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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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Verlobung mit Mr Roger Appleby, dem Sohn von Colonel und Mrs A. Appleby aus Windsor. Lulu sah zauberhaft aus, und der Verlobungsring war so groß, dass er für ihre Hand fast zu schwer wirkte.
    Also keinerlei Reue.
    Nightingale packte die Briefe wieder zusammen und war seltsam enttäuscht. Die Abenteuerlust, mit der sie sich auf diese Erkundung gemacht hatte, war verflogen, sie war erschöpft und spürte, dass sie Kopfschmerzen bekam. In der Nacht konnte sie lange nicht einschlafen, und als ihr schließlich doch die Augen zufielen, träumte sie von verlassenen, weinenden Kindern und vom Lachen ihres Vaters hinter einer Reihe verschlossener Türen. Um ein Uhr morgens holte sie sich ein frisches Glas Wasser und lag wieder lange wach, hörte die Uhr ihres Großvaters die Stunden schlagen. Irgendwann nach drei fiel sie wieder in einen unruhigen Schlummer, in dem sie von Träumen aus ihrer Kindheit heimgesucht wurde. Als sie mühsam wieder aufwachte, sangen die ersten Vögel.
    Nach dem Frühstück joggte Nightingale lange oben auf den Klippen, ließ sich anschließend aufs harte Seegras fallen und starrte in den Himmel. Körperlich war sie so fit wie seit Jahren nicht mehr. Sie war nicht mehr knochig, sondern hatte geschmeidige Muskeln unter einer braun gebrannten Haut. Ihr Gesicht schien um Jahre verjüngt, und von den Anspannungsfalten, die sie nie wieder loszuwerden befürchtet hatte, war nichts mehr zu sehen. Sie war nicht gewillt, wieder zu einem nervösen Wrack zu werden.
    Zurück im Haus trank sie einen halben Liter Orangensaft und machte sich dann an die Gartenarbeit, den Kopf voller bitterer Kindheitserinnerungen. Sie war ein kräftiges Kind gewesen, im Gegensatz zu ihrem kränklichen Bruder. Simon war wie etwas Kostbares und Zartes behandelt worden, während sie die Zähe gewesen war, von der man erwartete, dass sie ihr Leben ohne Probleme bewältigte.
    Zuerst hatte sie versucht, sich die Zuneigung ihrer Eltern dadurch zu verdienen, dass sie das klügste und bravste Kind der Welt war. Gut in der Schule, Auszeichnungen bei den Pfadfindern, Schwimmpokale, Korbballtrophäen, sie hatte alles nach Hause gebracht. Und es hatte nichts geändert. Tropfen fielen auf die Blätter der Sonnenblumen, die sie gerade hochband. Sie sagte sich, es sei Schweiß, und schniefte laut.
    Als es nichts gebracht hatte, die beste Tochter der Welt zu sein, war sie die schlechteste geworden. Eine Rebellin, flegelhaft, unordentlich, schwierig. Vor ihrem vierzehnten Lebensjahr war sie schon von zwei Schulen geflogen, und ihre Mutter hatte die Hoffnung aufgegeben, dass aus ihrer Tochter einmal etwas Anständiges werden würde. Ihr Vater war ihr mit unterkühltem Humor begegnet, wenn sie im Grunde nur mal in den Arm genommen werden wollte. Mehr wäre gar nicht nötig gewesen, ein bisschen Wärme von ihm und ihrer Mutter, Mary, der Eiskönigin.
    Plötzlich kam ihr die Erinnerung an ein Familienpicknick. Sie war von einer Wespe gestochen worden, und ihre Tante und ihr Vater hatten sich besorgt um sie gekümmert, den Stich ausgesaugt, Salbe drauf geschmiert, sie mit dem Versprechen getröstet, ihr ein Eis zu kaufen. Ihre Tante hatte sie fest in beide Arme genommen und die geschwollene Hand geküsst, damit sie nicht mehr so wehtat, doch ihre Mutter hatte sie weggezogen. »Meine Güte, nun mach nicht so ein Getue um sie. Sie ist sowieso schon viel zu verwöhnt!« Sie war acht Jahre alt gewesen.
    Wieder musste Nightingale blinzeln und stellte dann frische Schneckenfallen auf, bis ein kräftiger Westwind eine Regenfront herantrieb, die die Farm mit einem undurchdringlichen Vorhang aus Wasser umhüllte. Trotzdem hatte sie das dringende Bedürfnis, einen Spaziergang zu machen, zog sich ihre Regenjacke über und trat nach draußen. Der Regen prasselte ohrenbetäubend auf sie nieder. Er hatte die Wucht und Dichte einer Massagedusche, und sie gab ihren ursprünglichen Plan auf, zur Klippe hinaufzugehen und das Unwetter in der Bucht zu beobachten. Stattdessen schlug sie den Weg zu dem kleinen Dorf und der Kirche ein.
    Amelia arrangierte gerade die Blumen auf dem Altar. Die schwere Eichentür knarrte, als Nightingale sie aufzog, und Amelia fuhr herum. Nightingale schob ihre Kapuze zurück und winkte beruhigend. Ihr dunkles Haar klebte am Kopf, zersaust und wieder länger. Amelia öffnete erschrocken den Mund. Ihre Hand zuckte nach oben, als wollte sie einen Schlag abwehren, dann beruhigte sich ihr Gesicht.
    »Louise, Sie haben mich erschreckt.« Sie

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