Coruum Vol. 3
kräftigen Blau. Für mehrere Sekunden wurden die Feldlinien im Zentrum der Fassung gebündelt – bis sie unerwartet an die diffus wirkende Spitze des Zepters sprangen und erloschen. Lautlos erhob sich das Objekt aus seinem Behältnis, schwebte auf Syncc Marwiin zu, der es mit seiner linken Hand fest neben der Fassung ergriff.
»Die Information zum Bau der Waffen kann nur von den Sole-Sourcern gekommen sein. Gebaut wurden sie dann von – den Königreichen. « Syncc Marwiin verzog das Gesicht schmerzhaft. »Es ist im Moment nicht zu leugnen, dass unter der von Harkcrow erzwungenen Einheit der Sieben alles andere als Einigkeit herrscht. Das war nahezu immer so. Zu seiner Zeit gab es die gleichen Eifersüchteleien mit Dominion, dem wirtschaftlich bedeutendsten der Königreiche. Nur das starke Charisma der Restront-Monarchen gab in der Vergangenheit stets den Ausschlag, dass sie es waren, die herrschten. Aber es war nur eine hauchdünne Schicht der Einigkeit, die sie erzeugen konnten. Das wussten die Urmütter seit jeher und Mesaphode war nicht die erste, die es konsequent nutzte.«
»Warum hat Dominion dann nicht die Gunst der Stunde genutzt, als Harkcrow verschwand und die Königreiche führungslos zurückließ?«
Syncc Marwiin erwiderte lange Zeit nichts. Er drehte das Zepter in seiner Hand und stellte es mit dem unteren Ende vorsichtig auf die dunkeln Bohlen des Holzfußbodens. »Oldo Merceer, der Adjutant Harkcrows, hat es zu verhindern gewusst. Es lag nicht in seinem Interesse, die Vorbereitungen zur Rückkehr der Sole-Sourcer und der Ausbildung der Coruumer durch einen intensiven Krieg unter den Königreichen zu gefährden. Der erste Angriff auf Enchrome galt daher im Wesentlichen ihm. Er war durch seine ablehnende Haltung gegenüber einem Machtwechsel innerhalb der Sieben auch zum Gegner von Mesaphode geworden, die eng mit Dominion sympathisierte und auch auf dessen Technologie angewiesen war – wie der Zufall es wollte – kam der Anschlag auch mir damals sehr gelegen – wenn auch aus einem völlig anderen Grund.«
Die Erste Händlerin nickte zustimmend. »Wie Ihr mir bei unserem ersten Treffen sagtet, Syncc, versuchten die Sole-Sourcer Eurer Ansicht nach den gesamten Nebel zu manipulieren, um ihre Rückkehr vorzubereiten. Warum halfen sie dann der Kirche?«
»Sie wählten die aus ihrer Perspektive schwächste der drei verfügbaren Parteien aus, um sie zu kontrollieren. Das waren zweifelsohne die Nebelwelten. Dafür, dass sie ihnen mit fortschrittlicher Technologie erlaubten, einen Sieg gegen die führende Macht im Nebel zu erringen, glaubten sie sich einen verlässlichen Partner zu schaffen. Das ging nicht auf – sie unterschätzten die Eigeninitiative der Urmutter und ihren maßlosen Ehrgeiz. Nach dem – damals so erscheinenden – Tod von Oldo Merceer und dem zweiten Angriff auf Enchrome, der die Dimensionsschiffe der Coruumer unbrauchbar machte, wurden die Sole-Sourcer mit den dramatischen Folgen ihrer Fehleinschätzung konfrontiert und brachen den Kontakt sowie jegliche Unterstützung der Nebelwelten ab.«
Die kunstvollen Ornamente auf den schlanken Oberarmen der Ersten Händlerin leuchteten in einem warmen Blauviolett. Sie deutete auf das Syncc Marwiin überragende Zepter.
»Wie kann uns das weiterhelfen, Syncc?«
»Es kann nur dem Troyian der Königreiche helfen, Händlerin«, antwortete er kurz. »Jedem anderen würde es das Leben nehmen.«
»Ich habe es wenigstens einmal aktiviert, Siir«, warf Kamir ein und erinnerte sich schmerzhaft an seinen Selbstversuch vor einigen Jahren als Ausdruck seiner Frustration am Ende von langwierigen aber erfolglosen Untersuchungen des Zepters.
Syncc Marwiin schüttelte langsam den Kopf. »Ihr habt es in der Hand gehabt, Händler«, sein Blick suchte die Augen Kamirs, »aber Ihr konntet es glücklicherweise nicht aktivieren.« An Karbedi mas Boroudy gerichtet, sagte er: »Ihr solltet Eure Garde warnen, ich muss etwas herausfinden und werde das Zepter dazu kurz einschalten – ihre Sensoren werden ihnen falsche Daten liefern.«
»Sie hören und sehen alles in diesem Raum, Syncc«, antwortete sie.
Marwiin trat ein paar Schritte vom Tisch weg, bis er mehrere Meter freien Raum um sich herum hatte, griff mit seiner rechten Hand in den schwarzen, dreifingrigen Handschuh des Zepters und schloss die Augen. Dann verschwand er völlig geräuschlos innerhalb eines Lidschlags.
» Wo ist …?«, hing die Frage von Kamir unbeendet in der Luft.
Die Erste Händlerin,
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