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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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trieben die Kranken zusammen und erschossen sie - so viel schien
klar zu sein, wenn auch zwischen den Zeilen. Der 18. Mai, dachte Wolgast. Die
Zeitung war drei - nein, vier Tage alt. Er und Amy waren am Morgen des 2. Mai
im Camp angekommen.
    Alles, was in der Zeitung stand, war innerhalb
von knapp drei Wochen passiert.
    Er hörte ein Geräusch aus dem Laden hinter ihm -
gerade so laut, dass er wusste, er wurde beobachtet. Er klemmte die Zeitung
unter den Arm und trat durch die Fliegentür. In dem kleinen Laden roch es nach
Staub und Alter, und er war vollgestopft bis an die Decke mit allen möglichen
Waren: mit Campingbedarf, Kleidern, Werkzeug und Konserven. Ein großes
Bocksgeweih hing über einer mit einem Vorhang verschlossenen Tür, die nach
hinten führte. Wolgast erinnerte sich, dass er mit seinen Freunden hier
gewesen war, um Bonbons und Comics zu kaufen. Am Eingang hatte ein drehbarer
Drahtständer gestanden: Tales front the Crypt, Fantastic Four und
die Dark Knight-Serie, Wolgasts
Lieblingslektüre.
    Auf einem Schemel hinter der Theke saß ein
massiger alter Mann, kahlköpfig und in einem karierten Flanellhemd. Die Jeans,
die seinen breiten Wanst umspannte, wurde von einem roten Paar Hosenträger gehalten.
In einem engen Halfter an der Hüfte steckte ein .38er Revolver. Sie nickten
einander wachsam zu.
    »Zeitung kostet zwei Dollar«, sagte der Mann.
    Wolgast zog zwei Scheine aus der Tasche und
legte sie auf die Theke. »Haben Sie auch was Neueres?«
    »Ist die letzte, die ich gesehen hab.« Der Mann
legte die Scheine in seine Registrierkasse. »Der Kerl, der sie bringt, ist seit
Dienstag nicht mehr aufgetaucht.«
    Dienstag. Heute war Freitag. Der Freitag vor dem
Memorial-Day-Wochenende. Nicht dass es wichtig gewesen wäre.
    »Ich brauche ein paar Sachen«, sagte Wolgast.
»Patronen.«
    Der Mann musterte ihn, und seine dichten grauen
Augenbrauen zogen sich zusammen. »Was haben Sie?«
    »Springneid. Eine .45er«, sagte Wolgast.
    Der Mann trommelte mit den Fingern auf die
Theke. »Na, lassen Sie mal sehen.«
    Wolgast zog die Pistole aus dem Halfter in
seinem Kreuz. Es war die, die Lacey auf dem Boden des Lexus hatte liegen
lassen. Das Magazin war leer; ob sie es leergeschossen hatte oder jemand
anders, wusste Wolgast nicht. Vielleicht hatte sie etwas erwähnt, aber er
erinnerte sich nicht. In dem Chaos hatte er darauf nicht geachtet. Auf jeden
Fall war die Waffe ihm vertraut; Springfields gehörten zur Standardbewaffnung
beim FBI. Er ließ das Magazin herausfallen und zog den Verschluss zurück, um
dem Mann zu zeigen, dass die Waffe nicht geladen war. Dann legte er sie auf die
Theke.
    Der Mann nahm die Springfield in seine große
Hand und betrachtete sie. An der Art, wie er sie hin und her drehte und das
Licht auf der Oberfläche spielen ließ, sah Wolgast, dass er etwas von Waffen
verstand.
    »Wolframrahmen, abgeschrägtes Auswurffenster,
Titan-Schlagbolzen mit kurzem Abzugsweg. Ziemlich edel.« Er sah Wolgast
erwartungsvoll an. »Wenn ich's nicht besser wüsste, würde ich sagen, Sie sind
vom FBI.«
    Wolgast machte ein möglichst unschuldiges
Gesicht. »Man könnte sagen, ich war's mal. In einem früheren Leben.«
    Der Mann grinste betrübt und legte die Pistole
auf die Theke. »In einem früheren Leben«, sagte er und schüttelte betrübt den
Kopf. »So eins haben wir wohl alle, was? Na, mal sehen.«
    Er verschwand durch den Vorhang nach hinten und
kam gleich darauf mit einer kleinen Pappschachtel zurück.
    »Das ist alles, was ich in .45 habe. Hab immer
ein paar davon hier, für einen, der mal bei der Behörde für Alkohol, Tabak und
Schusswaffen war. Ist jetzt pensioniert. Zieht gerne mit einem Twelve-Pack rauf
in den Wald und ballert auf die Dosen, wenn er sie leergetrunken hat. Sein Recycling-Tag,
sagte er. Aber ich hab ihn schon seit 'ner Weile nicht mehr gesehen. Sie sind
seit fast einer Woche der Erste, der hier reinkommt. Ich kann sie genauso gut
Ihnen geben.« Er legte die Schachtel auf die Theke: fünfzig Patronen,
Hohlspitzgeschosse. Er deutete mit dem Kopf darauf. »Na los, in der Schachtel
nützen sie nichts. Sie können gleich laden, wenn Sie wollen.«
    Wolgast nahm den Clip und schob die Patronen
nacheinander mit dem Daumen hinein.
    »Kann ich irgendwo noch mehr bekommen?«
    »Höchstens, wenn Sie nach Whiteriver runterfahren
wollen.« Der Mann klopfte sich zweimal mit dem Zeigefinger auf sein Brustbein.
»Es heißt, man muss sie genau hier treffen. Mit einem Schuss. Dann fallen sie
um wie

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