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Couchgeflüster

Couchgeflüster

Titel: Couchgeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Becker
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genehmige ich mir in diesem speziellen Fall.
    Meine Wahl fällt auf eine schmale schwarze Hose mit breitem Gürtel. Und zu den rosa Ballerinas, die ich heute trage,passt eine blassrosa Hemdbluse mit kleinen Puffärmeln. Noch etwas Make-up aufgelegt und den Haarknoten festgesteckt, und ich bin bereit, dieser durchgeknallten Stalkerin die Meinung zu sagen.
     
    Als es wenig später an der Tür klingelt, habe ich rasendes Herzklopfen. Schnell schiebe ich mir noch die Brille auf die Nase, dann öffne ich die Tür.
    «Guten Tag, Frau Doktor», begrüßt mich Ben. Sein gequältes Grinsen verrät seine große Anspannung, ebenso wie die gerötete Narbe auf seiner Stirn.
    «Hallo, Herr Reuther», entgegne ich bemüht professionell.
    Durch Mamas Lesebrille sehe ich zwar etwas unscharf, aber als eine schlanke Frau hinter Ben hervortritt, erstarre ich. Diese schwarz-weiß gekleidete Blondine mit den langen Haaren kenne ich doch! Ungläubig nehme ich die Brille ab.
    Frau Paulsen!
    Das kann doch nicht wahr sein. Vor mir steht meine Nachmieterin. Aber ich verstehe nicht, wieso. Was macht sie hier? Und wo ist diese schreckliche Vera?
    Frau Paulsen hat mich nun ebenfalls erkannt. Sie scheint genauso wenig zu verstehen, was hier vor sich geht.
    Ben stellt erst mich als Dr.   Nitsche vor und dann Frau Paulsen als Vera.
    Meine Nachmieterin stutzt. «
Sie
ist deine Therapeutin?»
    Ben wirft mir einen verzweifelten Blick zu.
    «Und Sie sind also   … ähm, Vera?», stottere ich. «Schöner Name.»
    Mehr fällt mir in dem Moment leider nicht ein.
    «Finde ich auch», entgegnet sie und stiefelt an mir vorbeiin die Praxis. «Der Name leitet sich übrigens aus dem Lateinischen ab und bedeutet: die Wahre. Und er passt zu mir, denn ich sage immer die Wahrheit. Nicht wahr, Darling?» Besitzergreifend legt sie ihre linke Hand auf Bens Schulter und präsentiert den protzigen Diamantring an ihrem Ringfinger.
    Ben zuckt zusammen und schüttelt ihre Hand ab, als wäre sie ein lästiges Insekt.
    «Sorry, Darling», gurrt Vera. «Ich vergesse einfach immer wieder, dass du in der Öffentlichkeit keine Vertraulichkeiten magst.» Dann wendet sie sich an mich. «Ich bin einigermaßen erstaunt, Sie hier zu sehen. Ich dachte, Sie wären Yogalehrerin.» Abfällig mustert sie mein Outfit und fragt dann schnippisch: «Umgeschult?»
    Alles an dieser Frau ist wie ihr protziger Ring: pure Provokation. Fehlt nur noch, dass sie den Stein anhaucht und poliert, denke ich zynisch. Doch dann ermahne ich mich. Durchatmen! Wenn ich Ben helfen will, muss ich professionell bleiben und darf keine falschen Schritte tun.
    «Ähm, wir sollten in den Behandlungsraum gehen», schlage ich vor, um die Situation zu entschärfen. «Da spricht es sich leichter als zwischen Tür und Angel.»
    Mit einer wegweisenden Geste zeige ich die Richtung an, schließe die Tür und schreite hocherhobenen Hauptes voran.
    «Hübsch bunt hier», urteilt Vera Paulsen spitz, als sie das Zimmer betritt. «Als würde man in einer Bonbontüte wohnen.»
    Ben ignoriert ihre plumpe Bemerkung genau wie ich und nimmt auf einem der Stühle vor dem Schreibtisch Platz.
    Was soll man auch zu einer Frau sagen, die in einer vollkommen sterilen Wohnung lebt und Männer verfolgt, dienichts von ihr wollen, frage ich mich und öffne das Fenster. Draußen zieht ein Gewitter auf. Aber hier drinnen ist die Luft jetzt schon zum Schneiden.
    Frau Paulsen setzt sich neben Ben und rückt den Stuhl extra nah an ihn heran.
    Ich straffe die Schultern und atme nochmal unauffällig durch. Normalerweise würde ich jetzt Getränke anbieten. Aber dann müsste ich Ben mit dieser Irren allein lassen. Und ich habe das sichere Gefühl, er verzichtet lieber auf etwas zu trinken.
    «Nun   …» Bewusst ruhig setze ich mich an den Schreibtisch, nehme die Brille ab und sehe Vera direkt in die Augen. «Um Ihre Frage von vorhin zu beantworten: Ich arbeite drei Tage die Woche als Therapeutin. Das Yogastudio ist sozusagen mein Ausgleich für den extremen Stress, der sich hier zwangsläufig ergibt. Yoga ist ein Hobby, wenn Sie so wollen.»
    Veras Miene ist deutlich anzusehen, dass sie mir nicht glaubt.
    «Für mich ist Yoga im weitesten Sinne sogar therapeutisch», starte ich einen neuen Versuch. «Manche Kollegen gehen segeln oder wandern, andere ergeben sich dem Alkohol, was   –»
    «Ein höchst interessantes Thema,
Dr.   Nitsche
», fällt mir Vera süffisant ins Wort. «Aber im Moment habe ich leider keine Zeit für Ihr

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