Cowboy - Riskanter Einsatz
dabeihatte. Sich durch feindliches Gelände zu bewegen war schon für zwei SEALs allein schwierig genug. Mit einer Zivilistin im Schlepptau war es um Etliches schwieriger. Aber das größte Problem lag noch vor ihnen: Sie mussten über die Grenze.
Er warf einen Blick auf Melody. Sie lächelte zaghaft zurück. Das beunruhigte ihn, machte ihn aber auch stolz.
Ihr Vertrauen zu ihm war offensichtlich. Er war nicht der Einzige der Alpha Squad, der ihre Bitte, bei ihm bleiben zu dürfen, gehört hatte. Unter normalen Umständen hätte diese aufgeschnappte Bemerkung dazu geführt, dass man ihn gnadenlos aufgezogen hätte. Cowboy Jones, der notorische Herzensbrecher, hatte wieder mal zugeschlagen.
Aber jeder der anderen Männer wusste: Melodys Bitte bewies nur, dass Cowboy seinen Job erledigt hatte, und zwar gut. Es war nicht leicht, das bedingungslose Vertrauen einer Geisel zu gewinnen. Kurt Matthews Verhältnis zu Cowboy war zum Beispiel ein deutlich anderes.
Das Mädchen aber vertraute ihm. Er sah es in ihren Augen, wann immer er sie anschaute. Es stand völlig außer Zweifel, dass er im Laufe weniger Stunden der wichtigste Mensch in ihrem Leben geworden war.
Er hatte recht viel Zeit investiert, um die Gefühle und Ängste zu studieren, die eine solche Rettungsmission bei Geiseln auslösten. Er hatte doppelt so viel Zeit investiert, um zu lernen, wie er selbst reagieren würde. Er musste sein eigenes Verhalten in Situationen, bei denen es auf Leben und Tod ging, vorhersehen können.
Was ihn an Melodys Lächeln am meisten beunruhigte, war denn auch nicht die Tatsache, dass er zum Mittelpunkt ihrer Welt geworden war. Nein, was ihn am meisten beunruhigte, war der Umstand, dass sie es irgendwie geschafft hatte, zum Mittelpunkt seines Lebens zu werden.
Er wusste, dass so etwas passieren konnte. Die Gefahr, vereint mit der gewaltigen Verantwortung für das Leben des anderen und einer sehr natürlichen und ehrlichen sexuellen Anziehung, rief mitunter Emotionen hervor, die weit über das normale Maß hinausgingen.
Seine unangemessene Reaktion auf dieses Mädchen war ihm erstmalig bewusst geworden, als sie sich vor den Patrouillen in der Stadt verstecken mussten. Sie hatte sich eng an ihn gedrängt, und er hatte den Arm um sie gelegt. Alles ganz normal. Sie hatte ihren Kopf an seine Brust gelehnt. Auch daran, dass sie auf diese Weise Kraft und Halt bei ihm suchte, war noch nichts Außergewöhnliches.
Aber dann, neben dem scharfen Schuhcreme-Geruch in ihrem Haar und dem feineren, aber dennoch nicht weniger scharfen Ton von Angstschweiß, der alle ehemaligen Geiseln umgab, war ihm noch ein anderer Duft aufgefallen. Ein süßer, ausgesprochen weiblicher.
Und genau in dem Augenblick, in dem die Nachtpatrouille keinen Meter von ihnen entfernt war und nur noch Sekundenbruchteile sie von Entdeckung und Tod trennten, fühlte er, wie Melody sich entspannte. Die Anspannung der anderen Geiseln und der SEALs war greifbar, aber Melody war einfach in seinem Arm eingeschlafen.
In dem Moment wurde ihm klar, dass sie ihm mehr vertraute als je ein Mensch zuvor. Ihr Glaube an ihn war so stark, dass er ihre Angst besiegte. Ihr Leben lag in seiner Hand, und sie hatte es ihm bereitwillig anvertraut. Wenn sie sterben würde, dann nur, weil es keine Möglichkeit der Rettung gab. Darauf verließ sie sich voll und ganz.
Und in diesem Moment, in ihrem Versteck zwischen den Mülltonnen in der kleinen Seitengasse, in diesem Moment wurde Cowboys Leben auf den Kopf gestellt. Er spürte, wie sein Herz anfing zu rasen, wie sein Körper auf ihre Nähe reagierte.
Er hätte es als schlichtes sexuelles Begehren abtun können, wenn es nicht wieder und wieder passiert wäre. Und zwar sogar dann, wenn sie nicht einmal körperlichen Kontakt hatten. Dieses Mädchen brauchte ihn nur anzulächeln, und ihn durchflutete heißes, besitzergreifendes Verlangen.
Cowboy wusste, dass er Joe Cat über seine Empfindungen hätte informieren sollen, bevor sie sich in drei Gruppen aufteilten. Aber er tat es nicht. Er wollte nicht riskieren, dass Cat ihn und Melody trennte. Er wollte unbedingt selbst dafür sorgen, dass sie lebend aus diesem erbärmlichen Land herauskam. Natürlich vertraute er seinen Kameraden – aber um die Gewissheit zu haben, die er brauchte, musste er in ihrer Nähe bleiben und sich eigenhändig um sie kümmern.
Mit Harvards Hilfe.
Als die Sonne über dem Horizont aufging, saßen sie noch eine Weile vor dem Eingang einer kleinen Höhle, die Harvard
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