Silver Dragons 02 - Viel Rauch um Nichts-neu-ok-26.12.11
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Innere Schönheit ist gleich äußere Schönheit; das
haben sie uns bei Carrie Fay beigebracht, und wenn du mich fragst, stimmt das
absolut. Ich meine, denk mal darüber nach - so jemand wie du zeigt sich doch
auch nach außen, oder?«
Bevor ich mit dieser merkwürdigen Logik Schritt
halten konnte, wurde mir eine kalte, feuchte Masse, die nach Erde und
Mineralien roch, über den Mund geschmiert. »Mmm-hmm«, konnte ich nur noch
antworten.
»Ich wische dir den Mund ab, aber du darfst nicht
sprechen, Süße. Deine Lippen sollen sich nämlich nicht bewegen, während die
Maske trocknet. Außerdem stimmt es tatsächlich. Sieh dich doch an, zum
Beispiel!«
Die zierliche blonde Frau vor mir hatte mir eine
olivgrüne Lehmmaske auf mein Gesicht aufgetragen. Jetzt trat sie einen Schritt
zurück, um mich zu begutachten. In der einen Hand hielt sie eine kleine Schale
mit einer klebrigen Pampe, die andere steckte in einem Latexhandschuh, der mit
eben diesem Brei überzogen war. Sie schwenkte die Schale. »Du siehst nicht im
Geringsten böse aus, und doch bist du im Begriff, einen Dämonenfürsten zu
heiraten.«
»Sally, ich heirate Magoth nicht...«, setzte ich
an, aber sie unterbrach mich stirnrunzelnd.
»Du sollst doch nicht sprechen, Süße! Das habe ich
dir doch gerade erklärt! Wo waren wir stehen geblieben? Oh ja, wie sehr die
äußere Erscheinung doch täuschen kann.« Sie betrachtete mich noch eingehender,
und ich wand mich auf meinem Stuhl. Ich hatte mich noch nie wohlgefühlt, wenn
ich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand... mit einer bemerkenswerten
Ausnahme. Mein Herz bebte, und ein vertrauter Schmerz stieg in mir auf, als ich
sein Bild vor meinem geistigen Auge sah - ein Mann, der so fröhlich lachte,
dass die Grübchen in seinem schönen milchkaffeebraunen Gesicht zu sehen waren
und seine grauen Augen wie Quecksilber blitzten. Mein Herz schlug schneller,
obwohl ich Gabriel seit über einem Monat nicht gesehen hatte.
»Du siehst aus wie eine normale Frau - obwohl ich
sagen muss, dass diese Frisur aus den Zwanzigerjahren nicht gerade Mainstream
ist. Aber abgesehen davon siehst du völlig normal aus, beinahe sogar nett,
überhaupt nicht so, als würdest du Mrs Dämonenfürst.«
»Ich heirate Magoth nicht«, erwiderte ich, wobei
ich mich bemühte, meine Lippen nicht zu bewegen.
»Na ja, Gefährtin, Gattin, Gemahlin... das ist doch
alles das Gleiche, oder nicht? Auf deiner Stirn müssen wir noch ein bisschen
nachlegen, Süße. Sie muss geglättet werden. Was hast du denn sonst immer für
dein Gesicht genommen? Nein, antworte nicht, lass zuerst die Maske trocknen.
Hier, möchtest du dich sehen?« Sally zog den Handschuh aus, betrachtete ihr
Werk einen Moment lang bewundernd und hielt mir einen Spiegel hin.
Langsam stieß ich zwischen zusammengebissenen
Zähnen hervor: »Nein, danke, ich bin eine Doppelgängerin. Wir haben kein
Spiegelbild.«
»Ach, nicht? Das ist mir noch nie aufgefallen.«
»Das wissen auch die wenigsten Leute.«
»Das macht es aber schwierig, wenn du dir die
Augenbrauen zupfen willst.« Sie bewunderte ihr eigenes Bild im Spiegel und fuhr
sich über ihre sorgsam gestylten blonden Haare. Dann legte sie den
Spiegel weg und schenkte mir ein Haifischlächeln. »Aber auch ohne Spiegelbild
musst du zugeben, dass das alles schrecklich romantisch ist.«
»Romantisch?« Meine Gedanken wandten sich sofort
dem Drachen in Menschengestalt zu, bei dessen Anblick mir unweigerlich die Knie
weich wurden.
»Ja! Schrecklich romantisch!« Der verwirrte
Ausdruck in meinen Augen musste ihr aufgefallen sein, denn während sie
pfundweise Kosmetik und die dazugehörigen Geräte in eine kleine rosa Tasche
packte, fuhr sie fort: »Dass Magoth dich zu seiner Gefährtin macht und dich mit
allem ausstattet, was zu so einer Position gehört, meine ich. Es ist so
unglaublich romantisch. Er begehrt dich so sehr, dass er bereitwillig die
Tatsache übersieht, wie wenig du für diese Position geeignet bist. Aber
offensichtlich hat auch ein Dämonenfürst eine schwache Seite.«
Ich verdrehte die Augen. »Magoth hat keine schwache
Seite, und von Begehren kann auch keine Rede sein. Und ich habe auch nicht
gesagt, dass ich seine Gefährtin werde. Ich bin die Gefährtin eines Wyvern, und
dort ist mein Herz, nicht hier in Abbadon bei Magoth.«
Sally fiel der Unterkiefer herunter. »Du bist die
Gefährtin eines Wyvern? Eines Drachen-Wyvern? Der Anführer einer Drachensippe?«
»Genau«, erwiderte ich, immer noch, ohne
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