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Corvidæ

Corvidæ

Titel: Corvidæ Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Keil
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Ticken durch den Raum. Wenn ich Rokan und Jacques nicht finden würde, dann säße ich auf einem Schiff fest. Ein Schiff, das in alle Ewigkeit auf rote r Suppe schipperte.
    „Danke“, sagte ich. „Danke für Ihre Hilfe, Rot.“
    Der Uhrmacher winkte ab und ich verließ die Werkstatt. Schrulliger Schrank. Als o gut, dann weiter den Gang entlang. Nachdem ich an Tür en mit den Aufschriften eXOTISCHE eXTASE, bACHBLUETEN, pAFFENDE pFAFFEN und etlichen anderen merkwürdigen Bezeichnungen vorbeigekommen war, setzte irgendwo ein schräges Getöse ein und ich blieb erschrocken vor einer Tür stehen, die mit sADONISCHE sACHEN beschriftet war. Dahinter hörte ich ein metallisches Kreischen, gefolgt von einem markerschütternden Schrei. Kurze S tille, dann Applaus und Pfiffe.
    Ich hastete weiter. Gänsehaut überzog meine Arme und meine Nackenhärchen stellten sich auf. Ich mochte mir gar nicht vorstellen, was hinter all diesen Türen vorging .
    Vor kRANKE kREATUREN machte ich Halt und schöpfte Atem. Aus dem Raum drang Stöhnen und Fiepsen, Röcheln und trockenes Husten. Tränen schnürten meinen Hals zu und ich ließ mich auf den Boden gleiten, schlang die Arme um meine Beine und legte den Kopf auf die Knie.
    Es kam mir vor, als liefe ich schon tagelang diesen Gang entlang und ich hatte die Hoffnung verloren irgendwo anzukommen. Irgendwann würde ich einen weiteren Raum betreten müssen. Oder hier sitzen bleiben, bis mich jemand fand.
    Ich sah auf, als ich schwere Schritte hörte. Ein kleiner Mann mit kniehohen Stiefeln kam auf mich zu. Er tippte sich an den Zielinder, als er mich sah, stützte sich an der Wand ab, rülpste und zog umständlich seine Kniehose hoch, aus der ein grellgrünes Hemd gerutscht war. An Kragen seiner Weste steckte ein weiß-orange gestreifter Button.
    „Entschuldigen Sie“, sagte ich. „Ich bin auf der Suche nach dem schrulligen Schrank.“
    „Dasch isch aber schade“, sagte er, kramte in den Taschen seines Gehrocks und reichte mir eine Rolle grüner Jetons. „Leider müschen Sie auf meine Gegenwart verschischten. Aber vielleischt schieht man sisch an einem anderen Tag. Habe die Ehre.“ Er schlug die Hacken zusammen, rülpste noch einmal und schwankte in Richtung der Eingangshalle.
    Ich steckte die Rolle mit den Chips in meine Tasche. Weit konnte es nicht mehr sein, also lief ich weiter. Endlich gelangte ich a n eine Kreuzung. A us dem Gang, der nach rechts abging , hörte ich Musik . Er endete nach wenigen Metern. Eine Sackgasse und keine einzige Tür. Ich ging vor der kleinen Kommode in die Hocke, die am Ende des Ganges in der Ecke stand. Keine Beschriftung, aber die Musik kam eindeutig aus dem Holzschränkchen. Ich öffnete die Türen und die Musik wurde lauter . Eine schmale Treppe führte nach unten. Also das musste der schrullige Schrank sein. Ich zwängte mich durch die Öffnung und stieg rückwärts die ausgetretenen Stufen hinab.

Kapitel 23

    „ S ie wächst so schnell.“ Etienne stopfte seine Pfeife, ließ Irina, die durch das kniehohe Gras kroch, dabei nicht aus den Augen. „Und sie wird stärker. Was sollen wir tun, Marie?“
    Die Alte stützte sich schwer auf ihren Stock. „Sie ist deine Tochter. Dein Kind.“
    „Nein. Nein, sie ist mir so fern und fremd wie die Sterne des Himmels. Und Elisabeth … Ich habe die Kontrolle verloren.“ Er entzündete die Pfeife und blies Rauchringe in die kühle Luft. „Sie wird uns nicht helfen.“
    „Der Morgen ist so klar und licht, kein Wölkchen trübt das Blau.“ Ächzend ließ sie sich auf der Bank neben Etienne nieder. „Wenn sie uns nicht helfen will, dann steht sie im Weg.“
    Er atmete schwer aus. Rauch umnebelte sein Gesicht. „Das kann ich nicht tun. Zuviel Schuld lastet auf meinen Schultern, mehr kann ich nicht tragen. “
    „Dann sind wir verloren.“
    Die Blicke des Mannes brannten kalt auf ihrer Haut. Sie spürte das Fieber steigen. Ein gutes Gefühl. Und die Hand ihrer Mutter auf der Stirn. Es ist alles gut.
    Nein. Er ist das Dunkel. So dunkel.
    Lizzie nahm sie fest in die Arme, wiegte sie, flüsterte. Und sie fühlten das Fieber sinken. Fühlten , wie ihre Herzen gleichmäßiger schlugen.
    Er würde ihnen nichts antun. Nicht solange sie zusammen waren. Und was auf der Welt sollte sie trennen können?

    D ie Stufen schwankten und knarzten. Der Abstieg war lang. Ich atmete erleichtert auf, als ich festen Boden unter den Füßen spürte. Der Raum war riesig, eine Halle, die das ganze Untergeschoss einschließen

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