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Coruum Vol. 3

Coruum Vol. 3

Titel: Coruum Vol. 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael R. Baier
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Seite und sah zu ihrem Primus hinauf, der einige Meter neben ihr stand und seinerseits die Operation verfolgte.
    Kann ich ihm trauen?
    Langsam drehte sich der Ritter zu seiner Oberen. Die Sensorenphalanx seines Visiers funkelte im Licht des Reinkarnationssystems. »Es gibt nur einen sicheren Weg, das herauszufinden, Mutter.«
    »Falls meine Vermutung zutrifft, Erster, habe ich Vertigo möglicherweise größtes Unrecht angetan.«
    Der Ritter nickte zustimmend. »Wir haben den Cortex-Scanner bei ihm gefunden, Mutter, das muss nicht bedeuten, dass er einer Implantation zugestimmt hat oder überhaupt davon wusste.«
    Raoula dachte angespannt nach und verfolgte nebenbei das Öffnen der Wirbelsäule des alten Abtes und das Entnehmen des blutverschmierten fahlen Rückenmarks zusammen mit den grauen Windungen des Gehirns.
    »Er hat in seinem Leben jeden betrogen, mit dem er zusammentraf, Erster. Er hat mich auf die Spur der Urmutter geführt, um sich ein neues Leben zu erkaufen, ich frage mich, was er tun wird, nachdem er es erhalten hat.« Raoulas Blick suchte die Augen ihres Primus hinter dem elektronischen Visier.
    »Was ist, wenn Ramone es ihm aufgetragen hat?«
    Der rotgewandete Ritter schwieg.
    Das Reinkarnationssystem begann mit der Implantation von Rastolons Gehirn und Rückenmark in den Körper des Novizen. Raoula ging entschlossenen Schrittes an ihrem Primus vorbei, an der transparenten, leicht gekrümmten Wand der Apsis entlang, bis sie einen markierten Abschnitt erreichte.
    Öffnen!
    Ein Ohrenbetäubender Warnton ließ sie eine Sekunde lang wanken, als der markierte Wandabschnitt sich in den Boden senkte und die sterile Atmosphäre des Reinkarnationsraums durch die Umgebungsluft verseucht wurde. Mit wenigen Schritten war sie neben dem geöffneten Körper des Novizen und starrte auf Rastolons Gehirn und Rückenmark, beachtete den konzentrierten Blick ihres Primus durch das inzwischen hochgefahrene Visier nicht, der sich keinen Millimeter von der Stelle bewegt hatte. Raoula griff in das Kraftfeld. Ihre rechte Hand umfasste das Gehirn von Rastolon, riss es aus dem geöffneten Schädel.
    »Bist du ein Verräter, Rastolon? Sag es mir! «, schrie sie das Gewebe an.
    Der Warnton verstummte. Das Holodisplay des Reinkarnationssystems war voll von Warnmeldungen. Wie eine Handpuppe hielt die Benedictine das Gehirn mit dem daran hängenden Rückenmark des toten Abtes vor sich.
    Sag – es – mir! , jagte sie drei Gedankenimpulse in das Gehirn und erzwang die Öffnung des sterbenden Geistes.
    Stille. Verstörende Bilder strömten auf sie ein, mit stark nachlassender Intensität erhielt sie Fragmente der Informationen, nach denen sie gesucht hatte. Dann war auch dieses Gewebe des Abtes verblichen.
    Sie hob langsam ihr Zepter. »Sehe!«, sprach sie zynisch das Vergebungswort der Kirchenoberen, bohrte Zeigefinger und Daumen ihrer rechten Hand zwischen die Frontallappen und tastete umher, bis sie einen winzigen Chip erfühlte.
    Niedergeschlagen löste sie den Cortex-Scanner mit der Klinge ihres Zepters und zog ihn heraus, zeigte den blutverschmierten Gegenstand ihrem Primus auf der anderen Seite der transparenten Wand. Dann warf sie Rastolons Gehirn mit Abscheu im hübschen Gesicht zurück auf seinen alten Körper.
    »Du hättest es nicht verdient, Sohn!«

 
6 Zentrum
Roter Nebel, Zentrum, Ankatarh, Cap del Nora, Hauptstadt der Gilde
30397/1/35 SGC
12. November 2014
     
     
Kamir
     
    Ihm fröstelte im kühlen Seewind. Es war einer der wenigen Tage im Jahr in Cap del Nora, an denen die morgendliche Temperatur unterhalb von fünfzehn Grad lag. Momente wie dieser erinnerten ihn unliebsam daran, dass er mit seinen siebenundsiebzig sicher nicht mehr zu den jüngeren Händlern gehörte. Die Morgendämmerung hatte mit dunklen Violett-Tönen unter einem sternenklaren Himmel eingesetzt. In einer halben Stunde würde die Sonne hinter der Steilküste auf der anderen Seite der Bay über dem Meer aufgehen und erst weitere fünfzehn Minuten später ihre wärmenden Strahlen in die Gärten seiner Vinta auf dem zwei Kilometer hohen Felsplateau senden. Die See weit unter ihm in der Dunkelheit erschien ruhig von hier oben. Auch mit äußerster Konzentration vernahm er keinen Laut der gegen den Festlandsockel donnernden Wellen.
    Vorgestern erst war er an Bord seiner Privatyacht aus dem Z-Zemothy-System zurückgekommen, zwei Tage, die er eigentlich zum Ausruhen hatte nutzen wollen. Nun – von den vergangenen vierzig Stunden hatte er vielleicht

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