CRAVING (German Edition)
Ablehnung indem er sie einfach ignorierte. Mit vierzehn wunderte
sie sich darüber dass sie keinen richtigen Busen und keine
Regelblutung,wie die anderen Mädchen, bekam. Und wieder wurde ihre
Frage danach mit, das sei eben so beantwortet,nur dass ihre Mutter noch
hinzufügte dass sie keine Kinder bekommen könne. Fertig. Mittlerweile
glotzten die anderen Mädchen aus ihrer Klasse sie blöd an, wenn sie nach
dem Sport duschten und über ihre fehlende Schambehaarung tuschelten.
Ihre Mutter fragte sie danach nicht mehr. Irgendwie war ihr klar dass sie
die Antwort schon kannte. Mit fünfzehn ging sie heimlich zu einem
anderen Arzt,selbst eine weitere peinliche Untersuchung auf einem
Gynäkolognstuhl war ihr eine Antwort auf all ihre Fragen wert. Sie hatte
eine Arzthelferin ihres Kinderarztes dazu gebracht ihr eine Überweisung
zu einem anderen Frauenarzt auszustellen. Irgendeinem Frauenarzt,nur
nicht der bei dem sie schon war. Die Arzthelferin schickte sie zu ihrem
eigenen Arzt. Zu ihrer Überraschung war der Arzt eine Frau...ein Umstand
der eigentlich nicht sein konnte. Ihr Vater hatte doch immer von den fünf
Aufgaben einer Frau gesprochen...ein Medizinstudium hatte er nicht
erwähnt. Die Ärztin erklärte ihr sehr feinfühlig die Diagnose einer
Ultraschalluntersuchung und Lena begriff erst nach einer Weile was ihr die
Ärztin da erzählte. Sie begann mit der Tatsache dass ihre Vagina zu kurz
war und blind endete. Sie besaß also keine Gebärmutter und könne
deswegen keine Periode und keine Kinder bekommen. Die Ärztin erklärte
ihr weiter das sie anstelle des Uterus ,Hoden besaß, die in den Labien den
großen Schamlippen steckten. Damals überlegte Lena was sie mit Hoden sollte. Das waren doch die Dinger die die Jungs hatten. Die Ärztin
brauchte einige Zeit um ihr klar zumachen,dass sie einen seltenen
genetisch bedingten Rezeptordefekt hatte. Er kam bei einer von
zwanzigtausend Geburten vor und hatte einen Namen. CAIS, complete
Androgen
insensitive
Syndrome...zu
deutsch:komplette
Androgenresistenz.
Ihr Körper reagierte aus irgendeinem Grund nicht auf Testosteron,einem
wichtigem Sexualhormon,wie die Ärztin erklärte. Ein Hormon dass die
sekundären Geschlechtsmerkmale und das Wachstum und Funktion von
Penis und Skrotum -dem Hodensack- fördert. Testosteron wird in den
Leydigischen Zwischenzellen in den Hoden produziert,und wenn ihr
Körper normal auf dieses Hormon reagiert hätte,hätte sie sich im
embryonalen Stadium zu einem Jungen entwickelt. Weil die Hoden aber
auch
geringe
Mengen
Östrogen,dem
wichtigsten
weiblichen
Geschlechtshormon produzieren,und zudem im Fettgewebe Testosteron
durch ein Enzym,die sogenannte Aromatase in Östrogen umgewandelt
wird, entwickelte sich ihr Körper weiblich. Die Ärztin nahm ihr zur
Diagnosesicherung noch Blut ab ,um ein Karyogramm zu erstellen,wie sie
erklärte und entließ sie nach Hause. Zwei Wochen später saß Lea wieder
in der Praxis und erfuhr das sie Karyotyp sechsundvierzig XY war. Der
übliche Karyotyp eines Mannes.
Versunken in griff Lena zur nächsten Zigarette und dachte daran dass sie
ihren Eltern nichts von ihren heimlichen Arztbesuchen erzählte. Erstens
weil sie es sowieso schon wussten und zweitens hatte sie begriffen warum
sie für ihren Vater zu so einem unaussprechlichen Mysterium geworden
war. Sie tat so als wäre nichts passiert. Als wäre sie Ahnungslos rannte sie
weiterhin alle sechs Wochen zum Arzt um sich Blut abnehmen zu lassen.
Mittlerweile kannte sie auch hierfür den Grund. Ihre Hoden waren einer
höheren Umgebungstemperatur ausgesetzt, da sie keinen Hodensack
besaß,dadurch bestand ein erhöhtes Krebsrisiko,und das musste überwacht
werden. Irgendwann,wahrscheinlich nach der Pubertät,auch das wusste
sie,würde ihre Mutter ihr mitteilen dass sie Operiert werden müsse.
Vermutlich würde sie irgendetwas von Blindarm erzählen ,dachte sie
damals. Äußerlich entwickelte sich Lena weiter zu einer Frau,auch ihr
Busen entwickelte sich irgendwann normal, es dauerte nur länger. Und sie
wurde groß,sehr groß für ein Mädchen,mit siebzehn maß sie knapp eins
achtzig. Von ihrer Familie wurde sie inzwischen völlig ignoriert, was
soweit ging dass ihr Vater das Zimmer verließ wenn sie hinein kam. Wie
begann ihren Vater zu hassen,nicht nur weil sie für ihn Luft war ,sondern
auch weil er ihre Mutter dazu brachte sie ebenfalls wie eine Aussätzige zu
behandeln. In Gegenwart des Vaters waren die Kontakte auf das nötigste
eingeschränkt. Wenn er nicht da
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