Cristóbal: oder Die Reise nach Indien
Übrigen sagte der Gatte, wie man zugegeben musste, auch nie etwas Neues, als er noch da war.
Unter diesen bedauernswerten Frauen beharrten diejenigen am hartnäckigsten auf ihren Gefühlen, die sich nicht dazu durchringen konnten, das Verschwinden ihres Seemannsgatten anzuerkennen. Sie hofften, eines schönen Tages würde Schluss sein mit der unerträglichen Litanei des «Nan Nga Def, Nan Nga Def», «Wie geht es Euch? Wie geht es Euch?» und eines der Tiere würde einige Worte Portugiesisch sprechen, die es von einem weißen, noch nicht verstorbenen Mann gelernt haben musste, so dass sich die Tür der Hoffnung zwar nur ein wenig, aber sehr lebhaft wieder auftat, und vielleicht umso lebhafter, je weniger: Konnte es nicht sein, dass dieser Mann, den die Vögel nachahmten, am anderen Ende der Welt weiterlebte und seine Rückkehr vorbereitete?
Aber, ach!, als sie sich entschlossen, die portugiesische Sprache zu benutzen, redeten diese verdammten Papageien so unflätig daher, dass niemand aus der guten Lissabonner Gesellschaft ihnen Gehör schenken wollte.
Es kam nicht selten vor, dass in den besseren Vierteln Ausdrücke wie diese durch die Luft schwirrten: «Saftschwengel», «Feigenlutscher» oder «Stück Scheiße deiner Mutter». Immerhin sprachliche Geschenke von Männern aus der Schiffsmannschaft.
Die alten Seemänner schätzten diese Ausdrücke, die sie an die guten Zeiten erinnerten. Man ertappte sie häufig schlafend, mit dem Ohr am Vogelkäfig, ein breites Lächeln auf den Lippen.
Doch die anderen Nachbarn beschwerten sich über den unflätigen Lärm.
Angesichts dessen beschloss jene Lissabonner Dame, dass es einer Schule bedurfte, einer Vogelschule, in der die Vögel wieder Selbstvertrauen fassen und ein Mindestmaß an guten Manieren erwerben würden. Es musste nur noch ein fähiger Lehrer gefunden werden, der diesen ausgefallenen Erziehungsauftrag gedeihlich umsetzen würde.
Als geschickte und, zumindest in ihren Tätigkeiten bei Tage, vorsichtige Frau erbat Frau Elisabeth die Unterstützung des Bistums, bevor sie sich in das Unternehmen stürzte. Nachdem dieTheologen ausführlich und wissbegierig diskutiert hatten, wurde ihr eine grundsätzliche Erlaubnis erteilt. Vögel mit einer gewissen Sprache auszurüsten war, wenn man es wohl bedachte, ein Zeichen der Achtung und des Vertrauens gegenüber der weißen Taube des Heiligen Geists, die zum göttlichen Trio gehörte wie Vater und Sohn.
Obwohl die Geschichte meinen jungen und reizenden Hieronymus zu fesseln scheint, der errötet und auf seinem Stuhl zappelt, sobald ich von Frauen rede, will ich mich kurz fassen: Wenn ich die Zügel schießen ließe, würden wir uns zu weit von meinem Hauptgegenstand entfernen in das sehr gewöhnliche Land tränenreicher Liebesgeschichten.
Es genügt zu wissen, dass diese Vogelschule florierte. Beos aus Indien, die über den Landweg hergefunden hatten, wurden unter die afrikanischen Papageien gemischt und erwiesen sich bald als überlegen in der Fähigkeit, längere Sätze aufzusagen.
Nun hatte die Dame – ich weiß nicht, woher, doch habe ich Euch nicht gesagt, dass alle Schätze dieser Welt wie Wasser, das einen sanften Abhang hinunterläuft, irgendwie nach Lissabon gelangten? – eine Leidenschaft für persische Literatur und besonders für einen im Jahre 1273 verstorbenen Sufimeister namens Maulana Dschelaleddin, genannt Rumi.
«Werde eine Kugel und rolle unter den Hammerschlägen der Liebe.»
Als ich seine Gedichte hörte, kamen mir, dem Rüpel, zuerst der Einfall, dann die Gewissheit, anschließend die Kühnheit und zum Schluss die Notwendigkeit, diese Frau zu lieben und ihr zu helfen bei ihrem hoffnungslosen Unterfangen, ihren Vögeln Gedichte beizubringen, damit sie verlassenen Ehefrauen glanzvolle Gesellschaft leisten konnten.
Er sprach: «Nein, du bist nicht irre,
Bist nicht dieses Hauses würdig.
»
Gegangen bin ich, und irre geworden,
In Ketten lag ich wie ein Gefangener.
Er sprach: «Nein, du bist nicht trunken,
Gehörst nicht zu uns, geh weg.»
Gegangen bin ich, und habe mich betrunken,
Ward übermannt, im Freudentaumel.
Er sprach: «Nein, du bist nicht erschlagen,
Bist nicht in Freuden gebadet.»
Doch vor ihm, der Leben spendet, war ich
Niedergeschlagen und gebrochen.
Er sprach: «Du bist ein schlauer Kerl,
Bist voller Zweifel und Phantasie.»
Geworden bin ich einfältig, eingeschüchtert,
Und bin von allem weit entrückt.
Er sprach: «Du bist das
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