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Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Daten dar, die wir seit mehreren Tagen gesammelt haben. Die durchgezogene Linie zeigt das erste Resultat.«
    Alicia beugte sich vor und sah erleichtert, daß sich die beiden Kurven sehr ähnlich waren; wenigstens hatten sie nicht irgendeinen dummen Fehler gemacht. Zak hatte das Experiment fünf Tage lang laufen lassen, mit aller Sorgfalt auch noch den kleinsten, ultravioletten Schimmer von der Kugel eingefangen und kein Falschlicht eingelassen.
     

     
    Dennoch gab es Abweichungen. Die neuere, gestrichelte Kurve war leicht zum roten Ende des Spektrums hin verschoben und außerdem etwas flacher. »Offenbarhat unsere erste Kurve nicht ganz gestimmt«, murmelte Alicia.
    »Das glaube ich nicht«, sagte Zak.
    »Aber sie unterscheidet sich von der späteren.«
    »Das ist eine echte Abweichung.« Er sah sie so eindringlich an, als wolle er mit seinem Blick alle ihre Bedenken ausräumen. »Ich habe sämtliche Fehlerquellen nachgeprüft. Keine ist groß genug, um die Differenz zu erklären.«
    »Die zweite Kurve ist etwas in den niederfrequenten Bereich gewandert. Das heißt, niedrigere Temperaturen.«
    Wieder warf Zak ihr diesen ›Glaub-mir-doch‹-Blick zu. »Die Abweichung ist echt. Hier steht alles drin.« Er hielt ihr sein Notizbuch hin, das in sauberer Schrift Einträge in verschiedenen Farben enthielt: blau für Daten, schwarz für Berechnungen, rot für Schlußfolgerungen. Fehler waren in einem häßlichen Giftgrün durchgestrichen.
    »Angenommen, es wäre so. Hieße das, die Temperatur des Schwarzkörpers sinkt?«
    »Richtig«, sagte er, dann hielt es ihn trotz aller Selbstherrschung nicht mehr auf seinem Stuhl, er mußte auf- und abmarschieren. Er trug ein schickes, kariertes Hemd, und seine Jeans waren gebügelt. Hatte er sich etwa zu diesem Anlaß besonders in Schale geworfen? »Das Ding kühlt ab. Oder wir haben eine Rotverschiebung.«
    »Eine Rotverschiebung?« Die Worte hingen in der Luft. Wenn ein Objekt sich entfernte, verlor das Licht, das es abgab, scheinbar einen Bruchteil seiner Energie, und alle Farben bekamen einen Rotstich. Kamen die Atome dagegen näher, dann färbte sich das abgegebene Licht eher blau.
    Zaks Kurve besagte demnach, daß sich das heiße Objekt entweder abkühlte oder von ihnen, vom Labor entfernte, und zwar mit einer Geschwindigkeit von … Sieschüttelte den Kopf. »Unmöglich. Das hieße ja, daß sich die Strahlungsquelle mit zwei Prozent Lichtgeschwindigkeit von uns wegbewegte.«
    »Genau. Trotzdem halte ich meine Messungen für richtig.« Zak ließ sich nicht beirren. Sein Vertrauen in ihr fachliches Urteil war nahezu unbegrenzt, aber er wußte auch, wann er seine eigene Arbeit zu verteidigen hatte; eine sehr professionelle Einstellung, dachte sie. »Äußerlich fühlt sich die Kugel nicht warm an. Aber in ihrem Innern befindet sich ein 40 000 K heißer Strahler.«
    Irgendwo mußte wohl doch ein Fehler stecken. »Das will ich mir selbst ansehen.«
    Die Spannung fiel von ihm ab, er ließ sich auf einen Hocker fallen. »Nichts wäre mir lieber.«
    Sie lächelte. »Haben Sie etwa befürchtet, Sie hätten vorübergehend den Verstand verloren?«
    »So in etwa.«
    Eine Welle der Zuneigung überflutete sie. »Man muß lernen, mit Ambiguitäten zu leben, Zakster«, sagte sie und klopfte ihm auf die Schulter. »Auch wenn es manchmal die Hölle ist.«
     
    Die Abweichung zwischen den Kurven war tatsächlich echt. Zwei Tage lang prüfte Alicia sämtliche Daten. Etliche Male rief sie die Werte sogar direkt von den Detektoren ab und zählte die Photonen einzeln nach. Womöglich stammten die Werte aus den Randbereichen mit der geringsten Lichtmenge, wo der Fehler relativ am größten wäre. Das hätte verheerende Auswirkungen gehabt.
    Sie suchte sehr gründlich, dann suchte sie noch einmal. Doch sie fand nichts.
    Zak saß die ganze Zeit neben ihr. Er sprach wenig, aber sie spürte seine wachsende Erregung. Endlich sagte er: »Das waren die letzten Daten.«
    »Meinen Glückwunsch.«
    »Ich würde mich noch mehr freuen, wenn ich irgend etwas verstünde.«
    »Manchmal ist Verständnis nur der Trostpreis. Der Hauptgewinn ist die Entdeckung.«
    Das wußten sie natürlich beide. Einen Augenblick lang standen sie nur da und betrachteten die beiden Kurven. Alicia zeigte auf die Liste rätselhafter Erkenntnisse, die immer noch an der Tafel stand. Brad war hereingekommen, um ein wenig Mäuschen zu spielen, begriff aber, daß er zumindest im Moment nichts mitzureden hatte. Bisher hatte niemand gewagt,

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