Coruum Vol. 3
ständig unter seiner Verantwortlichkeit unterwegs. Sie wohnten im Luxushotel der Gilde, innerhalb des Trading-Centers. Sie selbst hatte eine kleine Zimmerflucht zugewiesen bekommen, die jeder Präsidentensuite in einem beliebigen Hotel auf der Erde zu Ehre gereicht hätte. Diesen Morgen waren sie gemeinsam zur Konnega hinübergeflogen. Syncc Marwiin hatte sich in das Universitätsgebäude verabschiedet und ihr empfohlen, sich den Campus anzusehen. Sie hatte sich beeilt, aus der sengenden Wärme der Vormittagssonne herauszukommen und sich in den kühlen Schatten eines großen Sandsteintorbogens geflüchtet, der den Eingang zum Universitätsgelände aus Richtung der Anleger und Landeplattformen öffnete.
Nur kurz ärgerte Sinistra sich über sich selbst, da sie es erneut versäumt hatte, sich von Syncc Marwiin erklären zu lassen, wie ihr Visier als Kamera zu benutzen war. Also zog sie einen Notizblock aus ihrer Umhängetasche und begann – ganz im Stile der irdischen Archäologin – perspektivische Skizzen der wunderschönen Kuppelbauten zu machen, die durch schattige Säulengalerien miteinander verbunden waren. Ströme von anderen Besuchern bahnten sich gleichfalls einen Weg durch die historische Anlage, Menschen, die ihr nur zum Teil durch ihre blau- oder bronzestichige Hautfarbe auffielen, die sich sonst nur durch ihre unterschiedlichen Sprachen, Haartrachten oder Bekleidungsaccessoires von einer beliebigen Touristenmenge in Tikal unterschieden.
Langsamer als die anderen Besucher, schlenderte sie durch die schattigen Laubengänge, hielt an mehreren Punkten inne, um besonders auffällige Gebäudeszenen auf ihrem Block festzuhalten, bis sie zu einem großen Platz kam, dessen gegenüberliegende Seite von einer einzigen, beeindruckenden Fassade begrenzt wurde. Syncc Marwiin hatte ihr erklärt, dass dies das Hauptgebäude der Universität in Cap del Nora war und sie es sich unbedingt ansehen solle. Entschlossenen Schrittes überquerte sie den von Brunnen und künstlichen Wasserflächen geprägten Platz und erreichte den Schatten des weit überhängenden Daches, das von vier parallelen Reihen mächtiger Säulen getragen wurde, welche über die gesamte Breite des Portals verliefen.
Sie trat zwischen die zweite und dritte Kolonnade und ließ die fantastische Perspektive der weit im Hintergrund zusammenlaufenden, wenigstens dreißig Meter hohen Pfeiler auf sich wirken. Deren Dimension wurde durch die vielen Besucher noch betont, die in ihrer farbenfrohen Kleidung wie ein fein gemusterter, fließender Teppich zu Füßen der mächtigen Säulen wirkten. Ein aufkommendes Brennen in ihrem Rachen ermahnte sie. Unruhig suchend griff die junge Frau in ihre Tasche, ertastete die Flasche mit der klaren Flüssigkeit des Meridonwassers, nahm konzentriert drei Schlucke und entspannte sich erst, als nur Sekunden später das Brennen nachließ. Kritisch bemerkte sie, dass die Flasche nur noch gut zur Hälfte gefüllt war. Es wurde Zeit, ein Restaurant zu suchen, in dem sie sich einen neuen Vorrat kaufen konnte.
Langsam schlenderte sie die breiten Sandsteinstufen des Hauptgebäudes hinauf, setzte sich in der Mitte der Treppe auf eine Stufe und begann die unterschiedlichen Säulen und sichtbaren Ausschnitte des Platzes mit seinen Wasserspielen in wenigen, präzisen Strichen zu zeichnen.
Eine Gruppe von jüngeren Händlern, die in ihren bunten Tonkas mit den sorgfältig modellierten Bärten und eingeflochtenen Perlenriemchen leicht zu erkennen waren, näherte sich dem Fuß der Treppe. Sinistra fiel ein blonder Mann in dieser Gruppe auf, der sie beobachtete und anlächelte, als ihre Blicke sich trafen. Erschreckt blickte die junge Frau in eine andere Richtung, verwundert über ihre eigene Reaktion. Als sie nach einem Moment langsam wieder aufsah, stand der Händler bereits auf der Stufe unter ihr.
»Verzeiht, wenn ich Euch anspreche, Dawn, ich bemerkte Euer Unwohlsein vorhin. Darf ich fragen, ob es Euch wieder gut geht oder Ihr Hilfe benötigt?«
Seine Stimme klang angenehm und doch fremd. Sein Teint war leicht bronzefarben, wie es ihr hier wiederholt aufgefallen war. Da sie ihn verstehen konnte, musste er Proc sprechen, auch wenn sie eine Art Dialekt herauszuhören meinte. Unsicher schüttelte sie den Kopf. »Danke, es geht mir gut. Es war nur die Wärme.«
Er sah auf den Blutring ihrer linken Hand.
»Ihr kommt aus den Königreichen, entschuldigt meine fehlende Aufmerksamkeit, Siira«, korrigierte er die Anrede und verbeugte sich,
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