Cronin, Justin
geht's
ihnen, Demo? Wie geht's meinen Sternen? Und dann haben wir beide uns über sie
unterhalten, so wie wir es jetzt tun.« Sie nahm einen Schluck Tee und stellte
den Becher wieder auf den Tisch. »Warum guckst du so überrascht?«
»Das hat er getan?«
Sie runzelte tadelnd die Stirn, aber ihre Augen,
die immer noch von innen heraus leuchteten, schienen zu lachen. »Warum sollte
er es nicht tun?«
»Ich weiß nicht«, stammelte Peter. Und
tatsächlich, er wusste es nicht. Aber als er versuchte, sich diese Szene
vorzustellen - wie sein Vater, der große Demetrius Jaxon, bei Auntie in der
überheizten Küche saß und ihr von den Langen Ritten erzählte -, gelang es ihm
nicht. »Ich glaube, ich wusste nicht, dass er noch jemandem davon erzählt hat.«
Sie lachte leise. »Oh, dein Vater und ich, wir
haben geredet. Über vieles. Über die Sterne.«
Das war alles sehr verwirrend, dachte Peter.
Mehr als verwirrend: Es war, als habe sich in wenigen Tagen - seit der Nacht,
als Arlo Wilson den Viral erledigt hatte - eine fundamentale Weltregel
geändert, ohne dass jemand es ihm gesagt hatte.
»Hat er dir je etwas ... von dem Walker erzählt,
Auntie?«
Die alte Frau sog die Wangen zwischen die Zähne.
»Von einem Walker, sagst du? Nein, ich kann mich nicht erinnern. Theo hat
einen Walker gesehen?«
Er hörte sich seufzen. »Nicht Theo. Mein Vater.«
Aber sie hörte nicht mehr zu. Ihr Blick ging
wieder in weite Ferne. »Ich glaube, Terrence hat mir etwas von einem Walker
erzählt. Terrence und Lucy. Sie war ein so winziges Ding. Terrence hat sie
getröstet, damit sie aufhörte zu weinen, weißt du? Das konnte er.«
Es war hoffnungslos. Wenn Auntie einmal in Fahrt
war, konnte es Stunden, ja Tage dauern, bis sie wieder in die Gegenwart
zurückkam. Fast beneidete er sie um diese Fähigkeit.
»Aber wonach wolltest du mich jetzt fragen?«
»Schon gut, Auntie. Das hat Zeit.«
Sie hob die knochigen Schultern. »Wenn du es
sagst.« Sie schwieg kurz. »Sag mir eins. Glaubst du an den allmächtigen Gott,
Peter?«
Diese Frage kam überraschend. Sie hatte zwar
schon oft von Gott gesprochen, aber noch nie hatte sie ihn gefragt, woran er
glaubte. Und es stimmte: Als er vom Dach des Kraftwerks zu den Sternen hinaufgeschaut
hatte, hatte er etwas gespürt - irgendeine Wesenheit hinter ihrer gewaltigen
Unendlichkeit. Als ob die Sterne ihn beobachteten.
Doch der Augenblick war vergangen, und mit ihm das Gefühl, das er geweckt
hatte. Es wäre schön, an so etwas zu glauben, dachte Peter, aber letzten Endes
konnte er es einfach nicht.
»Eigentlich nicht«, gestand er, und er hörte die
Düsternis in seiner eigenen Stimme. »Ich glaube, das ist nur ein Wort, das die
Leute benutzen.«
»Das ist schade. Wirklich schade. Denn der Gott, den ich kenne? Der kennt ein Erbarmen.«
Auntie trank den letzten Schluck Tee und schmatzte mit den Lippen. »Darüber
denke mal ein bisschen nach, und dann erzähl mir von Theo, und wohin er
verschwunden ist. Mehr sage ich nicht.«
Das Gespräch schien zu Ende zu sein. Peter stand
auf, beugte sich über sie und drückte ihr einen Kuss auf den Kopf. »Danke für
den Tee, Auntie.«
»Nicht der Rede wert. Komm wieder und sag mir,
was dir dazu eingefallen ist. Dann reden wir über Theo. Unterhalten uns
miteinander. Und - Peter?«
Er drehte sich in der Küchentür um.
»Nur damit du es weißt. Sie kommt.«
Er war verblüfft. »Wer kommt, Auntie?«
Sie runzelte die Stirn wie eine Lehrerin. »Du
weißt, wer, Junge. Du weißt es seit dem Tag, an dem Gott dich zusammengeträumt
hat.«
Einen Augenblick lang stand Peter sprachlos in
der Tür.
»Mehr habe ich jetzt nicht zu sagen.« Die alte
Frau wedelte mit der Hand, als verscheuche sie eine Fliege. »Geh jetzt, und
komm wieder, wenn du so weit bist.«
»Schreib nicht mehr die ganze Nacht, Auntie«,
brachte Peter hervor. »Versuch ein bisschen zu schlafen.«
Ein Lächeln zerfurchte das Gesicht der alten
Frau. »Dafür habe ich noch die ganze Ewigkeit Zeit.«
Er ging allein hinaus in den kühlen Nachtwind,
der über sein Gesicht strich und den Schweiß erkalten ließ, der sich in der
überheizten Küche unter seinem T-Shirt gesammelt hatte. Sein Magen rumorte
immer noch von dem Tee. Einen Moment lang blieb er stehen und blinzelte im
Licht der Scheinwerfer. Was Auntie da gesagt hatte, war merkwürdig. Aber sie
konnte unmöglich etwas von dem Mädchen wissen. So, wie der Verstand der alten
Frau arbeitete, wie sie Geschichten auf Geschichten türmte und
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