Cronin, Justin
sie gehörte.
»Bab ... cock?«
Wieder kamen Schritte von draußen, und dann
erschien Gloria. Auch sie war im Nachthemd. Ihr langes Haar, das sie tagsüber hochband,
fiel ihr über den Rücken. Sie war außer Atem; anscheinend hatte sie versucht,
ihren Mann einzuholen. Michael empfand inzwischen weniger Angst als vielmehr
Verlegenheit, weil er offenbar unabsichtlich Zeuge eines privaten Ehedramas
wurde. Ohne ihn zu beachten, marschierte sie an ihm vorbei zu ihrem Mann und
packte ihn entschlossen beim Ellenbogen.
»Sanjay, komm ins Bett.«
»Das ist meine Hand, nicht wahr?«
»Ja«, sagte sie ungeduldig, »das ist deine
Hand.« Ohne seinen Ellenbogen loszulassen, sah sie Michael an und formte mit
den Lippen lautlos das Wort Schlafwandeln.
»Eindeutig, ganz eindeutig meine.«
Sie seufzte tief. »Sanjay, komm jetzt mit.«
Sanjay schien wieder zu sich zu kommen. Er sah
sich verwundert um. »Michael. Hallo.«
Der Kopfhörer war längst unter dem Pult
verschwunden. »Hey, Sanjay.«
»Anscheinend habe ich ... einen Spaziergang
gemacht.«
Michael unterdrückte ein Lachen. Aber was mochte
Sanjay am Hauptschalter gesucht haben?
»Gloria war so nett, mich nach Hause zu holen.
Da gehe ich jetzt wieder hin.«
»Okay.«
»Danke, Michael. Entschuldige, dass ich dich bei
deiner wichtigen Arbeit gestört habe.«
»Das macht nichts.«
Und damit führte Gloria Patal ihren Mann hinaus
und brachte ihn vermutlich wieder ins Bett, wo er beenden konnte, was sein rastlos
träumender Verstand angefangen hatte.
Aber was sollte man davon halten? Als Michael am
nächsten Morgen Elton davon erzählt hatte, war die Antwort nur gewesen: »Ich
schätze, es packt ihn wie uns alle.« Und als Michael gefragt hatte: »Was heißt es? Was meinst du mit es?«, hatte
Elton gar nichts mehr gesagt. Anscheinend wusste er es nicht.
Er brütete, brütete, brütete. Sara hatte recht;
er vergrub sich viel zu oft im Sand seiner Sorgen. Das Signal war jetzt
verstummt. Er würde noch vierzig Minuten warten müssen, bis der nächste Zyklus
begann. Weil er nichts anderes zu tun hatte, rief er sich die Überwachung der
Akkus auf den Monitor. Er hoffte auf etwas Positives, aber da war nichts. Den
ganzen Tag hatte ein starker Wind durch den Pass ins Tal geweht, und die Zellen
lagen jetzt schon unter
fünfzig Prozent.
Er ließ Elton im Lichthaus zurück und machte
einen Spaziergang, um einen klaren Kopf zu bekommen. 1432 MHz. Das bedeutete etwas
- aber was? Da war das Offenkundige: Die Ziffern bezeichneten die ersten vier
positiven Integralzahlen in wiederholter Sequenz: 14321432143214321432 und so
weiter. Die Eins schloss die Sequenz ab, und mit der Vier begann sie von vorn.
Das war interessant - und vermutlich bloß Zufall. Doch daran glaubte er nicht.
Das Geistersignal fühlte sich anders an.
Er kam zum Sonnenfleck, wo oft noch bis tief in
die Nacht hinein Leute unterwegs waren. Blinzelnd schaute er in das
reflektierte Licht. Eine einsame Gestalt saß vor dem Stein. Dunkles Haar fiel
über die auf den Knien verschränkten Arme. Mausami.
Michael räusperte sich, um sie auf sich
aufmerksam zu machen, aber als er näher kam, warf sie ihm nur einen flüchtigen
Blick zu. Es war klar, sie war allein, und sie wollte es bleiben. Aber Michael
war jetzt stundenlang allein im Lichthaus gewesen - Elton zählte ja kaum - und
hatte im Dunkeln Phantome gejagt. Für ein winziges bisschen Gesellschaft würde
er eine Zurückweisung gern riskieren.
»Hey.« Er blieb vor ihr stehen. »Ist es okay,
wenn ich mich setze?«
Sie hob den Kopf, und er sah die Tränen auf
ihren Wangen.
»Entschuldige«, sagte Michael verlegen. »Ich
kann auch gehen.«
Aber sie schüttelte den Kopf. »Ist schon gut.
Setz dich, wenn du willst.«
Das Hinsetzen war ein bisschen problematisch,
denn da war nicht viel Platz. Ihre Schultern berührten sich praktisch, und er
lehnte wie sie mit dem Rücken an dem Stein. Allmählich fühlte er sich doch
nicht mehr so wohl in seiner Haut, erst recht nicht, als das Schweigen sich in
die Länge zog. Er wusste, indem er hierblieb, hatte er sich stillschweigend
bereit erklärt, sie zu fragen, was sie bedrücke, und vielleicht sogar ein paar
tröstende Worte für sie zu finden. Schwangere Frauen konnten launisch sein.
Nicht dass sie es nicht sowieso waren: Ihr Benehmen war auch sonst wechselhaft
wie der Wind. Sara war da eine Ausnahme, aber auch nur, weil sie seine
Schwester war und er sie kannte.
»Ich habe die Neuigkeit gehört. Ich nehme an,
ich darf
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