Cotton Malone 04 - Antarctica
heruntergekommene Zustand der Kirche war wie ein böses Vorzeichen. Ob ihr Großvater hier tatsächlich Antworten gefunden hatte?
Werner ergriff sie beim Arm. »Wir können das schaffen.«
»Uns bleibt keine andere Wahl«, erwiderte sie, noch immer unglücklich über die Optionen, die ihre Mutter ihnen eröffnet hatte.
»Du kannst entweder das Beste daraus machen oder zu deinem eigenen Nachteil gegen die Sache ankämpfen. Für die anderen spielt das keine Rolle, für dich aber schon.«
Sie spürte eine gewisse Unsicherheit in seinen Worten. »Der Killer war wirklich überrumpelt, als du ihn angegriffen hast.«
Er zuckte die Schultern. »Wir hatten ihm gesagt, dass er sich auf die eine oder andere Überraschung gefasst machen sollte.«
»Das stimmt.«
Der Tag näherte sich seinem Ende. Die Schatten in der Kirche wurden länger, und die Temperatur fiel.
»Offensichtlich hat er nicht geglaubt, dass er sterben würde«, sagte Werner.
»Sein Fehler.«
»Was ist mit Malone? Meinst du, er begreift, was läuft?«
Sie zögerte vor ihrer Antwort und dachte an ihre Vorbehalte in der Abtei, als sie ihm zum ersten Mal begegnet war.
»Das kann man ihm nur wünschen.«
Malone blieb unter den Bögen und zog sich zu einem der Räume zurück, die vom Kreuzgang abgingen. Er stand dort zwischen Schnee und Trümmern und ging die Möglichkeiten durch, die ihm blieben. Er hatte eine Waffe und Kugeln, warum sollte er es also nicht mit derselben Taktik versuchen, die bei Lindauer funktioniert hatte? Vielleicht würde der Killer von der gegenüberliegenden Seite des Kreuzgangs auf dem Weg zur Kirche an ihm vorbeikommen, und er könnte ihn so überrumpeln.
»Er ist da drin«, hörte er einen Mann rufen.
Er starrte zum Eingang.
Jetzt befand sich ein zweiter Killer auf der Schmalseite des Kreuzgangs. Er passierte den Kircheneingang, bog um die Ecke und kam direkt auf Malone zu. Offensichtlich war es Ulrich Henn nicht gelungen, ihn aufzuhalten.
Der Mann hob seine Waffe und feuerte auf Malone.
Der duckte sich, und die Kugel prallte gegen die Wand.
Eine weitere Kugel zischte durch den Eingang. Die hatte der Killer auf der gegenüberliegenden Seite des Kreuzgangs abgeschossen. Malones Zufluchtsort hatte keine Fenster, und Wände und Dach waren nicht eingebrochen. Sein Rückzug hierher, der ihm wie eine sichere Wette erschienen war, erwies sich nun als ernsthaftes Problem.
Es gab keinen Ausweg.
Er saß in der Falle.
TEIL VIER
59
Asheville
12.15 Uhr
Stephanie bewunderte das Inn on Biltmore Estate, ein weitläufiges, verputztes Natursteingebäude, das einen grasbewachsenen Hügel krönte, der einen Ausblick auf die berühmten Rebanlagen des Landsitzes bot. Die Zufahrt war auf Hotelgäste beschränkt, doch sie hatten am Haupttor gehalten und eine Zufahrtsberechtigung für das ganze Gelände erstanden, die das Hotel mit einschloss.
Sie wichen einem Angestellten des Reinigungsservice aus, parkten auf einem der gepflasterten Stellplätze und stiegen den parkähnlich angelegten Hang hinauf, der zum Haupteingang führte, wo uniformierte Türsteher sie mit einem Lächeln begrüßten. Beim Eintreten musste man daran denken, wie es wohl gewesen sein mochte, die Vanderbilts vor hundert Jahren zu besuchen. Heute sah man honigfarben glänzende Wände mit Lichtpaneelen, Marmorböden, elegante Kunst und Vorhänge sowie Polsterstoffe mit dekorativen Blumenmustern. Aus steinernen Pflanzenkübeln quoll üppiges Grün als Blickfang in der weiträumigen Halle, die sich zum Obergeschoss hin öffnete und in sieben Metern Höhe mit einer Kassettendecke abgeschlossen war. Durch Türen und Fenster blickte man über eine mit Schaukelstühlen bestückte Veranda auf den Pisgah National Forest und die Smoky Mountains.
Einen Moment lang lauschte sie einem Pianisten, der neben einem offenen Kamin spielte. Eine Treppe führte in eine Räumlichkeit hinunter, die nach Aussehen und Duft zu schließen der Speisesaal sein musste; ein steter Strom von Gästen kam und ging. Sie erkundigten sich am Empfang und wurden durch die Lobby am Pianisten vorbei in einen mit Fenstern versehenen Korridor geschickt, der zu Versammlungsräumen und einem Konferenzzentrum führte, wo sie den Anmeldetisch für die Konferenz zur Enthüllung alter Mysterien fanden.
Davis nahm sich ein Programm vom Stapel und studierte die Veranstaltungen des Tages. »Scofield spricht heute Nachmittag nicht.«
Eine kesse junge Frau mit rabenschwarzem Haar hörte ihn und sagte: »Der Professor
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