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Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
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erfüllen die Luft, und von irgendwoher pumpt ein programmierter Bass. Das Meer ist ganz nah, gleich auf der anderen Seite der stark befahrenen Straße. Hinter einem Bankett aus Bermudagras ist erst ein geteerter Streifen, dann kommen ein paar Palmen, dann ein Sandstrand und der Ozean. Man sieht ihn nicht, aber man weiß, dass er da ist.
    – Ray! Trudis Hand legt sich siedend heiß auf seine Stirn. Er stöhnt auf. Als hätte sie ihm ein Brandeisen aufgedrückt.– Du glühst ja!
    Trudi springt auf, verschwindet in einem Laden nebenan und kommt mit einer Baseballkappe der New York Yankees zurück. Sie stülpt sie ihm über den Kopf. Das fühlt sich schon besser an.– Sitzt da und lässt sich den Dez rösten! Bei dem Haarschnitt hast du doch keinerlei Schutz vor der Sonne!
    Sie kramt in ihrer Umhängetasche aus Stroh, holt eine Tube Sonnencreme heraus und reibt ihm Nacken und Arme ein, wobei sie missbilligend sein Ace-of-Spades-T-Shirt mustert.– Ein schwarzes T-Shirt! In dieser Hitze! Und ich weiß auch nicht, wieso du keine Shorts trägst!
    – Bin doch kein kleiner Junge, murmelt er.
    Lennox erinnert sich, wie seine Mutter ihm als Kind ähnliche Vorhaltungen gemacht hat, zu Haus in ihrem kleinen Nutzgarten mit seinem gepflegten Rasen und dem gepflasterten Weg, der sich zu einem baufälligen Gartenschuppen schlängelte. Oder im Sommer in Dingwall, bei einer der seltenen Hitzewellen in den Highlands, in Ferien bei seiner Tante. Dann in Lloret de Mar, während ihres ersten Familienurlaubs im Ausland, zusammen mit Jock Allardyce, dem Freund und Arbeitskollegen seines Vaters, und dessen Frau beziehungsweise baldiger Ex-Frau Liz. Der erste Urlaub war zugleich der letzte, denn in Avril Lennox’ rundem Bauch wartete bereits sein Bruder, und seine ältere Schwester Jackie war kurz darauf schon zu cool für solche Unternehmungen. Am Strand hatte er einen verwahrlosten alten Köter gefunden und sich mit ihm angefreundet. Er hatte seinem Dad den Hund gezeigt und war entsetzt gewesen, als sein Vater ihn weggejagt hatte.– Bleib bloß weg von dem Drecksvieh. Tollwut!, hatte John Lennox ihm besorgt erklärt.– In Spanien haben sie andere Hygienestandards als bei uns in Schottland.
    Er nimmt die Basecap ab und betrachtet das allgegenwärtige NY – Symbol. Widerwillig setzt er sie wieder auf undmacht ein saures Gesicht. Irgendwas daran deprimiert ihn. Es ist die typische Mütze für einen, der noch nie im Leben ein Baseballspiel gesehen hat und erst recht nie in New York war. Eine Mütze, wie sie an Mr.   Confectioners Garderobenhaken hängen könnte.
    – Was stimmt damit nicht?, fragt ihn Trudi.
    – Ich mag die Yankees nicht. Gab’s keine von den Boston Red Sox?
    – Da drin gibt’s Unmengen verschiedene, ich wusste ja nicht, was für eine du willst, ich wollte bloß, dass die Sonne dir nicht das Gehirn versengt! Ist doch aus New York, sagt sie aufmunternd.
    – Aber hier ist Florida, meint Lennox. Er versucht, sich an einen Verein aus Florida zu erinnern. Der Name Merlins kommt ihm vage vertraut vor. The Magical Merlins .
    – Meinetwegen, ist aber alles USA , und da sind wir schließlich. Sie nippt an ihrem Sea Breeze und wendet sich wieder ihren Notizen zu.– Sonst geh du doch und tausch sie um, wenn’s unbedingt sein muss   … Ich finde, Mandy Delvin und ihr Freund sollten bei der Feier am Abend dabei sein, aber nicht unbedingt in der Kirche und beim Bankett   … was meinst du?
    – Find ich auch, sagt Lennox, steht auf, reckt sich und geht in den Laden nebenan. Ein paar Fußball-Shirts: Real Madrid, Manchester United, Barcelona, AC Milan. Da die Baseballcaps. Er sucht sich eine von den Boston Red Sox aus und setzt sie auf. Wieder auf der Terrasse, stülpt er Trudi die von den Yankees über. Ihre Hand fährt hoch, als hätte er ihr Haar zerzaust, und hält dann inne.
    Sie lächelt gezwungen und drückt seine unverletzte Hand. In ihm regt sich ein vorsichtiger Optimismus, der sofort wieder in sich zusammenfällt, als sie den Mund aufmacht.– Ich freue mich wirklich, Ray, sagt sie, doch es klingt wie eine Drohung.– Entspannst du dich ein bisschen?
    – Ich muss wissen, wie die Hearts gespielt haben. Im Cup zu Hause gegen Kilmarnock. Sollen wir uns gleich mal nach einem Internetcafé umsehen?
    Trudi wirkt kurz angesäuert, aber dann hellt sich ihre Miene wieder auf.– Ich will dir sowieso was im Internet zeigen, da gibt’s ein paar richtig gute Ceilidh-Bands.
    Sie liest in einer anderen Zeitschrift irgendwas

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