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Cosm

Cosm

Titel: Cosm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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eine Erklärung vorzubringen.
    »Es ist nicht auszuschließen, daß es sich um eine Rotverschiebung handelt. Man braucht nur an die Hubble-Verschiebung zu denken …«, sagte sie zerstreut.
    »Aber das ist eine kosmologische Rotverschiebung.« Zak saß im bleichen Schein der Deckenleuchten auf der Kante des Arbeitstisches. »Verursacht durch eine Expansion der Raumzeit.«
    »Vielleicht läßt sich auch das so ähnlich erklären?« überlegte sie.
    »Ein Ball von kosmologischen Dimensionen? Wenn das Ding eine Art Schwarzes Loch wäre …« Er ging mit langen Schritten zur Tafel und schrieb die Formel zur Berechnung der Größe eines Schwarzen Loches unter die Liste.
    »Ein Schwarzes Loch mit einer Masse von 100 Kilogramm wäre kleiner als ein Proton, sehen Sie?« Zak warf die Kreide von einer Hand in die andere. »Nein, mit Kosmologie kommen wir hier nicht weiter.«
    Alicia hatte die Idee bereits vorher verworfen, aber es war ihr ganz recht, wenn Zak von allein zu dem gleichen Schluß kam. »Wir brauchen Hilfe.«
    »Das fürchte ich auch.« Seine Begeisterung flaute allmählich ab, sein Gesicht wurde ernst.
    Bei dem Versuch, das akkumulierte Licht abzubilden, hatten sie nur einen glatten Fleck erhalten. Das paßte zu einem heißen, in sich homogenen Objekt.
    »Wie sagte Newton doch noch?« fragte Alicia. »›Ichstelle keine Hypothesen auf.‹ Ein guter Rat, wenn man ohnehin keine Ahnung hat.«
    »Wen könnten wir denn fragen? Ich meine, wir wissen doch nicht einmal, was für einen Experten wir eigentlich benötigen. Ich würde sagen, es handelt sich um ein exotisches Materieverdichtungsphänomen.«
    Sie ging die Liste ihrer Kollegen an der UCI durch. Lauter gute, gediegene Physiker, gewiß. Aber eine Spur zu konservativ für eine derart ausgefallene Erscheinung. Wie sie aus der Fachbereichspolitik wußte, empfingen einige jede neue Idee ganz instinktiv mit drei Nägeln und einem Hammer. Außerdem wollte sie nicht, daß alle Welt von der Sache erfuhr.
    »Ich werde erst mal einen kleinen Ausflug machen, um meine Gedanken zu ordnen«, verkündete sie.

 
    8 Kurz nachdem Alicia aus den Oststaaten nach Kalifornien gezogen war, hatte sie eines Morgens ohne besonderen Grund einen Spaziergang an den Strand gemacht, um sich den Sonnenaufgang anzusehen. Und die Sonne hatte ihr im wahrsten Sinne des Wortes ein Licht aufgesteckt und ihr gezeigt, daß sie einen unendlich weiten Weg zurückgelegt hatte und nun am anderen Ende von Amerika angelangt war. Sie hatte ziemlich lange gebraucht, um ein Gespür für dieses ungezähmte Land zu entwickeln, das im unbarmherzig klaren Morgenlicht so fügsam vor ihr lag. Das weitläufige L.A. war zugleich eine Parodie und eine Kopie New Yorks und seiner himmelstürmenden Vertikalen. Beide Städte preßten die Menschen gleichermaßen unerbittlich in ihre starre Geometrie. Konstant war hier in Kalifornien nur die Geschwindigkeit, mit der das Land unter einer Betonwüste verschwand, die sich immer weiter ausdehnte. Das klassische Motto lautete: Unterteile und herrsche. Vielleicht war es kein Zufall, daß am Ende des langen Wegs nach Westen die Filmstudios ihre Tore geöffnet und sich der Phantasie und damit der Zukunft der Nation bemächtigt hatten.
    Nun schlummerte die Natur unsichtbar unter dem Trubel der Zivilisation. Alicia folgte dem Freeway 5, zweigte auf die Staatsstraße 57 ab und fuhr über die Interstate 10 im Bogen auf Pasadena zu. Nicht der direkte, aber der schnellste Weg. Obwohl es erst kurz nach Mittag war, geriet sie in mehrere Staus, bis sie auf dem Abschnitt der I 10, der aussah wie ein endloser, bis zum Pazifik reichender Parkplatz, auf eine ›smart street‹ abbog, die die Verkehrsdichte überwachte und die Ampeln und die Anzeigen an den Freeway-Einfahrten entsprechend regulierte. Sie hatte in ihrem Wagen keinen elektronischen Lotsen, der sie ständig mit den neuesten Informationen über Staus auf ihrer Strecke versorgt hätte; die Hälfte aller Verkehrsbehinderungen waren auf Unfälle oder Pannen zurückzuführen. Alles gut und schön, dachte sie, aber kein Mensch hatte sich überlegt, wo all die Autos Platz finden sollten, wenn sie erst ihr Ziel erreicht hatten.
    Sie stellte ihren Wagen im Parkverbot ab und ging zu Fuß ins Herz des Caltech. Spanische Arkaden säumten die lange, grasbewachsene Promenade. In der Ferne wiegten sich Pfefferbäume seufzend im heißen, trockenen Wind, der von den Wüstengebieten im Osten herüberstrich. Am Ende des Grasstreifens prallten das

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