Cosa Mia
Jetzt musste er lachen, aber es klang etwas
bitter und er zwinkerte mich ablenkend an.
Ich lächelte auch. Er war ehrlich und trotzdem ein so
anziehender Mann, wie wäre ich imstande, ihn zu verurteilen? Er war da, er
erfüllte seine Pflicht, eben auf seine Art, für mich war das kein Problem und
darüber nachdenken wollte ich zu jener Zeit auch nicht.
„Du musst mir einmal von eurer Zeit in Florenz erzählen, ja?
Ich war noch nie da. Und übrigens“ , ich konnte mir das Grinsen in seine
Richtung nicht verkneifen. „Mag ich Dich!“ Er lachte herzhaft und kniff mich
unsanft in den Oberschenkel.
„Dann ist ja gut, aber du weißt ja gar nicht, was du da
sagst, mein Junge! Ich sage das alles nicht nur so, sondern weil ich dir die
Tragweite des Ganzen klar machen will, denn du sollst nicht auf die Idee
kommen, mir auf irgendeine Art und Weise nachzueifern, verstanden? Es gibt
Seelen, die dürfen da nicht hineingeraten. Und du weißt noch nicht einmal einen
Bruchteil und das ist auch ganz gut so.“
Bestimmt wusste ich es nicht, doch es war mir zu dieser Zeit
egal und sicher fand’ ich es auch anziehend. Nun, er war ein Verbrecher wie aus
dem Fernsehen und trotzdem war er kein Unmensch.
Wie wollte man Mensch und Unmensch überhaupt definieren?
Kommt es darauf an, auf welcher Seite man sich befindet? Ich wusste, dass er
lieben konnte und dass er überlegt handelte, er hatte genauso seine Regeln. Ich
konnte mir nicht vorstellen, dass er keine Moral hatte, denn Ehrgefühl hatte er
viel und er stand zu seinem Wort. Trotzdem nannte er sich einen Verbrecher. Er
wusste es selbst, er bricht gegen das allgemeine Gesetz und nutzt seine
Chancen, wie andere auch. In diesem Sinne „brechen“ sicher noch viele mehr,
auch die, die man nicht Verbrecher nennen würde, und doch gab es Dinge, die ihn
skrupelloser machten, etwa, wenn er einen Mord befehlte oder selbst einen
ausführte. Aber, so dachte ich bei mir, er bringt sicher nicht wahllos oder
irgendwelche Bürger um, wie mancher Serienkiller oder Frauen- und Kindermörder,
das konnte ich mir nicht vorstellen. Vielleicht hatte das mit dieser „anderen“
Welt zu tun und diesem Kreis geschah es. Ich merkte, wie er auch nachdachte,
während er fuhr.
„Das Problem ist, dass es sich lohnt.“, sprach er dann noch
leise und wie an sich selbst gerichtet. Diesmal wollte ich nicht nachstochern.
Aber meine Gedanken kreisten wieder mal um ihn und dann um
mein Begehren. Ich träumte vor mich hin und malte mir schließlich erotische
Phantasien aus. Kurz vor San Benedetto kam die Sonne heraus und ich legte den
Kopf in den Nacken und sonnte mich ein wenig. Sabatino holte seine große Sonnenbrille
aus dem Handschuhfach und setzte sie auf. Wie fantastisch er wieder aussah, das
blütenweiße Hemd, die schwarzgrauen Haare, ordentlich zu einem kleinen Zopf
gebunden und dann noch diese schwarze, blickdichte Brille. Wie gerne hätte ich
mich an ihn gehängt und ihn mit meinen Küssen vom Fahren abgelenkt, wie gerne
seine kräftige Hand gespürt und wie sie sich auf meinem Oberschenkel bewegte.
Seine raue Wange und sein dunkles Kinn mit Küssen benetzt. Aber Maurizio fuhr
brav hinter uns und es wäre mir peinlich gewesen, überdies konnte ich nur
vermuten, was er von unserem Verhältnis wusste. So blieb mir nur übrig,
abzuwarten, zu warten, bis die Spiele wieder beginnen würden und mein Verlangen
zu unterdrücken und verebben zu lassen. Welche Qual, ich war doch so
liebeshungrig wie man in meinem Alter nur sein konnte. Es ist nicht einfach und
überkommt mich in den
ungünstigsten Augenblicken, zum Teufel, fluchte ich. Wie
sollte ich angesichts meiner wilden Phantasien überhaupt aus dem Auto
aussteigen, ich war Opfer von mir selbst, wie wunderbar. Ich konnte mich nur
zwingen, meine Sinne und Gedanken auf etwas anderes zu konzentrieren. Gott sei
dank funktionierte es ausnahmsweise sogar, so dass keiner etwas bemerkte, als
wir endlich auf den Hospitalsplatz auffuhren.
„Messino war es nicht, zumindest nicht allein, soviel ist
klar.“ Wir befanden uns im Zimmer von Raffaele, der schon wieder recht erholt
aussah und sicher bald raus kommen würde. Das Zimmer war sehr edel und
geschmackvoll eingerichtet, trotzdem es ein Krankenzimmer war. Schöne
pastellfarbene Gardinen hingen an den Scheiben und die Bilder, die an den
Wänden hingen waren nicht kitschig und bunt, sondern sie besaßen einen
unaufdringlichen Reiz, was mir beim ersten Besuch gar nicht aufgefallen war.
Sogar ein
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