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Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
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weite Fahrt. Sie fahren also raus, während er versucht, seine Gedanken zu sammeln. Ihm schwirrt der Kopf. Er hat keine Antidepressiva mehr. Er hat Angst. Denk wie ein Cop, sagt er sich, bemüht, sein püriertes Hirn wieder zum Laufen zu bringen. Seine Augen sind verklebt vom Phantomsand der Schlaflosigkeit, und sein Schädel brummt.
    Lance Dearing. Denken wie ein Cop. Wie denkt er? Was für ein Ding zieht er hier ab?
    Sonnenklar, dass Dearing Cop ist. Der Polizeigriff ist überall auf der Welt derselbe. Und die Stimme: diese unaufgeregte Autorität.
    Lennox weiß, dass er das sofort hätte erkennen müssen. Auch wenn es das erste Mal war, dass dieser Griff gegen ihn angewandt wurde, er hatte nicht rechtzeitig geschaltet, und allein dieser Umstand verrät ihm, dass er für das Ganze hier denkbar schlecht gerüstet ist.
    Tiannas Lippen zittern.– Flüchten wir vor der ganzen Polizei, oder bloß vor Lance?
    Gute Frage .– Bloß vor Lance, sagt er.– Deine Mum will, dass ich dich zu Chet bringe und bei keinem anderen lasse. Davon lasse ich mich von keinem abbringen; egal, ob er ein Cop ist oder nicht.
    Das scheint sie zu beruhigen, also unterhält sich Lennox in gebrochenem Englisch mit dem Taxifahrer, der ihm bestätigt, was er schon über das Los der Taxifahrer in Miami vermutet hatte.– Niemals ich fahr nachts. Ich hab Familie.Mein Boss ist zu gemein, um kugelsichere Scheiben in Wagen zu machen!
    Lennox hört ein Dröhnen, blickt zum Himmel und sieht ein Flugzeug im Landeanflug. Fragt sich, wie viele Männer Lance Dearing wohl schon erschossen hat– offiziell und inoffiziell.

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10
Der beste Shake in Florida
    Die vielen Male, die sie schon dagesessen und Beschuldigungen eintrainiert hatte, an ihnen gefeilt hatte, um ihre vernichtende Wirkung zu optimieren. Wie oft hast du mich schon bitter enttäuscht, Ray. Dich ändern? Du wirst dich nie ändern. Das kannst du gar nicht. Du hast es ja selbst gesagt: Du bist, wie du bist. Und ich bin mal wieder auf dich reingefallen . Und nun, im Bett dieses Fremden, waren all diese Testläufer Makulatur geworden.
    Der schlafende Mann neben ihr. Leichte Atemgeräusche, kein richtiges Schnarchen; im Einklang mit der fast unhörbaren Klimaanlage. In der Nacht ist er einmal aufgestanden, um das Kondom zu entsorgen. Wie er es mit den ersten beiden auch gemacht hatte. Als gehöre es sich nicht, dass sie sie zu Gesicht bekam. Aber sie hat das Blut an dem letzten bemerkt, das er diskret von seinem erschöpften Schwanz zog. Trudi hatte es zum Anlass genommen, aufzustehen, das Bidet zu benutzen und den Notfalltampon aus ihrer Handtasche einzuführen. Ein rostig aussehender Fleck ihres Bluts auf seinem Bettlaken; er war noch feucht, als sie wieder unter die Decke schlüpfte, und sie hatte sich unrein gefühlt. Was habe ich getan? Denn es dämmert Trudi Lowe mit heftiger, schockierender Deutlichkeit, dass Ray Lennox, ihr Verlobter, krank ist.
    Seelisch krank. In einem Maß, das über die übliche Stupidität, Egozentrik und Verführbarkeit anderer Männer weit hinausgeht. In zunehmender Panik schlüpft sie aus dem Bettdieses Fremden, müht sich möglichst leise in ihre herrenlose Kleidung und schleicht aus der Wohnung. Betritt den luxuriös möblierten und begrünten Gemeinschaftsbereich der Wohnanlage. Ein verständnisvoller Concierge, ein kleiner Mann mit rascher Auffassungsgabe, der wie ein ehemaliger Fliegengewichtsboxer aussieht und sich auch so bewegt, ruft ihr ein Taxi zurück zum Hotel. Sie unterhalten sich einen Moment, und als das Taxi kommt, hakt er sich bei ihr ein und führt sie– wie ein Vater seine Tochter am Hochzeitstag, stellt sie sich vor– eine Treppe zu einem Ausgang im Halbgeschoss hoch, der auf eine palmengesäumte Straße auf der anderen Seite der Bucht führt. Seltsamerweise fühlt sich das weder komisch noch aufdringlich an, der Mann bewegt sich mit einer beherrschten Würde, die so gar nichts Anzügliches hat. Sie steigt dankbar in das bereitstehende Taxi.
    Ihre Schuldgefühle lassen nach beim Gedanken an Lennox. Nervös, aber fest entschlossen, wird sie ihre Nacht gegen seine, was sie erlebt hat gegen das, was er erlebt hat, aufrechnen. Ach, du hast ein paar Leute kennengelernt und noch auf eine Party begleitet? Was für ein Zufall, ich auch. Wie war’s bei dir? Schön. Bei mir? Oh, auch ganz nett.
    Sie muss zu ihm zurück, auch auf die Gefahr, noch mehr Verletzungen auszuhalten. Die zügellose Untreue, der sie sich den Großteil der Nacht hingegeben

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