Couchgeflüster
doch längst verziehen. So ein kleiner Seitensprung kann
unsere
Hochzeitspläne in drei Wochen nicht gefährden.»
«Hochzeitspläne?», wiederhole ich irritiert. «In drei Wochen?» Das Ganze kann doch nur ein böser Scherz sein, oder?
Selbstgefällig zieht Vera den Diamantring vom Finger und reicht mir das Schmuckstück über den Tisch. «Hier ist der Beweis», erklärt sie. «Beachten Sie bitte die Initialen, Frau Nitsche.» Und zu Ben gewandt, fügt sie noch hinzu: «Ich nehme an, du hast deiner Therapeutin auch unsere Verlobung verschwiegen?»
Ungläubig starre ich auf die eingravierten Buchstaben:
Der Ring sieht echt aus. Verdammt echt. Wie Verlobungsringe eben so aussehen.
Sagt Vera vielleicht doch die Wahrheit?
Ich fühle meinen Blutdruck steigen. Mein Gesicht ist glühend heiß, als hätte ich hohes Fieber, und in meinem Hals sitzt ein dicker Kloß, der mir keine Luft zum Atmen lässt.
Was ist hier los?
Habe ich Wahnvorstellungen?
Brauche ich selbst einen Therapeuten?
Draußen zucken Blitze durch die schwarzen Wolken. Kurz darauf kracht ein Donner in der Ferne. Sturm kommt auf. Wie mechanisch stehe ich auf und schließe das Fenster.
Als ich mich wieder umdrehe, sieht Ben mich flehend an. Er wirkt mitgenommen. Seine sonst so strahlenden grünen Augen sehen müde aus, und ein gequälter Zug liegt auf seinen Lippen.
«Sie lügt», zischt er. «Sobald sie den Mund aufmacht, lügt sie. All ihre Geschichten sind nichts als kranke Phantasien, glauben Sie mir. Keine Ahnung, woher sie den Ring hat. Vermutlich selbst gekauft.»
«So ein Quatsch», unterbricht Vera ihn. «Den hast du mir doch von den Einnahmen aus deinem neuesten Studio gekauft.»
Verständnislos blicke ich von Ben zu Vera. «Welches Studio?»
Die Femme fatale genießt die Aufmerksamkeit ganz offensichtlich. Anders kann ich mir ihre zynische Miene nicht erklären.
«Ich spreche von Bens Fitnessclub in der Turmstraße.» Sie legt eine kleine Kunstpause ein. «Deshalb hat er mich gebeten, nach Moabit zu ziehen, um in seiner Nähe zu sein.»
Ich bin sprachlos.
«Ben Reuther ist der Besitzer einer Fitnesskette», erklärtsie gelassen. «Und der Club in Moabit ist nur einer von … Wie viele waren es noch, Darling?»
Das ist ja wohl der Gipfel der Hinterhältigkeit! Mir fehlen die Worte.
Ben sinkt in sich zusammen und dreht mir den Rücken zu.
Nur Vera scheint jetzt zur Hochform aufzulaufen. «Tja, kleine Yogalehrerin», höhnt sie und sendet mir einen vernichtenden Blick. «Ben ist wohl deine große Konkurrenz. Von Desiree weiß ich nämlich, dass es bei dir in letzter Zeit nicht mehr so super lief. Zahlreiche deiner Mitglieder sind in die Turmstraße abgewandert. Aber da du diese Yoga-Sache ja nur als Hobby betreibst, wird es kein großer Verlust für dich sein, wenn du … na ja, bald Pleite machst.»
Ich hab mich wohl verhört? Der Mann, den ich aus der Amnesie geholt habe und in den ich glaubte, unsterblich verliebt zu sein, soll für meine beruflichen Probleme verantwortlich sein? Das kann doch nicht wahr sein!
Zugegeben, er hat mir nie gesagt, was er eigentlich macht. Ist diese Frau also vielleicht doch keine Lügnerin? Erfindet Ben Storys, um Frauen ins Bett zu kriegen?
Verzweifelt bemühe ich mich, ruhig zu bleiben. Durchatmen, Nelly Nitsche! Keine Panik aufkommen lassen! Aber je länger ich darüber nachdenke … So direkt hat Ben nie auf meine Fragen geantwortet. Er hat immer nur von seiner Firma gesprochen. Dabei wusste er doch genau, dass ich ein Yogastudio führe und mir die Fitnesskette Sorgen macht …
Ich öffne den Mund, um etwas zu sagen. Aber es kommt nur ein klägliches Piepsen heraus.
Dann wird mir schwarz vor Augen.
22
Lügner … Lügner … Lügner …
Wie in Trance schleppe ich mich durch den Gewitterregen zur U-Bahn -Station, um nach Hause zu fahren. Der Rausschmiss des hinterhältigen Pärchens hat mich meine ganze Kraft gekostet.
Jetzt drückt der Schmerz so schwer auf meinen Brustkorb, dass ich kaum atmen kann. In meinem Zustand kann ich unmöglich Yoga unterrichten. Ich kann mich überhaupt nicht konzentrieren. Nur ein einziger Gedanke kreist durch meinen Kopf: Ben hat mich getäuscht und absichtlich belogen. Er hat mir etwas vorgespielt und mir seine Fitnesskette verschwiegen. Vera hat die Wahrheit gesagt.
Er
ist der Lügner. Ein hinterhältiger Betrüger. Es ist, als wäre ich in einem Albtraum gefangen. Ich kann gar nicht mehr aufhören zu weinen. Und mir ist vollkommen
Weitere Kostenlose Bücher