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Credo - Das letzte Geheimnis

Titel: Credo - Das letzte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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»Ich kann nicht alle auf einmal von der Arbeit abziehen. Sie werden ihre Aussagen in zwei Schichten machen müssen.«
    Greer nahm seine Sonnenbrille ab und sah Hazelius mit harter Miene an. »Ich erwarte, dass alle um sieben Uhr irgendwo versammelt sind. Verstanden?« Er sprach überdeutlich und betonte jedes einzelne Wort.
    Hazelius hielt dem Blick stand, und sein Gesichtsausdruck wirkte milde, alles andere als bedrohlich. »Mr. Greer, ich trage die Verantwortung für eine Vierzig-Milliarden-Dollar-Maschine im Inneren dieses Berges, und wir sind mitten in einem entscheidenden wissenschaftlichen Experiment. Sie wollen doch sicher nicht, dass irgendetwas schiefgeht – vor allem, wenn ich dann den Inspektoren vom Energieministerium sagen müsste, dass ich gezwungen war, die Maschine unbeaufsichtigt zu lassen, weil Sie darauf bestanden haben. Ich muss heute Nacht mindestens drei Teammitglieder im Berg lassen. Sie werden Ihnen morgen früh zur Verfügung stehen.«
    Eine lange Pause, dann nickte Greer knapp. »Schön.«
    »Wir sind um sieben im alten Handelsposten«, sagte Hazelius. »Das ist das große Blockhaus – Sie können es nicht verfehlen.«
    Ford ging zurück zum Jeep und stieg ein. Kate folgte ihm. Er startete den Wagen und lenkte ihn wieder auf die Straße.
    »Ich kann das gar nicht glauben«, sagte Kate mit zitternder Stimme und bleichem Gesicht. Sie kramte in ihrer Tasche, holte ein Taschentuch heraus und wischte sich die Augen. »Wie schrecklich«, sagte sie. »Ich kann es … einfach nicht fassen.«
    Während der Jeep die Straße entlangbrummte, erhaschte Ford einen letzten Blick auf die beiden Kojoten, die ihr Mahl beendet hatten und jetzt das Treiben beobachteten und sich außer Reichweite herumdrückten, in der Hoffnung auf einen Nachschlag.
    Trotz ihrer Schönheit, dachte er, war die Red Mesa ein erbarmungsloser Ort.

    Um Punkt sieben Uhr folgte Lieutenant Joseph Bia den Agenten Greer und Alvarez in den ehemaligen Nakai-Rock-Handelsposten. Er kannte diesen Ort noch aus seiner Kindheit;damals war der alte Weindorfer der Händler hier gewesen. Nostalgie überkam ihn. Im Geiste konnte er den alten Laden noch vor sich sehen – die Mehltonne, die zum Verkauf gestapelten Ofenrohre, die Halfter und Lassos, die Gläser voller Süßigkeiten. Im Hinterzimmer wurden damals die Teppiche gestapelt, die Weindorfer als Tauschware nahm. Durch die Dürre im Winter 1954/55 kam die Hälfte aller Schafe auf der Mesa um, doch vorher hatten sie das Land regelrecht geschält. Damals holte Peabody Coal fast zwanzigtausend Tonnen Kohle pro Tag aus diesem Berg. Die Stammesregierung hatte Geld von dem Kohlekonzern bekommen; davon zahlten sie allen, die auf der Mesa wohnten, eine Entschädigung und quartierten sie in die sozialen Wohnbausiedlungen in Blue Gap, Piñon und Rough Rock um. Seine Eltern hatten zu denen gehört, die nach unten umgesiedelt wurden. Bia war heute zum ersten Mal seit fünfzig Jahren wieder hier. Das Haus sah völlig anders aus, aber er konnte noch den alten Duft nach Holzrauch, Staub und Schafwolle riechen.
    Die Wissenschaftler hatten sich eingefunden, neun insgesamt, und alle warteten angespannt. Sie sahen völlig fertig aus, und Bia hatte das Gefühl, dass hier, abgesehen von Wolkon skis Tod, noch etwas nicht in Ordnung war. Und zwar schon seit einer ganzen Weile. Er wünschte nur, sie hätten den Fall nicht Greer übertragen. Greer war früher einmal ein guter Agent gewesen, bis ihm das passiert war, was allen guten Agenten irgendwann passierte: Er war zum leitenden Special Agent befördert und dadurch ruiniert worden, dass er die meiste Zeit über nur noch Papier von A nach B schieben musste.
    »Guten Abend, Leute«, sagte Greer, nahm seine dunkle Brille ab und ermahnte Bia mit einem Blick, dasselbe zu tun.
    Bia ließ seine auf. Er schätzte es nicht, wenn ihm jemand sagen wollte, was er zu tun hatte. Er war schon immer so gewesen – das lag ihm im Blut. Sogar seinen Nachnamen, Bia,verdankte er der Tatsache, dass sein Großvater sich geweigert hatte, seinen Familiennamen zu nennen, als er zwangsweise ins Internat verfrachtet wurde. Deshalb notierten sie damals »BIA« – für Bureau of Indian Affairs, schlicht die Abkürzung der zuständigen Behörde. Viele andere Navajos hatten es genauso gemacht, so dass Bia nun im Reservat ein verbreiteter Name war. Und er war stolz auf diesen Namen. Obwohl all die Bias nicht miteinander verwandt waren, hatten sie etwas gemeinsam – sie ließen sich nicht gern

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