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Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Teil hatten die Detektoren das Blickfeld der Überwachungskameras verstellt, aber es gab ein verschwommenes Bild von der Explosion der Röhre, und ganz hinten war Zaks Hemd zu erkennen. Alicia spürte, wie sich Unbehagen breitmachte; Physiker lebten für das Unerklärliche, Ingenieure wehrten sich dagegen.
    Düster schlichen die Minuten vorbei. Hugh Alcott leierte mit monotoner Stimme die Fakten herunter. »Man beachte die deutlichen Explosionsspuren in Segment 148. Die Innenverkleidung ist stellenweise blankgescheuert wie durch einen Photonenschaden. Dave?«
    Dave Rucker nickte und warf Alicia ein schiefes Lächeln zu. »Das Core-Element wurde wirklich übel zugerichtet, ich habe es selbst gesehen. So leid es mir tut, Alicia, ich muß Ihnen und Ihrem Team sagen, daß Fahrlässigkeit seitens des Labors in diesem Fall mit ziemlicher Sicherheit auszuschließen ist.«
    »Der Fokus war die wahrscheinlichste Bruchstelle, denn dort ist die Ringröhre am dünnsten. Ich nehme an, daß durch einen ungewöhnlichen Energiestau ein Riß in der Röhrenwand entstanden ist.«
    Auf diese Idee waren die Ingenieure sicher auch schon gekommen. Dünne Röhren leiteten überschüssige Energien gut ab, aber das hatte seinen Preis.
    »Wir hatten noch nie einen auch nur entfernt vergleichbaren Fall«, fuhr Dave fort. »Es ist ganz eindeutig, daß durch freigesetzte Energie Druck auf die Innenverkleidung ausgeübt wurde.«
    »Ich verstehe«, sagte sie.
    »Die Frage ist nur«, sagte Hugh und faltete die Hände, »ob es einen spezifischen Zusammenhang zwischen dem Geschehen und der Verwendung von Uran gibt.«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen.« Sie spreizte die Hände. »Sicher, bei jeder Kollision wird insgesamt mehr Energie frei, über 200 GeV pro Nukleon mal 238 und das mal zwei, weil wir ja zwei Nuklei haben. Aber das ist nicht sehr viel mehr als bei Gold.«
    »Es sei denn, Sie hätten eine kritische Grenze überschritten«, sagte Dave Rucker leise.
    Auf diesen Vorwurf war sie gefaßt. »Das ist Zak Nguyen, mein Postdoc. Wir beide haben die Spuren im Core-Element und in den umliegenden BRAHMS-Detektoren genau studiert. Und wir haben uns die Zählraten unmittelbar vor der Abschaltung angesehen. Zeigen Sie’s ihnen, Zak.«
    Zak stand auf und verteilte Kopien eines Energiegraphen. Er war schrecklich nervös und bemühte sich, das hinter einem Grinsen zu verbergen. Bei den Erläuterungen und der Beschreibung des Verfahrens sprach er noch leise und monoton, doch als er ins Detail ging, wurde seine Stimme kräftiger. »Demnach ist bei keinem der Detektoren ein unerwarteter Anstieg der Zählrate zu verzeichnen«, schloß er schließlich mit Entschiedenheit.
    »Hm.« Dave zeigte auf eine abfallende Kurve. »Sieht so aus, als seien schon die Ausgangswerte ziemlich niedrig gewesen.«
    »Wir hatten bereits über mehrere Stunden vor dem Zwischenfall ein langsames Abfallen der Zählrate beobachtet«, bestätigte Alicia. »Das System hat nicht die volle Leistung gebracht.«
    Hugh Alcott wurde aufmerksam. »Wollen Sie damit andeuten, das System hätte versagt?«
    Alicia zuckte die Achseln. »Ich bin kein Collider-Spezialist.«
    »Aber es lohnt sich, der Sache nachzugehen«, sagte Dave. »Ich werde Tom Ludlam empfehlen, eine Kurzüberprüfung vorzunehmen.«
    Alicia nickte. Ludlam war der Forschungsdirektor, ein sehr geachteter Mann.
    »Damit wir uns richtig verstehen.« Hugh beugte sich vor. »Beim Signal des Core-Elements ist Ihnen nichts weiter aufgefallen?«
    »Nein, gar nichts.« Es war nicht ihre Schuld, wenn er die falschen Fragen stellte.
    »Wenn es zu dieser Explosion im Fokus eines der großen Detektoren, etwa bei PHENIX oder bei STAR gekommen wäre«, sagte Dave leise, und es klang tief beunruhigt, »hätte das katastrophale Folgen gehabt. Die Trümmer hätten sämtliche Mikroschaltkreise durchsiebt und die Detektoren unbrauchbar gemacht.«
    »Beängstigend«, bestätigte Hugh und nickte. »Ich bin immer noch nicht überzeugt, daß es nicht irgend etwas mit dem Uran zu tun hat.«
    Darauf gab es nichts zu erwidern. Alicia beobachtete die Ausschußmitglieder und wartete ab. Schon als Doktorandin hatte sie gelernt, daß man besser schwieg, wenn man sich seiner Sache nicht verdammt sicher war.
    Dave sagte sachlich: »Ich denke, es ist besser, wenn wir vorerst auf weitere Uranexperimente verzichten, Alicia, jedenfalls so lange, bis wir festgestellt haben, was genau passiert ist.«
    Damit hatte sie gerechnet. Wenn sie ein paar Monate gesucht

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