Cotton Malone 04 - Antarctica
gesagt, dieser morgendliche Ausflug sei sehr beliebt und ungefähr dreißig Teilnehmer machten jedes Jahr mit. Dass sich noch zwei weitere Leute für Dr. Douglas Scofield interessierten, war nicht unbedingt ein Grund zur Beunruhigung. Also unterdrückte Smith seine Paranoia und ließ nicht zu, dass sie ihn überwältigte. Er wollte es nicht zugeben, aber er war noch vom Vorabend ganz schön durch den Wind.
Er beobachtete, wie der Mann sich vom Sofa erhob, zu einem Tisch mit grünem Tischtuch neben dem Kamin trat und sich ein Glas eisgekühltes Wasser einschenkte.
Smith stand auf, schlenderte beiläufig hinüber und füllte seine Teetasse aus einer silbernen Teekanne nach. Dieser Service war ein netter Zug des Hauses. Den ganzen Tag über gab es Erfrischungsgetränke für die Gäste. Er gab ein wenig Süßstoff in seinen Tee – er hasste Zucker – und rührte um.
Der Mann zog sich, sein Wasser trinkend, in eine Nische zurück, dorthin, wo die Frau gerade ein Gespräch mit dem Handy beendete. Das Feuer im Ofen war niedergebrannt und knisterte kaum noch. Jemand vom Personal öffnete ein Eisengitter und legte ein paar Scheite nach. Smith wusste, dass er den beiden folgen konnte, um zu sehen, wohin ihn das führte, aber er hatte sich zum Glück schon für einen eindeutigeren Kurs entschieden.
Er würde etwas ganz Neues machen. Das garantiert zu Ergebnissen führen würde. Und das für den großen Douglas Scofield genau passend war.
Malone betrat erneut das L’Arlequin und ging in das Restaurant, wo bunte Teppiche einen Eichendielenboden bedeckten. Die anderen folgten ihm und zogen ihre Mäntel aus. Isabel sprach mit dem Mann, der zuvor am Empfang gestanden hatte. Dieser ging weg und schloss die Restauranttür hinter sich. Malone legte Jacke und Handschuhe ab und bemerkte, dass sein Hemd durchgeschwitzt war.
»Es gibt oben nur acht Zimmer«, sagte Isabel, »und ich habe sie alle für die Nacht gebucht. Der Wirt bereitet jetzt ein Essen vor.«
Malone setzte sich auf eine der Bänke, die zwei Eichentische säumten. »Gut. Ich bin hungrig.«
Christl, Dorothea und Werner setzten sich ihm gegenüber. Henn stand, eine Tasche in der Hand, daneben. Isabel nahm das Kopfende des Tisches ein. »Herr Malone, ich werde ehrlich mit Ihnen sein.«
»Das bezweifle ich ernstlich, aber machen Sie weiter.«
Ihre Hände verkrampften sich, und sie trommelte ungeduldig mit den Fingern auf der Tischplatte herum.
»Ich bin nicht Ihr Kind«, sagte Malone, »und bin auch nicht in Stimmung, also kommen Sie zur Sache.«
»Ich weiß, dass Hermann zwei Mal hier zu Besuch war«, begann sie. »Einmal 1937, noch vor dem Krieg. Und das zweite Mal 1952. Meine Schwiegermutter hat Dietz und mir kurz vor ihrem Tod von seinen Reisen erzählt. Aber sie wusste nicht, was Hermann hier getan hat. Dietz selbst war ungefähr ein Jahr vor seinem Verschwinden hier.«
»Das hast du nie erwähnt«, sagte Christl.
Isabel schüttelte den Kopf. »Die Beziehung zwischen diesem Ort und der Suchfahrt Karls des Großen ist mir nie aufgefallen. Ich wusste nur, dass beide Männer hier zu Besuch waren. Aber gestern, als du mir erzählt hast, dass das Rätsel hierher weist, ist mir die Verbindung sofort aufgegangen.«
Malones Adrenalinspiegel, der in der Kirche hochgeschossen war, hatte sich wieder gesenkt, und er fühlte sich jetzt schwer vor Müdigkeit. Aber er musste sich konzentrieren. »Hermann und Dietz waren also hier. Das hilft uns nicht viel weiter, da offensichtlich nur Hermann etwas gefunden hat. Und der hat niemandem davon erzählt.«
»Einhards Testament stellt klar, dass man das Rätsel löst, indem man die Vollkommenheit des Engels auf die Heiligung unseres Herrn anwendet« , sagte Christl. »So kommt man von Aachen hierher. Aber nur wer den Thron Salomons und die römische Frivolität zu schätzen weiß, wird den Weg zum Himmel finden. «
Dorothea und Werner saßen still da. Malone fragte sich, warum sie überhaupt hier waren. Vielleicht hatten sie ja in der Kirche schon ihre Rolle gespielt? Er zeigte auf sie und fragte: »Haben Sie beide sich wieder versöhnt?«
»Spielt das irgendeine Rolle?«, fragte Dorothea.
Er zuckte die Schultern. »Für mich schon.«
»Herr Malone«, sagte Isabel. »Wir müssen dieses Rätsel lösen.«
»Haben Sie diese Kirche gesehen? Sie ist eine Ruine. Aus der Zeit vor zwölfhundert Jahren ist nichts mehr erhalten. Die Mauern sind baufällig, und das Dach ist neu. Der Boden zerbröckelt, und der Altar zerfällt.
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