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Couchgeflüster

Couchgeflüster

Titel: Couchgeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Becker
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einer Landschaft oder einer Stadtansicht. Ganz, wie man möchte. Der Bordcomputer kann alles herzaubern. Und es gibt so viele Knöpfe, Lichter und Schalter, dass man als Laie sofort den Überblick verliert. Wirklich sehr beeindruckend und total real.» Atemlos redet er ohne Pause. «Anfangs kamen mir große Zweifel, ob ich mich wie in einem echten Flugzeug fühlen würde. Aber als ich dann wie bei einem echten Start in den Sitz gedrückt wurde   –»
    «Ben   …», unterbreche ich seinen Erlebnisbericht, weil ich die Ungewissheit nicht länger ertrage. «Das ist wirklich alles sehr interessant. Aber woran hast du dich erinnert?»
    «Einen Moment noch», vertröstet er mich. «Also, Phillip, der übrigens ein toller Pilot ist, wollte einen Anflug auf Stuttgart üben. Es gibt wohl irgendwelche Besonderheiten auf diesem Flughafen   … wie auch immer. Als er dann mit der Ansage begann:
Meine Damen und Herren
und so weiter   …, du weißt ja, was da immer so gelabert wird, hat es bei mir klick gemacht.»
    «Klick?»
    «Ja, klick.»
    «Aha. Und an was hast du dich erinnert?»
    «An Vera!»
    «Wen?» Irritiert lasse ich mich auf einem Stuhl nieder.
    «Vera ist eine Flugbegleiterin, die ich mal auf einer Reise nach Stuttgart kennengelernt habe.»
    «Aber Stewardessen sind doch normalerweise alle sehr freundlich und nett zu den Passagieren», wende ich verständnislos ein.
    «Das war sie ja auch, zumindest am Anfang   …» Er stockt, als wäre allein der Gedanke an sie quälend. «Wir lernten uns nämlich nicht im Flugzeug, sondern in einer Hotelbar in Stuttgart kennen. Ich hatte einen anstrengenden Tag hinter mir und wollte nur schnell noch ein Bier trinken, um runterzukommen, und anschließend gleich ins Bett. Doch dann kamen wir ins Gespräch, und aus dem Bier wurden einige Drinks. Danach sind wir auf ihr Zimmer und   –»
    «Ähm, Einzelheiten muss ich nicht wissen», unterbreche ich ihn mit betont ruhiger Therapeutinnenstimme. Pikante Details würde ich jetzt auf keinen Fall ertragen. «Erzähl mirlieber, was eine Flugbegleiterin mit deiner Amnesie zu tun haben soll.»
    «Entschuldige.» Ben sieht mich ernst an. «Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen. Aber dieser One-Night-Stand war der Beginn einer verhängnisvollen Affäre. Wie in diesem Film, falls du den kennst.»
    «Verfolgt da nicht eine durchgeknallte Tussi einen Familienvater?», frage ich, und im selben Moment durchfährt mich ein schrecklicher Gedanke: Ist Ben etwa verheiratet und hat Kinder?
    Quatsch, dann würde er ja unter einer totalen Amnesie leiden.
    «Jedenfalls traf ich sie einige Zeit später auf einem Flug wieder.» Bens Miene verdüstert sich. «Ich hatte das Gefühl, dass die ganze Sache auch für Vera nur   … na ja, du weißt schon, nur eine Bettgeschichte war.»
    Am liebsten würde ich ihm ein medizinisches Fachbuch an den Kopf werfen, so sehr quält mich die Eifersucht. Aber was bleibt mir anderes übrig, als verständnisvoll zu lächeln und zu meiner eigenen Beruhigung mit einer Haarsträhne zu spielen.
    «Vera sah in diesen Treffen aber anscheinend viel mehr», berichtet Ben weiter. «Sie entwickelte sich zu einer Stalkerin. Vielleicht hatte sie Torschlusspanik, weil sie einige Jahre älter ist als ich. Aber das ist nur eine Vermutung. Jedenfalls rief sie mich ständig an, nervte mich mit schwülstigen SMS und E-Mails   … Und ich weiß nicht, wie sie es geschafft hat, aber wann immer ich eine Lufthansa-Maschine bestieg, hatte sie
zufällig
Dienst auf diesem Flug.»
    «Für Angestellte einer Airline ist es sicher ein Klacks, die Passagierlisten einzusehen», vermute ich und weiß jetzt, vonwem die SMS kam, die Ben bei unserem ersten Abendessen so verärgert hat. «Bist du deshalb umgezogen?»
    «Ja, ich sah keine andere Möglichkeit mehr», bestätigt Ben meine Vermutung und sieht mich bekümmert an. «Diese Wahnsinnige hat mir sogar zu Hause aufgelauert.»
    «Das muss schrecklich gewesen sein», mutmaße ich, und mir fällt plötzlich ein, dass ich ihn nicht erreichen konnte, als ich die Therapiesitzung absagen wollte. «Hast du damals auch deine Handynummer geändert?»
    «Ja, hab ich. Sonst würde sie mich wahrscheinlich noch immer rund um die Uhr belästigen. Es war der absolute Horror! Ich hab mich kaum noch nach Hause gewagt.» Bens Stimme zittert, und sein flackernder Blick sucht die Stuckdecke ab, als würde ihn das Betrachten der steinernen Blumengirlande beruhigen. Die Erinnerung an diese Frau scheint ihn

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