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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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»Bist du bereit?«
    »Zu den Humvees?«
    »Das ist unsere einzige Chance, denke ich. Wir
bleiben dicht bei dem Feuer und benutzen es als Deckung.«
    Feuer hin, Feuer her, wahrscheinlich würden sie
keine zehn Meter weit kommen, wenn die Virais sie entdeckten. So, wie Alicias
Bein aussah, würde sie wahrscheinlich gar nicht laufen können. Sie hatten nur
ihre Messer und fünf Handgranaten an Alicias Gürtel. Aber vielleicht waren Amy
und die andern noch hier draußen. Sie mussten es zumindest versuchen.
    Sie hakte zwei Granaten vom Gürtel und gab sie
ihm. »Denk an unsere Abmachung«, sagte sie. Er sollte sie töten, wenn es so
weit wäre. Die Antwort kam ihm so mühelos über die Lippen, dass er überrascht
war. »Du auch. Ich will keiner von ihnen werden.«
    Alicia nickte. Sie hatte den Stift aus einer
Granate gezogen und hielt sie wurfbereit in der Hand. »Bevor es jetzt losgeht,
wollte ich noch sagen - ich bin froh, dass du es bist.«
    »Gleichfalls.«
    Sie wischte sich mit dem Handballen über die
Augen. »Fuck, Peter, jetzt siehst du
mich zum zweiten Mal heulen. Das darfst du niemandem erzählen. Niemandem.«
    »Mach ich nicht. Versprochen.«
    Gleißendes Licht strahlte ihm in die Augen.
Einen Moment lang glaubte er, es sei etwas passiert, sie habe versehentlich
die Granate losgelassen - und der Tod sei am Ende nur eine Sache von Licht und
Stille. Aber dann hörte er das Dröhnen eines Motors und wusste, dass da ein
Fahrzeug auf sie zukam.
    »Steigt ein!«, dröhnte eine Stimme. »Steigt in
den Truck!«
    Sie erstarrten.
    Alicia starrte mit weit aufgerissenen Augen auf
die Granate in ihrer Hand. »Mist, was mache ich jetzt mit dem Ding?«
    »Wirf sie weg!«
    Sie warf sie hoch über den Wagen hinweg, und
Peter riss Alicia zu Boden, als die Granate mit lautem Knall explodierte. Die
Lichter kamen näher. Peter schlang Alicia den Arm um die Taille, und humpelnd
rannten sie los. Aus der Dunkelheit rumpelte ein kastenförmiges Fahrzeug
heran. Ein riesiger Pflug saß vor dem Kühler wie ein schwachsinniges Grinsen.
Vor der Frontscheibe war ein Drahtgitter, und auf das Dach war ein Geschütz
montiert, hinter dem eine Gestalt kauerte. Peter sah, wie das Geschütz zum
Leben erwachte und eine Wolke von flüssigem Feuer über ihre Köpfe
hinwegschießen ließ.
    Sie warfen sich in den Dreck. Peter spürte die
sengende Hitze im Nacken.
    »Bleibt unten!« Wieder dröhnte die Stimme, und
erst jetzt begriff Peter, dass sie verstärkt war und aus einem Trichter auf
dem Dach der Fahrerkabine kam. »Bewegt euern Arsch!«
    »Ja, was jetzt?«, schrie Alicia, ohne sich zu
rühren. »Beides geht nicht!«
    Der Truck kam ein paar Meter vor ihren Köpfen
knirschend zum Stehen. Peter riß Alicia hoch, und die Gestalt auf dem Dach
rutschte an einer Leiter herunter. Eine schwere Drahtgittermaske verdeckte ihr
Gesicht, und ihre Kleidung war dick gepolstert. In einem Lederhalfter am
Oberschenkel steckte ein kurzläufiges Schrotgewehr. Auf der Seitenwand des
Trucks standen die Worte NEVADA DEPARTMENT OF CORRECTIONS.
    »Hinten rein! Schnell!«
    Die Stimme gehörte einer Frau.
    »Wir sind acht!«, schrie Peter. »Unsere Freunde
sind noch da draußen!«
    Aber die Frau schien nicht zu hören, was er
sagte, oder es interessierte sie nicht. Sie stieß sie zum Heck des Lasters.
Trotz der schweren Panzerung waren ihre Bewegungen überraschend flink. Sie
drückte die Klinke herunter und riss die Hecktür weit auf.
    »Steig rein, Lish!«
    Das war Caleb. Sie waren alle da, ausgestreckt
auf dem Boden im Laderaum des Trucks. Peter und Alicia kletterten hinein, die
Tür wurde hinter ihnen zugeschlagen, und es war finster.
    Schwankend setzte der Truck sich in Bewegung.
     
    46
     
    Diese grässliche Frau. Diese grässliche fette
Frau in der Küche, deren weiche, runde Gestalt über den Stuhl quoll, als sei
sie geschmolzen. Die beklemmende, drückende Hitze im Raum, der Geschmack ihres
Rauchs in seiner Nase und seinem Mund und der Geruch ihres Körpers. Die mit
Schweiß und Krümeln gefüllten Falten ihres wogenden Fleisches. Der Rauch, der
sich um sie herum kräuselte und zwischen ihren Lippen hervorwölkte, wenn sie
sprach, als nähmen ihre Worte in der Luft feste Form an. Sein Verstand, der
ihm sagte: Wach auf. Du schläfst, und du träumst. Wach auf, Theo. Aber der Sog
des Traums war zu stark; je mehr er sich wehrte, desto tiefer wurde er
hinuntergezogen. Es war wie ein dunkler Schacht, in den er fiel.
    Was glotzt du so? Hä? Du nichtsnutziger

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