Crisis
gewaschen. Bei dem bewölkten Himmel fiel ihm auf, dass die aus dem neunzehnten Jahrhundert stammenden Gaslaternen offensichtlich Tag und Nacht brannten.
Nachdem Jack den Gerichtssaal betreten hatte, blieb er zögernd an der Tür stehen. Oberflächlich betrachtet, sah alles genauso aus, wie er es am vergangenen Nachmittag verlassen hatte, außer dass nun Craig an Leonas Stelle im Zeugenstand saß. Es waren dieselbe Besetzung, dieselben Haltungen. Die Geschworenen saßen so reglos da, als seien es Ausschneidefiguren, abgesehen von dem Klempnergehilfen, der die Untersuchung seiner Fingernägel zu seiner Lebensaufgabe gemacht hatte. Der Richter war, genau wie am Vortag, mit einigen Unterlagen auf seinem Tisch beschäftigt, und die Zuschauer lauschten aufmerksam.
Als Jack den Blick suchend über die Zuschauerreihen gleiten ließ, entdeckte er Alexis auf ihrem angestammten Platz, und den Sitz neben sich schien sie für ihn freigehalten zu haben. Auf der anderen Seite des Mittelgangs, dort wo normalerweise Franco saß, sah er nun Antonio. Er war eine kleinere Ausgabe von Franco, dafür aber deutlich attraktiver. Heute trug auch er die Uniform des Fasano-Teams: grauer Anzug, schwarzes Hemd und schwarze Krawatte. Obwohl Jack sich ziemlich sicher gewesen war, dass Franco für ein paar Tage von der Bildfläche verschwunden sein würde, kam ihm nun der Gedanke, ob es vielleicht Ärger mit Antonio geben würde. Außerdem fragte er sich, ob entweder Franco oder Antonio oder auch beide etwas mit dem Überfall auf Craigs Kinder zu tun hatten.
Entschuldigungen murmelnd zwängte sich Jack durch die Reihe zu Alexis. Sie saß so nah bei den Geschworenen wie möglich. Sie sah ihn kommen und bedachte ihn mit einem kurzen, nervösen Lächeln. Das hielt Jack für kein gutes Zeichen. Sie sammelte ihre Sachen zusammen, um ihm Platz zu machen. Sie begrüßten sich kurz.
»Wie läuft es?«, flüsterte Jack und beugte sich zu ihr hinüber.
»Jetzt bei Randolphs Kreuzverhör besser.«
»Was war denn bei Tony Fasanos Befragung?«
Alexis warf Jack einen besorgten Blick zu. Sie war offensichtlich sehr angespannt. Ihre Hände lagen ineinander verkrampft in ihrem Schoß.
»Nicht gut?«, fragte Jack nach.
»Es war schrecklich«, gestand Alexis. »Das einzig Positive, das es dazu zu sagen gäbe, ist, dass Craigs Aussage mit dem Protokoll seiner Befragung im Beweiserhebungsverfahren übereinstimmt. Er hat sich in keinem Punkt widersprochen.«
»Erzähl mir nicht, dass er sich wieder aufgeregt hat: nicht nach diesen ganzen Proben.«
»Er wurde schon nach ungefähr einer Stunde furchtbar wütend, und von da an wurde es immer schlimmer. Tony kannte seine schwachen Punkte genau, und er hat keinen davon ausgelassen. Der entsetzlichste Teil war, als Craig Tony vorwarf, er habe kein Recht, Ärzte zu kritisieren, die sich für ihre Patienten aufopferten, und ihre Entscheidungen in Frage zu stellen. Und dann hat Craig Tony noch einen widerlichen Aasgeier von einem Anwalt genannt.«
»Nicht gut«, bemerkte Jack. »Auch wenn es stimmt.«
»Es kam noch schlimmer«, stieß Alexis hervor und hob dabei die Stimme.
»Verzeihung«, sagte eine Stimme von hinten. Jemand hatte Jack auf die Schulter geklopft.
»Wir können den Zeugen nicht mehr hören«, beschwerte sich der Zuschauer.
»Entschuldigung«, antwortete Jack. Er drehte sich wieder zu Alexis um. »Sollen wir für einen Moment nach draußen gehen?«
Alexis nickte. Es war ihr anzusehen, dass sie eine Pause brauchte.
Sie standen auf. Alexis ließ ihre Sachen liegen. Sie bahnten sich einen Weg zurück zum Gang. Jack öffnete die schwere Tür des Gerichtssaals so leise wie möglich. In der Aufzughalle setzten sie sich auf eine mit Leder bezogene Bank.
»Ich fasse es einfach nicht«, murmelte Alexis vor sich hin. »Was um alles in der Welt haben diese Spanner davon, sich diesen verdammten Prozess anzusehen?«
»Sagt dir das Wort Schadenfreude etwas?«, fragte Jack und dachte erstaunt daran, dass es ihm vor einer halben Stunde schon in den Sinn gekommen war, als er sich an seine erste Reaktion auf Craigs verzwickte Lage erinnert hatte.
»Ja, du hast wohl Recht. Verflucht, es ist genau das, was diese ganzen Klatschblätter verkaufen. Im Grunde weiß ich ja, warum die Zuschauer da drin sind. Für sie sind Ärzte mächtige, erfolgreiche Menschen. Hör einfach nicht hin, wenn ich herumnörgle.«
»Ist alles in Ordnung mit dir?«
»Ich habe nur Kopfschmerzen, sonst bin ich okay.«
»Was ist mit den
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