Cosm
– alles schien sich gegen sie verschworen zu haben.
»Ich bin für dieses Projekt verantwortlich, und ich treffe die Entscheidungen«, sagte sie mit nicht ganz fester Stimme. Du mußt hart bleiben. Der Junge hat schließlich grade mal sein Diplom. Aber ihre Stimme wollte ihr nicht so recht gehorchen.
Zak kam ihr zu Hilfe. »Wir haben uns alles gut überlegt, aber wir wollten erst ganz genau wissen, ob wir nicht aus einer Mücke einen Elefanten machten.«
Das stimmt nicht ganz, dachte Alicia, aber meinetwegen – es gehörte dazu. Sie nickte.
Brad schüttelte den Kopf, und seine Züge verhärteten sich. So leicht war er nicht abzuspeisen.
Zak fuhr lässig fort, ohne sich beirren zu lassen: »Verdammt, wir haben es schließlich nur für eine Seifenblase aus Eisen gehalten.«
Auch das nicht unbedingt, aber sie konnte damit leben. »Richtig, das war unsere erste Arbeitshypothese. Ein interessanter Festkörpereffekt. Keine großartige Sache.«
»Warum haben Sie es dann nicht einfach entsorgt?« Brad sah sie herausfordernd an.
»Rausholen mußten wir es auf jeden Fall. Es ist ziemlich schwer und unhandlich. Mit dem Magneten konnte man es bewegen und zugleich isolieren.« Die Argumentation war nicht unbedingt zwingend, aber wenigstens schwankte ihre Stimme nicht mehr.
Brad blieb skeptisch. »Hm. Und … was ist es denn nun wirklich?«
Sie zuckte die Achseln. »Es hat offenbar jede Menge Eigenschaften, die wir nicht verstehen.«
»Jedenfalls ist es nicht aus Eisen«, sagt Zak. »Wir haben mit dem Gaslaser eine Spektralanalyse des reflektierten Lichts durchgeführt.«
»Und woraus ist es dann?« Das klang immer noch sehr kühl und sachlich.
»Das ist noch nicht geklärt. Keine Linien, die auf ein mir bekanntes Metall schließen lassen.« Zak nickte mehrmals mit dem Kopf, eine Geste der Bescheidenheit, dachte Alicia, die wohl verbergen sollte, wie sehr er von sich und seinen Fähigkeiten überzeugt war. Das kleine Nicken war eigentlich eine Verbeugung, und sie erkannte darin auch etwas von sich selbst wieder.
Brad zog einen Schmollmund. »Und wenn es nun gefährlich ist?«
Sie schenkte ihm ein schmales Lächeln. »Warum sollte es?«
»Es hat immerhin die Ringröhre gesprengt.«
»Vielleicht. Es könnte auch sein, daß die Kugel gar nicht die Ursache war, sondern nur eine Folgeerscheinung.«
»Wovon?« schoß Brad zurück.
Sie zuckte die Achseln. »Das wissen wir nicht. Aber gerade wenn man keine Ahnung hat, was eigentlich vorgeht, ist es wichtig, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen.«
»Und das Risiko …?«
Alicia flüchtete sich vor seinem durchdringenden Blick in eine alte Binsenweisheit. »Forschung heißt eben, nicht zu wissen, was man macht.«
»Wahrscheinlich ist es gar nichts Besonderes«, schaltete Zak sich wieder ein. »Man trifft immer wieder einmal auf Erscheinungen, die schwer zu erklären, aber deshalb noch lange nicht exotisch sind.«
»Gab es denn noch mehr von der Sorte?« fragte Brad. Alicia sah, daß er Zeit zu gewinnen suchte, weil er noch überlegte, wem er die Geschichte als erstem erzählen sollte.
»Nein«, sagte Zak.
»Habt ihr denn nachgesehen?«
»He, das Ding steckte genau im Fokus des Core-Element , im Schnittbereich der beiden Ströme.«
»Und?«
»Ockhams Skalpell«, sagte Alicia knapp. »Man wähle die am wenigsten unwahrscheinliche Hypothese. Im Fokus deshalb, weil dort genügend Energie für den Entstehungsprozeß vorhanden war. Wir hatten schon seit über einer Stunde einen Abfall der Zählrate beobachtet, dann wurde der Versuch endgültig abgebrochen, und wir sind reingegangen. Wahrscheinlich wurde der Teilchenstrom durch die Entstehung der Kugel blockiert. Dazu genügt eine einzige Kugel. Außerdem hat man das BRAHMS auf Herz und Nieren geprüft, und dabei hätte man eine zweite Kugel bestimmt entdeckt, selbst wenn sie uns entgangen wäre.«
Brad schnitt eine Grimasse, als müsse er eine bittere Medizin schlucken. »Ich finde immer noch, daß Sie es den anderen hätten sagen müssen.«
»Das ist eine strategische Entscheidung. Und dafür bin ich allein zuständig.«
Brad schüttelte den Kopf und setzte sich auf einen Montagetisch. Höchste Zeit für das Zuckerbrot. Mit der Peitsche allein kommen wir nicht weiter, dachte sie. »Danke, Zak, ich kümmere mich weiter darum.«
»Wie? Ach so.« Zak war verlegen von einem Fuß auf den anderen getreten und verzog sich nun, sichtlich erleichtert über die unmißverständliche Entlassung, durch den
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