Creepers
dich umbringen lassen, um mich zu retten.« »Ich habe Diane einmal verloren. Ich konnte es nicht ertragen, sie ein zweites Mal zu verlieren. Wenn ich dich und Vinnie nicht retten konnte, dann wollte ich nicht mehr leben.«
»Du hast mich nicht verloren.«
Etwas schnürte ihm die Kehle zusammen. »Wir sollten gehen. Wir müssen Vinnie helfen.«
Sie stolperten durch den dunklen Regen auf die Promenade zu. Als sie die Rinne im Sand erreichten, war Vinnie bewusstlos. Sie hoben ihn hoch.
»Höre ich da ...« Amanda sah sich um.
»Sirenen.«
Atemlos torkelten sie mit Vinnie vorwärts, an der Promenade entlang auf das Geräusch zu. Baienger kam es vor, als gehörten seine Beine nicht wirklich zu ihm, aber er kämpfte sich weiter, so wie Amanda es tat. Er sah sie an. Wie sehr er sich wünschte, dass sie Diane war - oder dass er wenigstens glauben durfte, sie sei Diane. Er musste es laut ausgesprochen haben wie im Delirium, denn Amanda wandte sich ihm zu. »Vergiss es nicht, ich bin nicht sie, aber mich hast du nicht verloren.« Sie erreichten eine Stelle, wo Stufen zur Promenade hinaufführten. Sie stiegen erschöpft hinauf, umrundeten zerbrochene Planken, sanken auf die Knie und stiegen weiter. Das Licht der Flammen wurde heller. Baienger spürte einen warmen Wind, der von dem Feuer herüberwehte. Dann war der Wind heiß, obwohl Baienger nicht aufhören konnte zu zittern. Die Sirenen verstummten. Feuerwehrleute sprangen aus einem Auto. Polizisten kletterten aus ihren Dienstwagen.
Die obere Pyramide des Hotels stürzte ein. Funken flogen. Der vom Feuer ausgehöhlte sechste Stock brach zusammen. Das waren die Goldmünzen, dachte Baienger. Er erinnerte sich an den Double Eagle in seiner Tasche. Die in seine Oberfläche geprägten Worte: In God We Trust.
Polizisten rannten auf sie zu. Einer brüllte: »Was ist denn euch passiert?«
Als Baienger zu Boden sackte, hörte er das deng, deng, deng der schlagenden Metallplatte. Ein weiterer Teil des Gebäudes stürzte in sich zusammen. Aber die Hölle hatte viele Stockwerke. Ebenso wie die Vergangenheit. »Was ist uns passiert?«, murmelte er. Er brachte die Worte kaum heraus. »Das Paragon Hotel.«
Nachwort
Besessen von der Vergangenheit
Jeder Schriftsteller weiß, die Frage, die uns am häufigsten gestellt wird, lautet: »Wo kriegen Sie Ihre Ideen her?« Creepers. Der Begriff selbst war mir bis vor kurzem vollkommen unbekannt, aber ich habe den größten Teil meines Lebens im Bann der ihm zugrunde liegenden Idee zugebracht.
Als ich neun Jahre alt war, lebte meine Familie in einer engen Wohnung über einem Restaurant, dessen Gäste die Trinker aus den vielen Bars der Umgebung waren. (Es lag in einer Stadt namens Kitchener im südlichen Ontario, Kanada.) Oft hörte ich die Streitereien der Betrunkenen in einem Durchgang unter dem Fenster meines Zimmers. Auch in der Wohnung selbst wurde viel gestritten. Obwohl meine Mutter und mein Stiefvater niemals handgreiflich wurden, machten die Auseinandersetzungen mir so viel Angst, dass ich in vielen Nächten Kissen unter die Bettdecke stopfte, damit es so aussah, als schliefe ich, während ich hellwach unter dem Bett lag.
Oft flüchtete ich aus dieser Wohnung und streifte auf den Straßen herum, bis ich die Geheimnisse jedes Durchgangs und jedes Parkplatzes im Umkreis von zehn Häuserblocks kannte. Nachträglich wundert es mich, dass ich in diesen Örtlichkeiten nicht in ernsthafte und möglicherweise tödliche Schwierigkeiten geriet. Aber ich war ein Straßenkind und hart im Nehmen, und das Schlimmste, was mir je zustieß, waren ein Katzenbiss am Handgelenk und ein Nagel im Fuß - die allerdings jeweils zu einer Blutvergiftung führten. Verlassene Gebäude - ein Haus, eine Fabrik und ein Wohnblock - faszinierten mich. Die eingeworfenen Fenster, die schimmelnden Tapeten, die abblätternde Farbe, der muffige Geruch der Vergangenheit lockten mich immer wieder zurück. Das interessanteste Gebäude war der Wohnblock, denn er war zwar verlassen, aber nicht leer. Die Bewohner hatten Tische, Stühle, Geschirr, Töpfe, Lampen und Sofas zurückgelassen. Das meiste davon war in einem so üblen Zustand, dass offensichtlich war, warum es nicht mitgenommen worden war. Trotzdem schufen diese Tische und Stühle und Gefäße zusammen mit den Zeitungen und Zeitschriften, die ebenfalls zurückgeblieben waren, die Illusion, dass immer noch Menschen hier lebten - geisterhafte Überbleibsel des Lebens, das einmal in dem Gebäude
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