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Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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– meine Daten – auch noch monatelang zurückhalten«, sagte sie laut in die Dunkelheit hinein. »Hol’s der Teufel!«
    Sie gab sich ihrem Ärger für einen Moment hin, dann riß sie sich zusammen und beschwichtigte sich mit den üblichen Phrasen. Immerhin hatten sie alle die gleichen Interessen. Und wenn man im richtigen Moment die Ohren spitzte, verriet einem das Uran womöglich noch die schönsten Geheimnisse.
    Eins wußte sie mit tödlicher Sicherheit: Wenn sie die Kugel herausgab, würde sofort ein hemmungsloser Konkurrenzkampf ausbrechen. Das war eins der Dinge,die sie an ihrem Beruf schon jetzt haßte. Wenn man schon anstehen mußte, um an die eigenen Daten zu kommen! Und heutzutage, wo es nur noch wenige Großanlagen gab und Versuchstermine rar waren, konnte schon der kleinste Zacken in einem Graphen einen Ausbruch von rasendem Brotneid entfesseln. »Und dann geht das Gezerre um die Daten erst richtig los!« seufzte sie.
    Ach ja, die Daten. Brookhaven war erst in allerletzter Minute damit herausgerückt, daß sie sie nicht selbst würde auswerten können. Statt dessen würde man sich hier nach Herzenslust damit amüsieren und jede echte Überraschung gründlich verdauen, bevor man sie weitergab.
    Geschieht euch ganz recht, dachte sie gehässig, Auge um Auge, Zahn um Zahn. Sie sagte nicht ohne Grund: Na schön, dann nehme ich jetzt meinen Ball und gehe nach Hause.
    Ihr Gewissen protestierte sofort. Schließlich verstieß diese Entscheidung gegen ihre innersten Grundsätze.
    Aber was hatte ihr Vater immer gesagt? Sie sprach die Worte laut ins Dunkel des kleinen Gästezimmers hinein: »Wer nur Augen für sein Ziel hat, der sieht nicht, was hinter seinem Rücken passiert.«

 
    8 Schon in der ersten Stunde zeigte sich, daß im Vorbereitungsraum viel zu viel Betrieb herrschte.
    Alicia hatte den U-Magneten mit Hilfe von Zak und Brad Douglas auf einen Motorkarren gesetzt und in den Vorbereitungsraum hinausgefahren. Zuvor hatte Zak dem Diplomanden erklärt, sie hätten in der Ringröhre ›ein komisches Ding‹ gefunden, und das wolle Alicia sich nun genauer ansehen. Brad war ein gutaussehender Junge, ein biederes Kind der amerikanischen Mittelschicht, unauffällig, aber ehrgeizig, und von Brookhavens intellektueller Atmosphäre sogar noch mehr beeindruckt als Zak. Wenn er für eine Idee Feuer gefangen hatte, entwickelte er Anfälle von geradezu brennendem Arbeitseifer. Zaks fachliches Können respektierte er nicht ohne eine Spur von Neid.
    Alicia sah im Moment noch keine Notwendigkeit, Brad ins Vertrauen zu ziehen, und der forschungsgierige Zak würde sich hüten, die Kugel Außenstehenden gegenüber zu erwähnen. Das verschaffte ihr die nötige Atempause.
    Anschließend hatte sie die beiden angewiesen, sich bei der Wiederinbetriebnahme des Colliders nützlich zu machen. Man hatte den beschädigten Teil der Ringröhre ausgetauscht und die Luft abgepumpt, nun startete die BRAHMS-Gruppe den nächsten Uranversuch. Eigentlich müßte auch sie im Kontrollraum sein, um auf die neuen Daten zu warten; schließlich gehörte sie nach wie vor zum Team. Um 10 Uhr hatte man abermals begonnen, gebündelte Urankerne in den RHIC-Ring zu schießen. Die Physik ging weiter. Doch ihre Begeisterung war mit der Zerstörung des Core-Element erloschen.
    Ein Blick in die Runde; niemand achtete auf sie. Vorsichtig zog sie die Plane von den Magnetpolen und sah sich die Kugel aus einem halben Meter Entfernung an. Die Oberfläche spiegelte das harte Neonlicht wider, das den großen, gefliesten Raum erhellte, und Alicias eigenes Gesicht mit den prüfend zusammengekniffenen Augen. Keine Radioaktivität. Die scheinbar glatte Oberfläche hatte einen leicht bläulichen Schimmer.
    Alicia schnupperte. Ozon? Vielleicht von den Funkenstrecken im Versuch nebenan.
    Wie vorher stupste sie die Kugel mit einer Latte an. Das gleiche Ergebnis: eine harte Oberfläche, die nicht nachgab. Sie versetzte ihr einen harten Schlag. Kein Klirren, nur ein dumpfes Geräusch. War das Ding etwa massiv?
    Wieder ein rascher Blick in die Runde. Offenbar war immer noch niemand aufmerksam geworden. Wunderbar. Sie sah sich das Ende der Latte an. Eine kleine Delle, das war alles.
    Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt, ihre Finger zitterten. Was konnte sie hier sonst noch tun? Ringsum waren mehrere Teams eifrig damit beschäftigt, ihre Geräte zu testen.
    Die Physik hielt sich viel auf ihre Internationalität zugute, doch in Wirklichkeit zerfiel sie oft in mikroskopisch

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