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Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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ein paar Graphen und Zahlen. Um den Leuten den Mund wäßrig zu machen. Ob sie ihn an Physical Review Letters , schicken sollte, das Organ der gesamten Physik? Dann blieb er wahrscheinlich in irgendeiner Schublade liegen. Sie kannte einen Redakteur bei Physics Letters ; warum also nicht dort?
    Dann war da auch noch Max. Er war ihr nun schon so lange Stab und Stütze, daß es ihr fast vorkam, als sei er von Anfang an dabeigewesen. Ob er vielleicht den theoretischen Teil übernehmen könnte?
    Er konnte nicht, und er wollte auch nicht, daß sie in ihrem Aufsatz seinen Namen erwähnte. Als er ihre Überraschung bemerkte, ›setzte er ihr den Kopf zurecht‹, wie er sich ausdrückte: Zuerst kamen die Daten, die Theorie folgte erst lange danach.
    »Aber ohne Sie hätte ich doch gar nicht gewußt, was ich messen sollte«, hielt sie dagegen. »Die Gezeitenkräfte …«
    »Später können wir immer noch gemeinsam veröffentlichen. Im Moment sind Sie am Ball.«
    »Warum flüchten sich Männer eigentlich immer in Sportvergleiche?«
    »Warum regen Frauen sich immer gleich darüber auf?«
    »Die Nase irgendwo reinzustecken, ist einfach. Herauszufinden, in welche Richtung man sie drehen soll, ist sehr viel schwieriger.«
    Er grinste. »Mann, ich habe noch nie erlebt, daß zwei Wissenschaftler sich um die Nichtanerkennung streiten.«
    Sie lachte. »Na schön, Sportsfreund.«
    Es ging sehr viel leichter als erwartet. Sie setzte sich an ihren Laptop und schrieb einfach drauflos. Es gab ein paar Grundregeln: Kein Passiv, einfache Aussagesätze,lineare Argumentation. Die Laborbücher mußte sie nur ganz selten zu Rate ziehen; die Zahlen waren ihr ins Gedächtnis eingebrannt. So war sie sehr erstaunt, als in wenigen Stunden alles geschafft war.
     
    Alicia bat Jim, einen Angestellten des Fachbereichs, auf die Einladung zum Kolloquium nur ihren Namen und den Vermerk ›Thema wird noch bekanntgegeben‹ zu setzen. Auf diese Masche setzten normalerweise nur die Leuchten der Wissenschaft, alle anderen mußten befürchten, vor leeren Bänken zu stehen. Aber sie hatte ihre Gründe. Die Gerüchte, die über sie in Umlauf waren, würden den ganzen Fachbereich anlocken, während eine Einladung in dieser Form an anderen Universitäten nur wenig und, mit etwas Glück, bei der Presse keinerlei Interesse erregen würde.
    Zak hatte die neuesten Daten über den Cosm so gut aufbereitet, daß sie am Ende ihres detaillierten und mit vielen Folien illustrierten Vertrags den Abfall der Photonenemission im Hintergrund als glatte Kurve zeigen konnte. Die Kosmologen sprachen auch von Reststrahlung , aber Alicia konnte nicht vergessen, daß genau diese Strahlung erst vor sieben Wochen Brad getötet hatte. Sie hatte bei der Eröffnung verkündet, daß sie dieses Kolloquium ihm widmen wolle, und in ihrem Aufsatz waren Zak und Brad als Coautoren genannt. Am Ende bat sie um eine Schweigeminute für Brad und ließ die Abkühlungskurve des neuen Universums mit der roten Markierung seines Todeszeitpunkts auf dem Projektor liegen.
    Alles ging gut, auch wenn jemand aus der Führungsriege der Elementarteilchenphysiker mehrmals in scharfer Form die Frage aufwarf, ob es denn rechtens gewesen sei, die Kugel einfach aus Brookhaven mitzunehmen. Das machte sie mißtrauisch. Am Ende hatte Max doch recht gehabt, das Verschwinden ihrer Warnung an Brookhaven war jedenfalls reichlich mysteriös.
    Ob sich gar dieser ältere Herr an ihrer Festplatte zu schaffen gemacht hatte? Sie sah den verehrten Kollegen nachdenklich an. Wahrscheinlich würde sie es nie erfahren.
     
    Sie hatte erwartet, wegen der beiden Kugeln mit E-Mail-Anfragen überschüttet zu werden, dabei aber völlig vergessen, daß die Abschlußprüfung erst wenige Tage zurücklag und die Studenten zur Zeit ihre Noten erfuhren. Die lange Liste von Botschaften ihrer Physik 3-B-Studenten traf sie daher wie ein Blitz aus heiterem Himmel.
    »Sie müssen mir eine Chance geben«, verlangte einer. »Ich ›brauche dringend‹ ein B, um zum Medizinstudium zugelassen zu werden.« Ein anderer flehte: »Wenn ich bei Ihnen nicht mindestens ein C bekomme, verliere ich mein UCI-Stipendium!« Da der Kurs hauptsächlich von Biologiestudenten belegt wurde und die meisten davon in der Biologie nur ein Sprungbrett zum Medizinstudium sahen, bekam sie oft genug zu hören: »Mein Leben ist zu Ende, wenn Sie meine Note nicht um einen Grad anheben!« Einige hatten auch im Sekretariat angerufen und um Rückruf gebeten; auf den Zetteln stand

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