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Couchgeflüster

Couchgeflüster

Titel: Couchgeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Becker
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interessantes
Hobby
. Ich würde gerne zum Grund unseres Besuchs kommen.» Sie streicht sich das Haar mit einer lasziven Bewegung zurück. Die Geste wirkt, als fahre sie ihre rotlackierten Krallen aus. «Mein Verlobter behauptet, sein Gedächtnis verloren zu haben, und sei deshalb bei Ihnen in Behandlung.»
    Verzweifelt verdreht Ben die Augen und sieht mich flehend an.
    Als wäre dies meine Praxis und ich tatsächlich eine erfahrene Therapeutin, erkläre ich Vera Paulsen in aller Ruhe das Krankheitsbild einer partiellen Amnesie. In meiner Not schleudere ich ihr alle medizinischen Fachausdrücke um die Ohren, die ich mir vorhin beim Schmökern gemerkt habe. Mit Begriffen wie Commotio cerebri, Abreaktion, Korsakow-Syndrom, Intoxikation oder stuporöse Zustände bausche ich Bens traumatisches Erlebnis und die Folgen davon ordentlich auf, bis meiner Zuhörerin der Kopf raucht. Am Ende bin ich sogar richtig stolz auf mich. Die Geschichte vom kleinen Kaffeefleck, dem weißen Sofa in ihrer schneeweißen Wohnung, Bens panischer Flucht und seiner anschließenden Kopfverletzung würde jetzt in jedes Lehrbuch passen.
    Doch die eiskalte Blondine langweilt mein Wissen offensichtlich nur. Während meines Vortrags hat sie nicht ein einziges Mal das perfekt geschminkte Gesicht verzogen oder mit den schwarzgetuschten Wimpern gezuckt.
    «Komplett weiß eingerichtet   … Pah!», erklärt sie angewidert. «Grauenvoll. So könnte ich nie leben! Sie dürfen mich gerne mal auf einen Kaffee besuchen, Frau Nitsche. Den Weg zu Ihrer alten Wohnung kennen Sie ja sicher noch. Der niedliche Elefant ist übrigens auch noch da. Und wie Sie sehen, trage ich heute auch gar kein Weiß   … Aber ich muss zugeben, die Story hat was. Gut ausgedacht, Darling.»
    Sie tätschelt Bens Hand, der sie aber sofort wegzieht.
    «Warum sollte
mein
Patient sich eine Amnesie ausdenken?», frage ich konsterniert.
    Vera Paulsen wirft mir einen abfälligen Blick zu, betrachtet kurz ihren Ring an der linken Hand und wendet sich dannan Ben. «Ich weiß ja, Darling, dass du gerne Geschichten erfindest, um Frauen für dich zu gewinnen. Du schleppst ja auch immer diese Geldrolle mit dir rum, um Eindruck zu schinden.»
    «Das ist meine einzige Phobie, Frau Doktor», wirft Ben aufbrausend ein. «Seit ich mal meine Kreditkarte verloren habe, trage ich tatsächlich immer reichlich Cash bei mir.»
    Vera lässt sich durch Bens Erregung nicht aus der Ruhe bringen.
    «Wir alle wissen, dass Frauen sich durch so etwas leicht beeindrucken lassen», erklärt Vera. «Ich erinnere mich noch gut an diese   … Wie hieß sie noch gleich, Darling?»
    «Schluss damit», zischt Ben sie von der Seite an. «Und nenn mich nicht Darling!»
    «Ah, jetzt weiß ich wieder», fährt Vera unbeirrt fort. «Miriam. Ein hübsches, naives Dummchen, dem du weismachen wolltest, du wärst Musikproduzent und würdest sie zur neuen Nena aufbauen. Ich fand die Story saukomisch.» Sie lacht schrill. «Das arme, kleine Ding wohl weniger, als sie erfuhr, dass du nur Sex wolltest. Hat sie dich nicht mit Anrufen und SMS verfolgt? Aber ich muss zugeben, diese Amnesie-Story ist ein echter Knaller. Ich staune immer wieder, was du für eine ausufernde Phantasie hast, mein Schatz.»
    Waren das gar nicht Veras Anrufe und SMS, von denen Ben sprach?, frage ich mich verunsichert.
    Ben schüttelt entgeistert den Kopf. «Ich kenne keine Miriam», murmelt er und sieht mir dann direkt in die Augen. «Bitte, Frau Doktor, glauben Sie ihr keine Wort. Es war alles genau so, wie ich es Ihnen in unseren Sitzungen berichtet habe. Ich konnte mich wirklich an nichts erinnern, bis Sie mich in den Flugsimulator geschickt haben.»
    Wütend springt Ben auf. Die Narbe auf seiner Stirn färbt sich blaurot. Und mit einem gefährlichen Glitzern in den Augen beugt er sich über Vera, als wolle er ihr an die Kehle springen. «Du hast doch einen an der Klatsche», faucht er Vera aufgebracht an. «Du bist vollkommen übergeschnappt, irre, komplett wahnsinnig. Man sollte dich einweisen. Wegsperren. Du bist eine Gefahr für die Allgemeinheit. Nochmal fürs Protokoll: Wir hatten eine kurze Affäre, mehr nicht. Und heute bedaure ich diesen Ausrutscher sehr. Kapiert?»
    Vera Paulsen wirft ihr langes, blondes Haar über die Schultern, legt den Kopf schräg und verschlingt Ben mit Blicken. «Bitte, Darling, reg dich nicht so auf. Ich habe genug Lebenserfahrung, um zu wissen, dass sich Männer ab und zu mal austoben müssen. Deine Eskapaden sind dir

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