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Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)

Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition)

Titel: Corvidæ / Haus der Jugend [Twindie: Zwei Romane – ein Preis] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Keil , Florian Tietgen
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Feldweg mit den tiefsten Pfützen gelaufen, hatten den Matsch aufspritzen lassen und über den Pfützen die Beine so hoch angehoben, die Sohlen so schnell und so gerade eingesenkt, dass unsere Gesichter ganz dreckig geworden waren.
          Zurück im Heim, wurden wir bestraft – jedes Mal. So schmutzig, wie wir uns gemacht hatten, war unsere Verfehlung nie zu verbergen gewesen. Wir mussten Küchendienst übernehmen, die Toiletten sauber machen oder die Schuhe aller Kinder wienern, bis sie dem Pfarrer glänzend genug erschienen. Einmal im Sommer, als wir sieben Jahre alt waren, der Regen war wunderbar heftig und warm, zogen wir die Kleidung aus, die Gummistiefel an und liefen zum Feld. Wir stapften nicht in die Pfützen, sondern sprangen hinein und suhlten uns darin. Wir dachten uns nichts dabei. Schließlich hatten wir uns ausgezogen, um unsere Kleidung nicht zu ruinieren. Damit hatte man die früheren Strafen begründet. Jetzt waren wir brav. Der Matsch spritzte unter den Gummistiefeln und Ärschen auf, bedeckte unsere Körper und der Regen wusch ihn wieder ab. Wie bei einer Wasserschlacht schaufelten wir den Dreck der Pfützen in unsere Hände und bewarfen uns damit. Wie bei einer Schneeballschlacht seiften wir uns damit ein und begannen mitten im strömenden Regen in der Pfütze eine wüste Rangelei. Der Matsch bedeckte Heinrichs Sommersprossen, überzog dessen blasse Haut mit einer dunklen Schicht, die durch den Regen wellenförmig am Körper hinunterlief. Es war schwer, Heinrich zu fassen zu bekommen, immer wieder rutschten meine Hände an der glatten Haut ab, aber irgendwann lag mein Freund mit dem Rücken im Dreck, ich saß auf seinem Bauch und presste mit den Knien seine Arme auf den Boden. Ich spürte seinen Penis, als Heinrich die Beine in die weiche Erde stemmte, den Rücken durchdrückte und sich aufbäumte, um mich abzuwerfen. Der Pfarrer und ein Erzieher kamen angelaufen, packten mich an den Armen und rissen mich von meinem Freund.
          Auf dem Rückweg erlaubten sie uns nicht, unsere Hände vor den Körper zu halten. Die anderen Kinder standen vor dem Eingang, zeigten mit den Fingern auf uns und riefen: »Seht euch diese Dreckschweine an!«, während der Pfarrer Heinrich und der Erzieher mich ins Haus und in die Duschräume schubsten. Wir mussten uns an die Wand stellen wie Deserteure vor dem Erschießungskommando. Der Erzieher holte einen großen Schlauch, dessen harten kalten Strahl er auf uns richtete. Ohne Gnade sprühte er jeden Millimeter von uns ab, wir bibberten und schrien, als er den Schlauch genau auf die Hoden hielt. Es war, als träte er ununterbrochen hinein. Sobald er vorne fertig war, mussten wir uns umdrehen. Das Wasser knallte an den Hinterkopf, prallte schmerzhaft auf die Wirbelsäule und auf die Pobacken.
          »Bückt euch!«, wurde uns befohlen und völlig verängstigt gehorchten wir. Der Erzieher kam näher, den Schlauch immer noch in der Hand, und forderte mich auf, Heinrichs Pobacken auseinanderzureißen. Kaum hatte ich das getan, führte er den Schlauch ein und Heinrich kreischte vor Schmerzen. Das Wasser lief am Schlauch vorbei aus dem Po zurück, braun gefärbt, auf den gefliesten Boden. Der Erzieher zog den Schlauch wieder heraus, spritze den Dreck kurz in Richtung Siel und befahl Heinrich: »Jetzt du!«
          Ich wartete. Vor Angst konnte ich Heinrichs Hände nicht spüren. Erst, als das Wasser wie ein Eisenstab in mich eindrang, fühlte ich Schmerzen. Auch ich schrie. Wie eisiger Durchfall rumorte das Wasser in meinem Darm, wie eine Kolik wütete es in meinen Eingeweiden und lief die Beine hinunter.
          »So geht es einem, der sich schmutzig macht!«, brüllte der Erzieher über den lauten Wasserstrahl und meine Schmerzensschreie hinweg. »Denkt daran, ihr seid deutsche und anständige Jungen. Was ihr getan habt, ist eines Juden würdig, nicht aber eines Ariers.«
          
          ›Du bist doch kein Kind mehr‹, zirpten die Heuschrecken. ›kannst du nicht ordentlich gehen?‹
          Ich war kein Kind mehr, doch die Grillen waren real, machten mich wütend. Was ich auch tat, sie hatten etwas auszusetzen, wollten mich fertigmachen. Wozu sollte ich vorsichtig sein? Ein Kind würde mit ihnen spielen, die Beine hochnehmen und den Tieren zuschauen,die bei jedem Schritt auswichen, hochsprangen, forthüpften. Ein Kind hätte vielleicht sogar Freude daran, sie mit jedem Schritt zu zermalmen, sie unter seinen Sohlen knirschen zu

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