Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Crime

Crime

Titel: Crime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh , Pößneck GGP Media GmbH
Vom Netzwerk:
hat, erregt sie und widert sie an. Als sie in ihrem Hotelzimmer ankommt und er nicht da ist, empfindet sie eine Erleichterung, in die sich tiefe Traurigkeit und Wut mischt, dann leck mich doch, aber sie springt dankbar unter die Dusche, um sich ihren Immobilienmenschen abzuwaschen. Kein Licht am Telefon, das eine Nachricht anzeigt. Keine Nachricht. Der Sack hat nicht mal angerufen . War noch gar nicht wieder hier gewesen. Auch gut, denkt sie, legt sich aufs Bett und fühlt, wie es zwischen ihren Beinen pocht. Ein großer, harter, ausdauernder Kerl. Lennox, ich scheiße auf dich.
    Du hast keine blasse Ahnung, wie Männer sind.
    Aber was, wenn– wenn Ray Lennox im Krankenhaus liegt, oder tot in irgendeiner Gasse?
    Trudi setzt sich auf. Das immer noch Ray-lose Zimmer. Mein Ray of sunshine, mein kleiner Sonnenstrahl. Selbst mürrisch, deprimiert und schweigsam, wirbelt seine Gegenwart alles chaotisch durcheinander, wie ein Gewitter ohne Donnergrollen. Es macht sie traurig, dass er sein Leben immer unnötig komplizieren muss; diese abrupten Wechsel zwischen mürrischer Distanziertheit und leidenschaftlichem Engagement. Was soll das bringen?
    Ein Teil des blassblauen Himmels verschwindet unter dem grellen Sonnenlicht. Ein Auge zugekniffen gegen das Strahlen, das ihn im Profil trifft, ist sein anderes Auge und die fehlerhaft justierte Nase auf die gegenüberliegende Straßenseite gerichtet, auf eine Reihe bunt gestrichener Häuser mit aufgesprungenen, unebenen Vorgärten. Ein Mann mit struppigem Haar in einem verdreckten gelben T-Shirt schiebt langsam und stetig einen Einkaufswagen vor sich her, den Kopf über dessen Inhalt gesenkt, und schaut nur gelegentlich auf, während der Autoverkehr an der Kreuzung dröhnend und klappernd an ihm vorbeizischt. Vor einem klotzigen Hochhaus ist eine Reihe von Betonpflanzkübeln mit Eukalyptusbäumen aufgestellt, damit dort niemand parken kann. Tianna sitzt auf einem davon, die Beine übereinandergeschlagen, und liest in der Zeitschrift auf ihrem Schoß. Lennox schaut dem Penner mit dem Einkaufswagen nach und folgt der Blickrichtung des Mannes zu einem Schild:
    BARCLAY AND WEISMAN
    SPEZIALISIERT AUF
SCHMERZENSGELDFRAGEN
    Ein alter Autoreifen mit einer toten Taube in seinem schwarzen Rund gleich neben dem Büroeingang stimmt Lennox etwas fröhlicher, als sei es ein Anzeichen dafür, dass die heimische Fauna das Eindringen dieses Vogels gemäßigter Breiten nicht kampflos hinnahm. Lennox reckt sich und gähnt, zieht sich das Hemd von der Haut weg. Spürt, wie sich seine Lungen füllen.
    Im Inneren der Niederlassung: T.W. Pye spürt das Ächzen des Polsterstuhls, als er seinen korpulenten Körper hineinfallen lässt. Er nuckelt an seiner Supersized-Coke und schlägt die Zähne in seinen Big Mac, wobei Fett durch seine verschwitzten Finger und über seine drei leberfleckigen Kinne rinnt, die wie Trüffelknollen von seiner Unterlippe bis zur Brust sprießen. Mittlerweile vierzig, ist Pye seit seiner Pubertät chronisch übergewichtig, was vornehmlich seiner Abhängigkeit von Fast Food und Cola anzulasten ist. Erst vor Kurzem ist ihm klar geworden, dass ihn diese Sucht um Gesundheit, Elan und ein erfülltes Sexualleben gebracht hat. Er ist noch nie in den Genuss des Beischlafs mit einer Frau gekommen, die er nicht dafür bezahlt hat.
    Doch jetzt bröckelt sein freches Leugnen dieses unbezähmbaren Zwangs, der daraus resultierenden Kurzatmigkeit, der Brust- und Armschmerzen und der zermürbenden Depressionen und Angstattacken, die ihn nachts heimsuchen. Vornehmlich aber unterminiert die nicht nachlassende Flut an Aufklärungsmaterial seine Standhaftigkeit. Von allen Seiten stürzt es auf ihn ein und erklärt ihm mit unmissverständlicher Deutlichkeit: Das Zeug, mit dem er groß geworden ist, bringt ihn um. Er kann den Fernseher nicht anmachen, ohne dass ihm irgendein neunmalkluger linksliberaler Ernährungswissenschaftler verkündet, dass er sich in sein frühes Grab frisst.
    Die Welt oder zumindest der Teil, mit dem er in Kontakt kommt, wird dafür büßen müssen. Der Ruf von Qwik CarRental als Autoverleih, der es im Gegensatz zu den Großen der Branche etwas weniger genau nimmt, hat zur Folge, dass Pye es oft mit Kunden zu tun bekommt, die verzweifelt und in Eile sind. Mindestens einmal die Woche zieht die Polizei Erkundigungen bei ihm ein. Und T.W. Pye liebt es, Fragen zu stellen; genießt das Gefühl der Macht über die glückloseren seiner Kunden. Das Telefon auf seinem Schreibtisch

Weitere Kostenlose Bücher