Crazy Moon
Versuch die Welt zu verbessern. In dem Moment, wo du es versuchst, dich darum bemühst, hast du schon etwas gewonnen. Etwas Wunderbares. Und das, bevor du richtig angefangen hast. Denn Versuchen ist alles. Denk nicht ans Scheitern oder ans Versagen. Wenn etwas, für das du dich anstrengst, um das du dich bemühst, nicht so läuft, wie du es wolltest, versuch es gleich noch mal. Stolz und mit hocherhobenem Kopf. Versuch es immer, immer wieder. Und
noch
einmal. Nicht aufgeben, auf keinen Fall aufgeben!«
Nicht aufgeben.
Ich dachte an den Abend mit Norman, den ich gerade erlebt hatte. Gleichzeitig blickte ich zu Morgan hinunter. Sie war so glücklich gewesen, weil Mark sich für sie entschieden hatte. Wo der funkelnde kleine Diamantring jetzt wohl war?
Nicht aufgeben.
|265| 14
Außer Norman und mir tauchte am nächsten Morgen niemand bei der Arbeit auf. Morgan war für die Schicht eingeteilt, aber selbst als ich nach den Vorbereitungen, die ich allein erledigte, das Restaurant schließlich öffnete, war von ihr weit und breit nichts zu sehen. Zum Glück herrschte nicht viel Betrieb, so dass ich es gut allein schaffte, die Gäste zu bedienen. Ich hatte gedacht, dass es vielleicht komisch sein würde mit Norman, aber das stimmte nicht. Wir aßen fettfreie Kartoffelchips, spielten Galgenmännchen und hörten Radio. Irgendwann verzog Norman, der alte Geheimniskrämer, sich in eine Ecke und schrieb einen Einkaufszettel für das Spezialdinner des heutigen Abends. Obwohl ich mich darauf freute, war ich trotzdem erleichtert, als ich das Last Chance gegen drei für den Nachmittag schließen und nach Hause gehen konnte, um rauszufinden, was dort lief.
»Es ist eine echte Katastrophe, Mira.« Ich hörte Isabels Stimme, noch bevor ich das Haus richtig betreten hatte. »Heute Morgen bin ich extra früh aufgestanden und den ganzen Weg bis zu Starbucks gefahren, um diesen aromatisierten Schickimicki-Kaffee zu kaufen, auf den sie so abfährt. Aber als ich zurückkam, hatte sie mich ausgesperrt! Sie heult ununterbrochen und hört nur |266| noch Patsy Cline. Das heißt, die Lage ist ernst, Mira. Richtig ernst.«
Ich ging ins Atelier. Mira saß an ihrem Zeichentisch, Isabel hockte auf dem Sofa. Beide tranken Eistee und sahen sehr besorgt aus. Durch das Fenster drang Musik aus dem kleinen weißen Haus zu uns rüber. Traurige Musik.
»Ihr Herz ist gebrochen.« Mira steckte einen Stift ins Haar. »Du kannst nichts weiter tun als warten, bis es vorbei ist.«
»Aber ich will für sie da sein. Ich war bisher immer für sie da, wenn sie so fertig war wie jetzt. Ich kapier einfach nicht, warum plötzlich alles meine Schuld ist.« Isabel sah furchtbar aus: Die Haare zu einem unordentlichen Pferdeschwanz zusammengebunden, keine Spur von Makeup, Jeans, ein rotes T-Shirt mit Löchern. Sie bemerkte meinen Blick und fauchte: »Ich dachte, ich sei nur mal kurz unterwegs.«
»Ist ja schon gut.« Ich hatte wirklich keinen Bock, mir mal wieder ihren Zorn zuzuziehen, vor allem heute nicht.
»Irgendjemandem muss sie die Schuld geben«, sagte Mira, als sei das eine Erklärung.
»Und warum nicht Mark?« Isabel knallte ihr Glas auf den Tisch. »Schließlich hat
er
sie betrogen, eine andere geheiratet und geschwängert. Alles, was ich gemacht habe, war . . .«
Mira schnitt ihr das Wort ab: »Du hast ihr die Wahrheit über ihn gesagt. Dass er ein Mistkerl ist, der sie belogen und betrogen hat. Dass er ihr über kurz oder lang schrecklich wehtun würde.« Mira schüttelte mitleidig den Kopf. »Verstehst du nicht, Isabel? Es ist ihr peinlich. |267| Sie fühlt sich gedemütigt. Und sie braucht dich nur anzusehen, um zu wissen, dass du die ganze Zeit über Recht hattest.«
»Ich wollte aber gar nicht Recht haben«, wandte Isabel ein. »Ich wollte bloß, dass er ihr nicht wehtut.«
»Aber es ist nun mal passiert. Und jetzt muss sie erst den Schock überwinden, wieder zur Besinnung kommen und sauer werden, richtig wütend. Auf ihn. Bis dahin hältst du dich lieber von ihr fern. Der Zeitpunkt ist sowieso denkbar ungünstig, wegen der Mondfinsternis. Totales Chaos überall.«
Isabel verdrehte die Augen. »Aber ich wohne auch da«, grummelte sie. »Ich komm nicht mal an meine Klamotten ran.«
»Lass ihr Zeit.« Mira blickte auf ihren Zeichentisch. Ihre Miene hellte sich auf: »Du könntest ihr aber auch eine Karte schenken, das wäre sogar noch besser.«
»Häh?«
»Eine Karte!« Mit grandioser Geste wies Mira auf die Schachteln hinter ihr im Regal.
Weitere Kostenlose Bücher