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Crashkurs

Crashkurs

Titel: Crashkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Müller
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»haben« und »halten« hängen eng zusammen. Die meisten Millionäre leben unter ihren Verhältnissen.
    Mit solchen Sprüchen könnten wir ganze Seiten zupflastern. Aber sie sind dennoch – wahr. Wir bewegen uns in einer Wirtschaftswelt, die davon lebt, dass die Menschen immer schneller immer mehr konsumieren. Nur so kann diese Wirtschaftsform, die wir zum Leben erweckt haben, funktionieren. Gut, eines Tages muss das in der Katastrophe enden, aber bis dahin wird alles unternommen, damit das System funktioniert. Und dafür müssen Sie konsumieren. Da Ihr Einkommen, so gut es auch sein mag, nicht ausreicht, um den zusätzlichen Konsum zu erzeugen, den das Zinseszinssystem benötigt, muss dieses System dafür sorgen, dass Sie Kredite aufnehmen, um schneller konsumieren zu können. So wurde das negativ besetzte Wort »Schulden« langsam, aber zielgerichtet aus dem Sprachschatz entfernt. Heute wird von »Darlehen«, »Konsumentenkrediten« und »vorgezogenen Investitionen« gesprochen. Sie haben bei Ihrer Bank keine Schulden, sondern Sie haben »Kredit«. Das Wort »Kredit« ist positiv besetzt. Kredit hat man doch viel lieber als Schulden, die für Schuld stehen, nicht wahr?
    Aber diese Schulden führen Sie in die Zinseszins-Falle. Warum wird bei keinem Hauskauf an irgendeiner Stelle mal die Summe genannt, die Sie am Ende des Kreditvertrags inklusive aller Zinsen und Zinseszinsen nebst Gebühren wirklich für Ihr Haus bezahlt haben? Warum sagt Ihnen niemand, was der Fernseher, den Sie über 48 Monate finanzieren, am Ende gekostet haben wird? Weil Sie dann vermutlich erschreckt den Stift fallen lassen und lieber doch noch eine Weile in die Röhre statt auf ein Flachbild schauen. Ja, man nennt Ihnen häufig schon gar nicht mehr den echten Preis für ein Gerät. Denken Sie an die Prospekte, auf denen nur noch groß die Ratenpreise angegeben sind: eine Waschmaschine für nur 38 Euro pro Monat.
    Damit Sie sich alle zwei Jahre ein neues Handy kaufen, was Sie unter normalen Umständen nie machen würden, wird der Preis einfach in die täglichen Gebühren mit eingerechnet. Auf diese Weise werden Sie gezwungen, sich alle zwei Jahre ein neues Handy zu kaufen. Und am Ende freuen Sie sich noch: »Hey, ein neues Handy für nur einen Euro, geil!« Dass die Kunden das Gerät vorher selbst monatlich abbezahlt haben, bemerkt fast keiner.
    Die Kreditindustrie lief bis zur Finanzkrise nahe am Drehzahlbegrenzer, wenn nicht schon im roten Bereich. Während der Krisenmonate 2007 und 2008 wurde es merklich leiser. Alle Institute brauchten dringend Geld und konnten keine Kredite gewähren, wie sie wollten. Das war es, was die Weltwirtschaft ins Straucheln brachte. Nicht die Schieflage der Banken oder die billigeren Immobilien, sondern das Stotterndes Kreditmotors. Die Verbraucher konnten nicht mehr auf Pump konsumieren, wie es das System dringend benötigt. Wenn es eine Rettung gibt, dann also nur über eine schnelle Reparatur des Kreditturbos. 700 Milliarden US-Steuerdollar sind ja mal ein guter Anfang, um den Motor wieder zu schmieren.
    Wenn wir im Hoffnungsszenario sind, ist der Motor repariert und röhrt wieder – und zwar wie selten zuvor. Die Kredittrommeln sind so laut wie einst die Kriegstrommeln. Der Kreditmotor setzt zu einem möglicherweise letzten Supersprint an, wird wieder in den roten Drehzahlbereich hineinkatapultiert – bis in einem nicht kalkulierbaren Moment die Kolben mit einem lauten Schlag durch die Motorhaube brechen und das ganze Wirtschaftsvehikel in einer großen Qualmwolke zum Stehen kommt wie einst Felipe Massa im Ferrari.
    Für Sie muss deshalb gelten: Vermeiden Sie Schulden um jeden Preis! Leben Sie unter Ihren Verhältnissen, bis Sie die Schulden reduziert haben. Benutzen Sie das Wort »Schulden« und nicht das Wort »Kredit«. Das macht die Situation realer.
    Lassen Sie sich nicht zum Werkzeug der Kreditindustrie machen. Alle Generationen vor uns wussten: Schulden sind schlecht! Ich kaufe mir nur, was ich mir heute auch leisten kann. Lediglich beim Hausbau waren unsere Väter bereit, Schulden zu machen, bemühten sich aber, diese so schnell wie möglich wieder loszuwerden.
    Ihre Großmutter wusste noch genau: Wer Kredite aufnimmt, um alte Kredite zurückzuzahlen, kann nur in der Katastrophe enden. Dennoch lebt uns die Regierung genau das seit einigen Jahrzehnten vor und ermutigt uns, es ihr gleichzutun. Der Bürger muss konsumieren. Bert Rürup, einer der fünf »Wirtschaftsweisen«, sagte 2007: »Das Jahr

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