Cotton Reloaded - Folge 2 - Countdown
der aussah, als wäre er noch nie benutzt worden.
Während er wartete, hielt er unauffällig nach Sicherheitskameras Ausschau. Er entdeckte zwei. Die eine war fast unsichtbar in die Decke installiert, die andere hing gut sichtbar an der Wand gegenüber vom Eingang. Vermutlich gab es weitere Kameras, hinter den Spiegeln versteckt.
Ein paar Minuten waren vergangen, da betrat Jehan Shahid das Vestibül. Er war ein hochgewachsener, stattlicher Mann Mitte zwanzig, dunkler Teint, makellose Zähne und blauschwarzes Haar, das er nach hinten gekämmt hatte. Sein maßgeschneiderter Anzug war von Filomarino, die Schuhe von Santoni.
»Hallo, Jeremiah«, grüßte er und streckte seinem Besucher die Hand entgegen. »Nett, dass du mich mal besuchst, wenn auch zu einer ungewöhnlichen Stunde.«
»Guten Morgen, Jehan.« Cotton erhob sich und schüttelte ihm die Hand. »Ich freue mich, dass du Zeit für mich hast.«
»Für dich immer, obwohl sie im Augenblick knapp bemessen ist«, erwiderte der Pakistani in liebenswürdigem Tonfall. »Deshalb kann ich nur hoffen, du willst mich zu keiner spontanen Pokerrunde einladen.«
»Nein, ich bin nicht privat hier, sondern dienstlich.«
»Im Auftrag des FBI?«
»Nicht direkt, eher inoffiziell. Außer meiner Partnerin weiß niemand von meinem Besuch.«
»Weshalb lässt dein Geheimdienst uns dann überwachen?«
»Woher weißt du …?«
»Hältst du uns für so blöd, dass wir das nicht bemerkt hätten?«
»Seit wann wisst ihr es?«
Jehan deutete auf ein Fenster zur Straßenseite. »Seit dieser Honda auf da drüben parkt und man mich deswegen aus dem Bett getrommelt und hierher beordert hat. Du hättest mich auch einfach anrufen und fragen können, was euer Geheimdienst wissen will.«
»So einfach ist das leider nicht, Jehan.«
»Du verschweigst mir doch irgendwas.«
»Ja.« Sorgenvoll senkte Cotton die Stimme. »Etwas, das streng geheim ist und mich wegen Landesverrats lebenslang hinter Gitter bringen würde, wenn ich es den falschen Leuten sage.«
»Traust du mir etwa nicht?«
»Dann wäre ich nicht hier. Wüsste der Chef meiner Abteilung davon, würde er mich und meine Partnerin vierteilen lassen. Und ich müsste lügen, wenn ich nicht verdammte Angst hätte, in diesem Moment einen Fehler zu machen, der vielen Menschen das Leben kosten könnte.«
»Du machst mich neugierig. Lass hören.«
»Was ich dir jetzt sage, ist streng geheim und darf niemals an die Öffentlichkeit. Über New York kreist eine Passagiermaschine mit dreihundert Menschen an Bord. Das Flugzeug ist in der Gewalt von Terroristen. Sie haben sich in den Bordcomputer gehackt und steuern die Maschine aus einem Versteck vom Boden aus. Spätestens um sieben Uhr heute früh wird die Maschine aus Treibstoffmangel über Manhattan abstürzen.«
»Bei Allah!«, stieß Jehan hervor.
»Der Präsident hat vorhin mit deinem Konsul telefoniert und ihn über eine Bedrohung in Kenntnis gesetzt. Allerdings nicht über die genaue Art dieser Bedrohung.«
»Ich weiß. Er hat nur vage Andeutungen gemacht, dass wir einen Hacker im Konsulat beherbergen, der in streng geheime Regierungscomputer eingedrungen sei. Nach dem Anruf hat der Konsul alle Angestellten hierher beordert und eine interne Untersuchung angeordnet. Ergebnislos. Es gibt in diesem Gebäude keinen Hacker.«
»Unsere Experten haben etwas anderes herausgefunden.«
»Haben sie auch etwas über die Absichten der Terroristen erfahren?«
»Sie wollen einen auf Rikers Island einsitzenden Kumpel freipressen.«
»Dann gebt ihnen den Mann, und alles ist gut.«
»Nein. Ist es nicht. Es gibt da nämlich ein kleines Problem. Der betreffende Terrorist ist vor etwa zwei Stunden erschossen worden.«
»Erschossen? Von wem?«
»Vermutlich von einem Profikiller, aber das tut im Moment nichts zur Sache. Viel wichtiger ist: Laut unseren IT-Experten kommt das Wi-Fi-Signal, mit dem die Terroristen den Bordcomputer des Flugzeuges gekapert haben, aus eurem Konsulat.«
»Was!«, stieß Jehan fassungslos hervor. »Unmöglich. Davon wüsste ich.«
»Tja, genau das gibt mir zu denken.«
»Hör zu, Jeremiah, ich stehe auf deiner Seite. Wenn es in diesem Haus Terroristen gäbe, würde ich alles tun, um diese Leute unschädlich zu machen.«
»Was, wenn nur euer Konsul etwas von diesen Leuten weiß und mit ihnen zusammenarbeitet?«
»Trotzdem wäre mir nicht entgangen, wenn in diesem Gebäude Verbrecher säßen. Schließlich leite ich den Sicherheitsdienst. Was sollen wir jetzt
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