Crime
über die Serienschauspielerin Jennifer Aniston; wie sie mit der Trennung von Brad Pitt fertig wird, der jetzt mit einer anderen Schauspielerin zusammen ist, mit Angelina Jolie. Lennox’ Blick fliegt über die Zeitschriften auf dem Tisch. In beiden geht es um Beziehungen: Die eine befasst sich mit dem schönsten Tag im Leben, die andere mit einem Leben in Ungewissheit und Trauer. Er hatte schon im Flieger einen Blick reingeworfen. Jennifer Aniston soll jetzt mit einem anderen Schauspieler zusammen sein, dessen Name ihm nicht mehr einfällt. Trudi zeigt auf das Titelbild mit Aniston.– Das muss ja jetzt ganz schlimm für sie sein. Da sieht man mal wieder: Geld allein macht nicht glücklich. Sie schaut zu Lennox, der die Kellnerin auf sich aufmerksam gemacht und noch mal zwei Sea Breeze bestellt hat.– Aber zwischen uns stimmt doch alles, oder, Ray?
– Hmm, macht er geistesabwesend; er versucht, sich an den letzten anständigen Film zu erinnern, in dem Brad Pitt mitgespielt hat. Das Remake von Ocean’s Eleven war gar nicht so übel gewesen.
– Na, besten Dank für so viel Zuversicht! Wir wollen ja auch nur den Rest unseres Lebens zusammen verbringen! Sie starrt ihn giftig an, die reinste Xanthippe. Er kann die alte Frau in ihr sehen, als hätte sie die Uhr vierzig Jahre weitergedreht. Sie knallt ihr Notizbuch auf den Tisch.– Tu doch wenigstens so, als würd es dich interessieren!
Jennifer Aniston und Angelina Jolie. Zwei verschiedene Frauen, verschiedene Gesichter, Körper.
Der Körper schien im Tod geschrumpft zu sein, angespült da unten auf den Felsen am Fuß der Klippe. Es war seltsam, aber zu diesem Zeitpunkt hatte es ihm nicht so zu schaffen gemacht. Natürlich hatte es ihm zu schaffen gemacht, aber nicht so, dass er die Bilder nicht mehr loswurde. Er denkt an seinen alten Kumpel Les Brodie. Wie sie mit ihren Luftgewehren auf Möwen geschossen hatten. Wie anders es war, eine Möwe abzuschießen als eine Taube. Les und seine Tauben. Eine Möwe schmolz einfach zusammen und verschwand, wie ein Ballon, alles nur Luft. Der Unterschied zwischen der Leiche eines Erwachsenen und der eines Kindes (und Britney war das erste tote Kind, das er zu Gesicht bekommen hatte) war genau dieser Eindruck von Reduktion. Vielleicht, weil man da erst sah, wie klein sie eigentlich waren.
Lennox spürt, wie sich sein Puls wieder beschleunigt, während seine Handflächen feucht werden. Er zwingt sich, tief Luft zu holen. Dieser zyanblaue Leichnam in seiner mysteriösen, unerbittlichen Undurchsichtigkeit; doch es war nur noch irgendein Körper, Britney existierte nicht mehr; jetzt zählte nur noch, das Schwein, das sie umgebracht hatte, seiner gerechten Strafe zuzuführen. Doch er sieht es jetzt so plastisch vor sich wie immer; die aus dem Kopf quellenden Augen, die geplatzten Blutgefäße auf den Lidern, weil er sie gewürgt hatte, während er sie penetrierte, das Leben aus ihr herauswrang für seine eigene flüchtige Befriedigung.
Ein Menschenleben im Tausch für einen Orgasmus .
Er fragte sich, ob es wirklich so gewesen war. Als er sich die Angst des kleinen Mädchens in seinen letzten Momenten vorzustellen versuchte, standen ihm die Bilder wieder greifbar vor Augen. Aber hatte sie wirklich so ausgesehen? Hatte da nicht bloß seine Fantasie die Leerstellen ausgefüllt?
Nein. Das Video. Da war alles drauf. Er hätte sich das Video nicht ansehen dürfen. Aber Gillman war dabei und glotzte kaltschnäuzig auf die Szenen, die Mr. Confectioner gefilmt hatte. Sein Status als Vorgesetzter verlangte von Lennox, sich genauso unbeeindruckt zu zeigen wie seine Untergebenen, obwohl jede Sekunde ihn innerlich vor Entsetzen lähmte.
Er dachte an den Moment, bevor er den Abzug durchgezogen hatte, die Möwe im Visier. Den endlosen Sekundenbruchteil, bevor der Schuss fiel, das leere, schäbige Gefühl danach, wenn die Möwe klein und tot auf dem Asphalt oder den Felsen an der Forth-Mündung bei Seafield gelegen hatte.
Les Brodie. Die Tauben.
Plötzlich dringt eine Stimme zu ihm durch.
– … du redest nicht mit mir, Ray, du rührst mich nicht an … im Bett. Du hast kein Interesse. Trudi schüttelt den Kopf. Wendet ihm das Profil zu. Die Augen schmal, die Lippen aufeinandergepresst.– Manchmal denke ich, wir sollten die ganze Sache einfach abblasen. Wär dir das lieber? Ja?
Zorn schwelt irgendwo tief in seiner Brust. Weit entfernt, als müsse er erst die Paralyse überwinden, die alles in ihm ergriffen hat. Ray Lennox sieht
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