Cotton Malone 04 - Antarctica
idyllisch. Wie die Häuser, die ihn hier umgaben. Nicht einmal die McDonald’s-Bude sah so aus, wie er es gewohnt war. Sie schien geradewegs aus einem Bilderbuch zu kommen, hatte ein selbstspielendes Klavier im Speisesaal, Marmorkacheln und einen schimmernden Wasserfall.
Er setzte sich mit seinem Tablett hin.
Nach dem Essen würde er zum Biltmore Inn aufbrechen. Er hatte bereits online ein Zimmer für die nächsten beiden Nächte reserviert. Ein feudales Haus und auch teuer. Aber er nahm gerne das Beste. Das hatte er verdient. Außerdem zahlte Ramsey die Spesen, daher scherten ihn die Kosten nicht.
Im Programm für die Vierzehnte Jährliche Konferenz zur Enthüllung alter Mysterien, das online abrufbar war, stand, dass Douglas Scofield morgen Abend als der Hauptredner eines Dinners auftreten würde, das im Preis der Konferenz inbegriffen war. Davor würde eine Cocktailparty in der Hotellobby stattfinden.
Er hatte schon vom Biltmore Estate gehört, war aber noch nie dort gewesen. Vielleicht würde er das Herrenhaus besichtigen und sich anschauen, wie die Reichen einmal gelebt hatten. Ein paar Anregungen für seine Einrichtung konnten nicht schaden. Schließlich konnte er sich Qualität leisten. Wer behauptete eigentlich, dass Mord sich nicht lohnte? Er hatte inzwischen zwanzig Millionen Dollar beisammen, Honorare und Spekulationsgewinne. Das, was er Ramsey neulich gesagt hatte, war ihm ernst gewesen. Er hatte nicht die Absicht, für den Rest seines Lebens zu arbeiten, egal wie sehr ihm sein Beruf gefiel.
Er gab einen Klecks Senf und einen Spritzer Ketchup auf seinen Big Mac. Smith war kein Freund vieler Würzmittel und nahm nur so viel, dass ein bisschen Geschmack darankam. Genüsslich mampfte er seinen Burger und beobachtete die Leute. Viele waren offensichtlich hier, um das Biltmore Estate in der Weihnachtszeit zu besuchen und im Village shoppen zu gehen.
Hier schien alles auf Touristen eingerichtet.
Was ihm sehr gut passte.
Eine Menge unbekannter Gesichter, zwischen denen er verschwinden konnte.
Malone hatte zwei Probleme. Zum einen verfolgte er einen unbekannten Killer durch einen düsteren, kalten Kreuzgang, und zum anderen stützte er sich auf Verbündete, die nicht gerade übermäßig vertrauenswürdig waren.
Zweierlei hatte ihn stutzig gemacht.
Zuerst einmal Werner Lindauer. Ich wusste, dass Herr Malone mit einer Pistole zur Stelle war. Wirklich? Da Malone bei ihrer kurzen Be gegnung gar nicht erwähnt hatte, wer er war, woher wusste Lindauer dann Bescheid? Keiner in der Kirche hatte Malones Namen ausgesprochen.
Und dann war da noch der Killer von vorhin.
Es schien ihm nicht die geringsten Sorgen zu bereiten, dass noch jemand da war, jemand, der seinen Komplizen erschossen hatte. Christl hatte angedeutet, dass sie ihrer Mutter von Ossau erzählt hatte. Dabei mochte sie auch erwähnt haben, dass er, Malone, kommen würde. Aber das erklärte noch nicht Werner Lindauers Anwesenheit oder warum er sofort gewusst hatte, wer Malone war. Falls diese Information aber von Christl stammte, zeigte das ein Maß an Kooperationsbereitschaft, das er den Oberhausers untereinander gar nicht zugetraut hätte.
All das ließ Ärger erwarten.
Er verharrte und lauschte auf das Heulen des Windes. Mit schmerzenden Knien kauerte er auf dem Boden, unterhalb der Bögen. Der Schnee fiel dicht, und auf der anderen Seite des Gartens schien sich nichts zu rühren. Kalte Luft brannte ihm in Kehle und Lunge.
Er sollte seiner Neugier nicht nachgeben, konnte sich aber nicht zurückhalten. Auch wenn er einen Verdacht hatte, was hier vor sich ging, musste er doch genau Bescheid wissen.
Dorothea beobachtete ihren Mann, der zuversichtlich die Pistole in der Hand hielt, die Malone ihm gereicht hatte. In den letzten vierundzwanzig Stunden hatte sie eine Menge über ihren Mann gelernt. Dinge, die sie nie vermutet hätte.
»Ich gehe raus«, sagte Christl.
Dorothea konnte nicht widerstehen. »Ich habe gesehen, wie du Malone angeschaut hast. Er liegt dir scheint’s ganz schön am Herzen.«
»Er braucht Hilfe.«
»Von dir?«
Christl schüttelte den Kopf und ging.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Werner.
»Sobald das hier vorbei ist. Christl oder meiner Mutter zu vertrauen ist ein großer Fehler. Das weißt du.«
Ein Kälteschauer überlief sie. Sie schlang die Arme um die Brust und verkroch sich in ihrem Wollmantel. Sie waren Malones Rat gefolgt und hatten sich, getreu ihrem Part, in die Apsis zurückgezogen. Der
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