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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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starben.
    »Heilige Scheiße!« Wiederum Rauschen. »Sie sind
alle frei hier unten! Die verdammten Schrubber haben sie alle rausgelassen!«
    Sofort schaltete Richards auf den Monitor für den
Wachtposten auf Ebene drei. Ein großflächiges Gemälde aus Blut bedeckte die
Wand. Der Posten, Davis, lag zusammengesunken darunter, das Gesicht auf die
Fliesen gepresst, als suche er seinen verlorenen Bodenkontakt. Ein zweiter
Soldat kam ins Bild, und Richards erkannte Paulson. Er hielt eine .45er in der
Hand. Die Aufzugtür hinter ihm war offen. Paulson schaute direkt in die Kamera,
steckte die Waffe in das Halfter und nahm eine Handgranate aus der Tasche -
und dann noch zwei. Mit den Zähnen zog er die Stifte heraus und rollte die
Granaten in den Aufzug. Noch einmal schaute er Richards an. Richards sah seinen
leeren Blick, als er die .45er an die Schläfe hob und abdrückte.
    Richards drückte auf den Schalter, der die Ebene
abriegelte, aber es war zu spät. Er hörte die Explosion, die durch den
Aufzugschacht dröhnte, und dann ein zweites Krachen, als die Trümmer der Aufzugkabine
unten aufschlugen. Dann gingen alle Lichter aus.
     
    Zuerst wusste Wolgast nicht, was er da hörte. In
Amys stiller Kammer ertönte der Alarm so plötzlich, so absolut fremdartig, dass
er alle anderen Gedanken aus Wolgasts Kopf vertrieb. Er sprang von seinem
Stuhl neben Amys Bett auf und stürzte zur Tür. Aber natürlich ließ sie sich
nicht öffnen. Sie waren eingesperrt. Der Alarm hörte nicht auf. Brannte es
irgendwo? Nein, dachte er durch das Getöse in seinen Ohren, es war etwas
anderes, etwas Schlimmeres. Er sah zu der Kamera in der Ecke hinauf.
    »Fortes! Sykes, verdammt! Macht die Tür auf!«
    Dann hörte er das Rattern automatischer Gewehre,
gedämpft durch die dicken Wände. Einen Augenblick lang dachte er hoffnungsvoll
an Rettung. Aber das war natürlich unmöglich. Wer sollte sie retten?
    Bevor er noch einen weiteren Gedanken fassen
konnte, ertönte ein mächtiger, alles erschütternder Knall und ein schreckliches
Donnern, das mit einem zweiten Knall endete, begleitet von einem tiefen,
dröhnenden Vibrieren wie bei einem Erdbeben. Der Raum versank in Finsternis.
    Wolgast erstarrte. Völlige Dunkelheit umgab ihn,
jede Spur von Licht fehlte, und er verlor die Orientierung. Der Alarm war auch
verstummt. Er verspürte einen blinden Drang zum Weglaufen, aber er konnte nirgends
hin. Es war, als weite sich der Raum und ziehe sich gleichzeitig um ihn herum
zusammen.
    »Amy, wo bist du? Hilf mir, dich zu finden!«
    Stille. Wolgast atmete tief durch und hielt die
Luft an. »Amy, sag was. Sag irgendwas!« Er hörte sie, hinter ihm, ein leises
Stöhnen.
    »So ist es gut.« Er drehte sich um, lauschte
angestrengt, versuchte, Entfernung und Richtung zu ermessen. »Noch mal. Ich
finde dich.«
    Er konzentrierte sich. Die anfängliche Panik
wich einer Art von Zielstrebigkeit, einem Gefühl für das, was jetzt zu tun
war. Vorsichtig tat Wolgast einen Schritt auf ihre Stimme zu, dann noch einen.
Ein zweites Stöhnen, kaum hörbar. Der Raum war klein, höchstens fünf Meter im
Quadrat. Warum also schien Amy im Dunkeln so weit weg zu sein? Draußen wurde
nicht mehr geschossen; er hörte überhaupt nichts mehr, nur Amys leises Atmen,
das ihn rief.
    Wolgast hatte das Fußende ihres Bettes gefunden
und tastete sich an den Chromstahlstangen entlang, als die Notbeleuchtung
anging: zwei Lichtstrahlen kamen aus den Ecken an der Decke über der Tür. Es
war kaum hell genug, um etwas zu sehen, aber es genügte. Das Zimmer war
unverändert; was immer draußen passierte, hatte sie noch nicht erreicht.
    Er setzte sich an Amys Bett und fühlte nach
ihrer Stirn. Immer noch warm - aber das Fieber war gesunken, und ihre Haut war
ein bisschen feucht. Wegen des Stromausfalls war die Infusionspumpe stehen geblieben.
Er überlegte, was er tun sollte, und beschloss, sie abzunehmen. Vielleicht war
das falsch, doch er glaubte es nicht. Er hatte oft genug zugesehen, wie Fortes
und die andern den Tropf auswechselten, um das Ritual zu kennen. Er drehte an
der Klemme, stoppte den Durchfluss der Flüssigkeit und zog die lange Nadel aus
dem Gummiventil am Ende der Kanüle, die in der Haut ihrer Hand steckte. Auch
die Kanüle brauchte Amy nicht mehr; also zog er sie sanft heraus. Amy zuckte
zusammen: ein gutes Zeichen. Der Einstich blutete nicht, aber um sicherzugehen,
bedeckte er ihn mit einer Mullkompresse und klebte sie mit Pflaster vom
Materialwagen fest. Dann wartete er.
    Ein

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