Crisis
was sich in plötzlich einsetzenden Brustschmerzen, Schwächegefühl und Atembeschwerden äußerte, während das in New York von einem Menschen handelte, der zwar erst seit kurzem, aber dafür eindeutig bereits tot war. Beide Situationen bedeuteten für den jeweiligen Arzt einen Notfall und machten einen vorläufigen Aufschub ihrer privaten Vorhaben erforderlich. Was die Ärzte jedoch nicht wussten, war, dass einer dieser Anrufe eine Reihe von Ereignissen auslösen würde, die ernste Auswirkungen für sie beide haben, sie beide in Gefahr bringen und sie in erbitterte Gegner verwandeln würde, während der zweite Anruf letztlich den ersten in einem anderen Licht erscheinen lassen würde!
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Boston, Massachusetts
19.10 Uhr
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Dr. Craig Bowman ließ einen Moment lang die Arme sinken, um seine schmerzenden Unterarmmuskeln zu entlasten. Er stand vor dem Spiegel, der an der Innenseite der Wandschranktür angebracht war, und plagte sich damit herum, eine klassische schwarze Fliege zu binden. Er hatte in seinem Leben höchstens ein halbes Dutzend Mal einen Smoking getragen, das erste Mal beim Abschlussball der Highschool und das letzte Mal bei seiner Hochzeit, und bei all diesen früheren Gelegenheiten hatte er sich damit begnügt, das fertig gebundene Modell anzulegen, das zu dem geliehenen Smoking gehörte. Doch jetzt, in seinem neuen Leben, sollte auch alles echt sein. Er hatte sich einen brandneuen Smoking gekauft und würde sich bestimmt nicht mit einer falschen Fliege zufriedengeben. Das Problem war nur, dass er nicht die geringste Ahnung hatte, wie er sie binden sollte, und es war ihm peinlich gewesen, den Verkäufer zu fragen. Zu dem Zeitpunkt hatte er sich noch keine allzu großen Sorgen gemacht, denn er vermutete, es werde kaum anders sein, als sich die Schnürsenkel zu binden.
Leider stellte sich heraus, dass es damit nicht das Geringste zu tun hatte, und seit über zehn Minuten bemühte er sich nun schon vergeblich, das verfluchte Ding in Form zu bringen. Zum Glück war Leona, seine umwerfende neue Bürogehilfin und noch neuere private Begleiterin, bisher im Bad mit ihrem Make-up beschäftigt gewesen. Schlimmstenfalls würde er sie fragen müssen, ob sie sich damit auskannte. Doch das wollte Craig möglichst vermeiden. Sie gingen noch nicht so lange miteinander aus, und es war ihm lieber, dass sie ihn auch weiterhin für einen kultivierten Gentleman hielt, ansonsten befürchtete er, sich diese Geschichte noch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag anhören zu müssen. Leona verfügte über das, was seine matronenhafte Empfangssekretärin und seine Arzthelferin ein »loses Mundwerk« nannten. Takt war nicht gerade ihre Stärke.
Craig warf einen raschen Blick in Leonas Richtung. Die Badezimmertür stand einen Spalt offen, und sie schminkte sich gerade die Augen, doch das Einzige, was er erkennen konnte, war ihr wohlgeformter dreiundzwanzigjähriger, mit schimmerndem rosafarbenem Seidenkrepp verhüllter Hintern. Sie stand auf Zehenspitzen und beugte sich über das Becken vor, um näher an den Spiegel heranzukommen. Ein selbstgefälliges Lächeln huschte über Craigs Gesicht, als er sich vorstellte, wie sie an diesem Abend den Gang zwischen den Sitzreihen der Symphony Hall hinabschreiten würden, was der eigentliche Grund war, warum sie sich so herausputzten. Denn als Ausgleich für ihr billiges Mundwerk war Leona ein echter Hingucker, vor allem in dem tief ausgeschnittenen Kleid, das sie vor kurzem bei Neiman Marcus gekauft hatten. Er war überzeugt, dass sich manch einer nach ihr umdrehen und er einige neidische Blicke von anderen fünfundvierzigjährigen Männern ernten würde. Craig war sich darüber im Klaren, dass solche Gefühle gelinde gesagt ziemlich kindisch waren, doch er hatte sie nicht mehr erlebt, seit er zum ersten Mal einen Smoking getragen hatte, und er würde es genießen.
Craigs Lächeln verblasste, als ihm die Frage in den Sinn kam, ob womöglich auch gemeinsame Freunde von ihm und seiner Frau im Publikum sein würden. Es war bestimmt nicht seine Absicht, jemanden zu demütigen oder zu verletzen. Doch er bezweifelte, dass er irgendwelchen Bekannten begegnen würde, da weder er und seine Frau noch ihre wenigen Freunde, zum größten Teil überarbeitete Ärzte wie er selbst, jemals Konzerte des Bostoner Symphonieorchesters besucht hatten. Bei dem hohen zeitlichen Aufwand, den eine typische Arztpraxis erforderte, hatte sich ihr Leben hauptsächlich auf ihren Vorort konzentriert, und die
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