Credo - Das letzte Geheimnis
veranlasst.
Der Präsident nahm wieder hinter seinem Schreibtisch Platz. »Also schön, Stan, Sie fangen an.«
»Ja, Mr. President.« Lockwood zog eine Aktenmappe hervor. »Ist Ihnen ein Fernsehprediger namens Don T. Spates ein Begriff? Er leitet von Virginia Beach aus eine virtuelle Gemeinde, die sich God’s Prime Time Ministry nennt.«
»Sie meinen den Kerl, den sie dabei erwischt haben, wie er es gleich mit zwei Nutten getrieben hat?«
Die Herren im Raum glucksten dezent. Der Präsident, ein ehemaliger Strafverteidiger aus den Südstaaten, war für seine unverblümte Ausdrucksweise bekannt.
»Ja, Sir, genau den meine ich. Er hat in seiner Sonntagspredigt im christlichen Kabelfernsehen das Isabella-Projekt zum Thema gemacht. Hat richtig vom Leder gezogen. Im Wesent-lichen behauptet er, dass die Regierung vierzig Milliarden an Steuergeldern dafür ausgegeben hat, das Buch Genesis zu widerlegen.«
»Das Isabella-Projekt hat doch nichts mit der Genesis zu tun.«
»Selbstverständlich. Das Problem ist, dass er damit anscheinend einen Nerv getroffen hat. Soweit mir bekannt ist, haben einige Senatoren und Kongressabgeordnete zahlreiche E-Mails und Anrufe diesbezüglich erhalten. Und jetzt auch Ihr eigenes Büro. Diese Sache ist so groß, dass wir irgendwie darauf reagieren sollten.«
Der Präsident wandte sich an seinen Stabschef. »Ist das auch auf Ihrem Radarschirm aufgetaucht, Roger?«
»Bisher fast zwanzigtausend E-Mails, sechsundneunzig Prozent davon gegen Isabella.«
»Zwanzig
tausend?
«
»Ja, Sir.«
Lockwood warf einen Seitenblick auf Galdone. Dessen steinerne Miene gab rein gar nichts preis. Galdones typische Methode war, abzuwarten und als Letzter zu sprechen. Lockwood hasste Leute, die so vorgingen.
»Wir sollten im Kopf behalten«, sagte Lockwood, »dass zweiundfünfzig Prozent der amerikanischen Bevölkerung nicht an die Evolution glauben – und bei denen, die sich selbst als Republikaner bezeichnen, sind es sogar achtundsechzig Prozent. Die Attacke gegen Isabella fällt genau in dieses Raster. Das könnte eine Art Glaubensfrage werden – und damit sehr hässlich.«
»Woher haben Sie diese Zahlen?«
»Aus einer Gallup-Umfrage.«
Der Präsident schüttelte den Kopf. »Wir bleiben bei unserer Linie. Amerika muss auf den Gebieten der Forschung und Technologie weltweit konkurrenzfähig bleiben, und dafür brauchen wir das Isabella-Projekt. Nachdem wir jahrelang hinterhergehinkt sind, haben wir nun die Europäer und die Japaner überholt. Das Isabella-Projekt ist gut für die Wirtschaft, gut für unsere Forschung und Entwicklung, gut fürs Geschäft. Es könnte uns helfen, unseren Energiebedarf zukünftig selbst zu decken, und uns unabhängig vom Öl aus dem Nahen Osten machen. Stan, geben Sie dahin gehend eine Presse erklärung raus, organisieren Sie eine Pressekonferenz, machen Sie ein bisschen Lärm. Wir bleiben bei unserer Message.«
»Ja, Mr. President.«
Nun war Galdone an der Reihe. Sein massiger Körper rutschte auf dem Sessel herum. »Wenn das Isabella-Projekt jede Menge gute Nachrichten hervorbringen würde, wären wir nicht so angreifbar.« Er wandte sich Lockwood zu.»Dr. Lockwood, können Sie uns sagen, wann die Probleme da draußen endlich behoben sein werden?«
»In allerhöchstens einer Woche«, sagte er. »Wir haben die Sache im Griff.«
»Eine Woche ist sehr lang«, sagte Galdone, »wenn ein Mann wie Spates die Buschtrommel rührt und schon mal die Gewehre ölt.«
Lockwood verzog ob dieser Mischung von Metaphern das Gesicht. »Mr. Galdone, ich möchte Ihnen versichern, dass wir alles in unserer Macht Stehende unternehmen.«
Galdones talgiges Gesicht bewegte sich mit jedem Wort. »Eine Woche«, sagte er mit tiefster Missbilligung.
Lockwood hörte eine Stimme an der Tür des Oval Office, und ihm blieb fast das Herz stehen, als er sah, dass seine eigene Assistentin eingelassen wurde. Es musste wirklich wichtig sein, wenn sie ihn bei einer Besprechung mit dem Präsidenten störte. Sie kam in beinahe komisch unterwürfiger Haltung hereingeschlichen, reichte Lockwood einen Zettel und huschte wieder hinaus. Mit einem flauen Gefühl im Magen faltete er den Zettel auseinander.
Er versuchte zu schlucken, konnte aber nicht. Einen Moment lang spielte er mit dem Gedanken, gar nichts zu sagen, überlegte es sich dann aber anders: Lieber jetzt als später. »Mr. President, ich habe soeben erfahren, dass ein Mitarbeiter des Isabella-Projekts, einer der Wissenschaftler, in einem
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