Cowboy - Riskanter Einsatz
anderen SEALs sprach. Er war ausnehmend gut gebaut. Wie er sie immer wieder anlächelte … Es war einfach unglaublich. Hier saßen sie nun, mitten in einer von Terroristen besetzten Botschaft. Und was tat Jones? Er schenkte ihr sein vielversprechendstes Schlafzimmerlächeln. Er wirkte so entspannt, als würde er in einer Bar am Tresen lehnen, ihr einen Drink ausgeben und darauf warten, ob sie auf sein Flirten einging oder nicht. Aber das hier war keine Bar. Dies war ein Kriegsschauplatz. Dennoch sah Jones ganz so aus, als hätte er seinen Spaß. Und genauso verhielt er sich auch.
Wer war dieser Typ? Entweder er war sehr dumm, sehr mutig oder schlicht und einfach verrückt.
Verrückt, entschied Melody. Er ließ sich ein Bündel Umhänge von einem der anderen SEALs reichen. Unter seinem eigenen trug er eine dunkle Weste, in der alle möglichen Werkzeuge und Waffen verstaut zu sein schienen. Außerdem war er mit einem nahezu unsichtbaren Headset ausgestattet, ähnlich denen, die Callcenter-Mitarbeiter zu tragen pflegten, nur viel kleiner.
Was für ein Mensch musste man sein, um mit einer solchen Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen?
Jones warf Chris Sterling einen Umhang zu und ihr einen zweiten. Zusammen mit einem unwiderstehlichen Lächeln. Schon wieder.
Es fiel ihr schwer, nicht zurückzulächeln.
Sie sah zu, wie er mit jemandem außerhalb des Zimmers sprach und gleichzeitig schnell und geschickt den immer noch bewusstlosen Kurt Matthews in den dritten Umhang hüllte.
Er sprach über Sandalen. Sandalen waren offenbar ein wenig schwerer zu beschaffen als Umhänge. Zumindest war es schwierig, welche in ihrer Schuhgröße aufzutreiben.
„Dann wird sie eben in Socken laufen“, entschied schließlich einer der anderen SEALs.
„Es ist kalt da draußen“, widersprach Jones.
„Das macht nichts“, erklärte Melody. „Ich will jetzt endlich hier raus.“
„Also los“, sagte der Schwarze. „Aufbruch, Cowboy. Cat kontrolliert den Hinterausgang. Los jetzt!“
Jones wandte sich an Melody. „Ziehen Sie die Schuhe wieder an. Schnell.“
„Aber Sie sagten doch …“
Er drückte sie auf einen Stuhl und zog sie ihr kurzerhand selbst an. „Lucky, hast du dein Isoband dabei?“
„Das weißt du doch.“
„Kleb ihr die Sohle ab“, befahl Jones und drückte den zugebundenen Schuh an Melodys rechtem Fuß dem anderen SEAL in die Hand.
Lucky machte sich ans Werk, während Jones sich um den linken Schuh kümmerte. Er benutzte dazu ein silbergraues Isolierband, das genau wie bei Lucky in seiner Weste steckte.
Das Isolierband deckte das Profil ab und stellte so sicher, dass sie beim Gehen keine auffälligen Spuren hinterließ.
„Die Sohlen könnten jetzt rutschig sein.“ Jones kniete vor ihr, ihren Fuß auf seinem Oberschenkel wie ein Schuhverkäufer. „Und wir müssen darauf achten, dass wir sie rechtzeitig neu abkleben, bevor das Isoband abgenutzt ist. Achten Sie selbst mit darauf?“
Melody nickte.
Er lächelte. „Braves Mädchen.“ Dann zog er sein Mikrofon vor seine Lippen. „Okay, Cat, wir sind so weit. Wir kommen jetzt raus.“ Er wandte sich an Melody. „Sie kommen mit mir. Was immer auch passiert, Sie bleiben dicht bei mir. Tun Sie ganz genau, was ich sage. Stellen Sie keine Fragen – tun Sie es einfach. Verstanden?“
Melody nickte erneut. Sie war sein Mädchen. Und sie konnte sich nichts anderes vorstellen, was sie in diesem speziellen Augenblick lieber gewesen wäre.
„Wenn Schüsse fallen“, fuhr er fort – und dabei war sein Gesichtsausdruck ausnahmsweise mal ernst –, „dann gehen Sie hinter mir in Deckung. Ich werde Sie beschützen. Dafür müssen Sie mir vertrauen, zu zweihundert Prozent.“
Melody konnte den Blick nicht von seinen leuchtend grünen Augen lösen. Sie nickte noch einmal.
Vielleicht war dieser Mann ja wirklich verrückt. Auf jeden Fall aber war er unglaublich mutig. Er war in diese Terroristenhochburg geeilt, um sie zu retten. Er war in Sicherheit gewesen, hatte sich aber dennoch entschlossen, diese Sicherheit aufzugeben und sein Leben für sie zu riskieren. Ich werde Sie beschützen. So kühn und selbstbewusst seine Worte auch klangen, in Wirklichkeit konnten sie beide schon in wenigen Minuten tot sein.
„Falls etwas schiefgeht …“, begann sie, um ihm zu danken. Wenn wirklich etwas schiefging, würde sie keine Gelegenheit mehr dazu bekommen. Ihr war zweifelsfrei klar, dass er zuerst sterben würde. Dass er die Kugeln abfangen würde, die für sie
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