Cotton Malone 04 - Antarctica
Informationen waren sehr lückenhaft. »Admiral Dyals hat damals den Befehl gegeben, nicht nach der NR-1A zu suchen. Zwar hat die Mannschaft diesen Bedingungen zugestimmt, bevor sie aus dem Hafen auslief, aber sein Ruf wäre ruiniert, wenn das herauskäme. Ich schulde diesem Mann viel.«
»Und warum haben Sie dann Sylvian umgebracht?«
Da spielte er nicht mit. »Ich habe niemanden umgebracht.«
Sie setzte zum Sprechen an, doch er unterbrach sie mit erhobener Hand. »Ich leugne allerdings nicht, dass ich seinen Posten haben möchte.«
Die Spannung im Raum stieg und erinnerte an das Knistern bei einer Partie Poker – und dem ähnelte dieses Treffen ja tatsächlich in vieler Hinsicht. Er bohrte seinen Blick in ihren. »Ich bin ehrlich mit Ihnen in der Hoffnung, dass Sie ehrlich mit mir sind.«
Er wusste von Aatos Kanes Berater, dass Daniels der Idee seiner Ernennung aufgeschlossen gegenübergestanden hatte, doch das Theater, das McCoy machte, redete eine andere Sprache. Es war entscheidend, dass er ein Paar Augen und Ohren im Weißen Haus behielt. Gute Entscheidungen beruhten immer auf guten Informationen. McCoy mochte ein Problem sein, aber er brauchte sie.
»Ich wusste, dass Sie kommen würden«, sagte sie. »Interessant, dass Sie die persönliche Kontrolle über dieses Lagerhaus haben.«
Er zuckte die Schultern. »Es untersteht dem Navy-Geheimdienst. Bevor ich Leiter dieses Dienstes wurde, haben andere sich darum gekümmert. Dies hier ist nicht das einzige Lagerhaus unter unserer Aufsicht.«
»Wohl kaum. Aber zur Zeit passiert wesentlich mehr, als Sie zugeben wollen. Was ist mit Ihrem Berliner Geheimdienstleiter? Mit Wilkerson? Warum ist der plötzlich tot?«
Diese Information dürfte heute wohl in jedermanns Briefing-Unterlagen auftauchen. Aber er musste ja keine Verbindung eingestehen. »Das lasse ich derzeit untersuchen. Der Grund könnte allerdings im privaten Bereich liegen – er war mit einer verheirateten Frau involviert. Unsere Leute sind an der Sache dran. Es ist noch zu früh, um von finsteren Umständen auszugehen.«
»Ich möchte sehen, was sich in diesem Lagerhaus befindet.«
Er beobachtete ihr Gesicht, das weder feindselig noch unfreundlich war. »Was würde das beweisen?«
»Ich möchte sehen, worum es hier eigentlich geht.«
»Nein, das wollen Sie nicht.«
Er beobachtete sie erneut. Sie hatte einen Schmollmund. Ihr blondes Haar hing wie zwei nach innen gebogene Vorhänge zu beiden Seiten ihres herzförmigen Gesichts herunter. Sie war attraktiv, und er fragte sich, ob er mit Charme weiterkommen würde. »Diane, hören Sie mir zu. Das alles ist völlig unnötig. Ich stehe zu unserer Abmachung. Aber damit ich das auch kann, muss ich die Sache auf meine Art erledigen. Dass Sie hierherkommen, das bringt alles in Gefahr.«
»Ich bin nicht bereit, Ihnen meine Karriere anzuvertrauen.«
Er wusste das eine oder andere von ihrer Familiengeschichte. Ihr Vater war ein Politiker des Bundesstaates Indiana, der dadurch bekannt geworden war, dass er nach seiner Wahl zum Vizegouverneur den halben Staat vergrault hatte. Vielleicht war hier derselbe rebellische Charakterzug am Werk? Vielleicht. Doch er musste die Sache klarstellen. »Dann muss ich Sie leider sich selbst überlassen.«
Er spürte, dass sie plötzlich begriff, worum es ging. »Und ich muss sterben?«
»Habe ich das gesagt?«
»Das war gar nicht nötig.«
Nein, wirklich nicht. Aber er hatte noch immer das Problem der Schadensbegrenzung. »Wie wäre es damit: Wir sagen, dass es eine Unstimmigkeit gegeben hat. Sie sind auf einer Erkundungsmission hierhergekommen, und das Weiße Haus und der Navy-Geheimdienst haben abgemacht, dass Sie die erbetene Information erhalten. So ist der Kommandant des Stützpunkts zufriedengestellt, und es werden keine zusätzlichen Fragen mehr gestellt. Wir gehen einträchtig hier weg.«
Er sah ihren Augen an, dass sie besiegt war.
»Legen Sie mich ja nicht rein«, sagte sie.
»Ich habe überhaupt nichts getan. Sie sind diejenige, die mit gezogenen Pistolen herumläuft.«
»Ich schwöre Ihnen, Langford, ich mach Sie fertig. Legen Sie mich ja nicht rein.«
Er beschloss, dass Diplomatie der bessere Kurs war. Zumindest vorläufig. »Wie ich schon mehrmals gesagt habe, halte ich meinen Teil der Vereinbarung ein.«
Malone genoss das Essen, umso mehr, als er den ganzen Tag über wenig zu sich genommen hatte. Es war interessant, dass er zu ganz regelmäßigen Zeiten hungrig wurde, wenn er in seinem
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