raoulas Augen.
    »Du hast mein Zepter in der Krypta von Mesaphode gefunden. Weißt du,

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