Cosa Mia
vertraust
mir einfach nicht.“ Das sagte ich leise, aber enttäuscht und so war es auch. Er
schwieg eine ganze Weile, dann legte er seine rechte Hand auf mein Bein,
streichelte es ein wenig und seufzte. „Ich weiß. Wahrscheinlich bin ich es so
gewöhnt. Es fällt mir schwer, jemanden zu vertrauen, jemanden wirklich in meine
Nähe zu lassen, es ist riskant. Für uns beide. Es ist, um es ehrlich zu sagen
arschriskant und gefährlich. Und es ist egoistisch von mir, dich da
reinzuziehen. Ja, es war eine Weile her, seit ich mit jemanden so zusammen war,
wie ich es mit dir bin.“
„War es deine Frau?“ fragte ich vorsichtig.
„Meine Frau, vielleicht. Sie starb im Kindbett und meine
beiden Söhne starben bei einem Unfall oder wenn du es genau wissen willst, der
Wagen, in dem sie saßen, explodierte, wegen einer Bombe, die für mich gedacht
war. Santino war gerade zehn und Luciano sieben Jahre alt, und ich hatte einen
riesigen Fehler gemacht und nicht aufgepasst. Meine Tochter, die an der Hand
meiner Schwester ging, musste noch einmal auf Toilette, sonst säße sie auch im
Auto. Die Jungs waren schon
vorgelaufen. Es war ein Zeitzünder, jemand hatte ihn vorher
angebracht, jemand, den ich damals für loyal hielt. Er ist geflohen, doch wir
haben ihn erwischt und wir erfüllten mit Vergnügen unsere Pflichten. Ich habe
mich gerächt. Doch was war das schon, ich hätte die Jungs aufhalten und den
Wagen vorher untersuchen lassen müssen. Das war ein hoher Preis gewesen für das
Leben, was ich noch immer führe. Constanza hielt sowieso zu der Zeit sehr wenig
von dem, was ich tat, sie war stets die gute Seele gewesen und liebte die
Kinder, wie die ihrigen, aber nachdem dieses Unglück geschah, verstand sie mich
noch weniger. Sie distanzierte sich und unsere Beziehung wurde schlechter. Wir
stritten und diskutierten ständig. Sie ist in vielen wohltätigen Stiftungen
einbezogen und das ist einerseits gut für die ganze Familie, denn der Name Di
Castelli wird somit positiv eingeschätzt. Ich weiß, was du denkst, ja, sie war
mal verheiratet, aber ihr Mann war ein Säufer, sie hat sich scheiden lassen und
ihren ursprünglichen Namen wieder angenommen. Ihr Ruf wurde nie befleckt und
sie nimmt nie Geld von mir an. So ist sie, sie will es allein machen,
vielleicht ähneln wir uns da.
Meine Tochter ist ihr ein und alles, aber Camilla unterstützt
auch mich, was sie sicher stört. Dennoch würde mich Constanza nie verraten,
denn wir sind Geschwister vom selben Blut und sie liebt mich, hoffe ich
jedenfalls. Vielleicht ist es auch gut so, vielleicht hänge ich alles einmal
sogar an den Nagel.“ Er machte eine wegwischende, energische Handbewegung. Ich
verstand einiges, dennoch fiel es mir schwer, alles zu begreifen, auch weil ich
zu wenig wusste und wenig von dem wusste, was er tat. Aber dass er so eine
traurige Vergangenheit hatte, tat mir ehrlich leid.
„Nur“, fuhr er fort. „Ist es so gut wie unmöglich,
auszusteigen, wenn man einmal dabei ist. Das ist im Prinzip eine lebenslange
Angelegenheit. Ich möchte sagen, man verstrickt sich tiefer und tiefer, geht
Verpflichtungen ein, fordert sie von anderen, muss alles im Auge behalten und
sich kümmern. Und für was? Für die Familie, die man kaum noch hat, für Geld und
Macht. Damals habe ich nur an meine Familie gedacht und es schien alles so
einfach. Es war einfach, deshalb blieb ich dabei und bin noch heute bei dem,
was ich einst mit
Raffaele in Florenz begonnen hatte.“ Er machte eine Pause.
„Du meinst das Glückspiel, das Casino?“ Ich wollte ihn nun
nicht stoppen, ich war neugierig.
„Die Casinokette läuft nebenher im Kleinen und wirft auch was
ab, nein, das meine ich nicht, ich meine das Prinzip. Ich unterlaufe nun mal
das Gesetz, nutze es aus, nutze Beziehungen aus, besteche, treffe mich mit
schlechten Menschen. Es ist fast eine Welt unter der Welt, mit anderen Gesetzen
und anderen Spielregeln, es wird geheuchelt, das schon, aber jeder weiß, was er
tut und was er ist und versucht es nicht auf Teufel komm’ raus zu vertuschen,
nicht so wie die Leute, die die Politik oder das Gesetz repräsentieren. Bei uns
wird weit weniger gelogen, als in der Politik. Manchmal füllen wir auch einfach
nur die Lücken, die das Gesetz und die Rechtsprechung hinterlassen, die Schwächen,
die Ungerechtigkeiten, die sich daran anschließen, lösen wir auf unsere...
eigene Weise. Kurzum: Ich bin ein Verbrecher für das allgemeine Verständnis,
falls du es noch nicht weißt.“
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