Cronin, Justin
redest, als ob alles in Ordnung wäre.«
Die Tür flog auf, und fröhliches Lachen
unterbrach sie. Alicia kam schwungvoll auf Krücken um den Wandschirm herum.
Hinter ihr war ein Mann, den Michael nicht kannte: wilde blaue Augen und ein
Kinn, das aussah wie aus Stein gemeißelt. Halluzinierte er, oder spielten die
beiden Fangen wie die Kleinen in der Zuflucht?
Am Fußende seines Bettes kam die Frau zum
Stehen. »Akku, du bist wach!«
»Na, sieh mal an«, rief der blauäugige Mann.
»Lazarus ist von den Toten auferstanden. Wie geht's, Partner?«
Michael war so verblüfft, dass er nicht
antworten konnte. Wer war Lazarus?
Alicia drehte sich zu Peter um. »Hast du es ihm
erzählt?«
»Das wollte ich gerade«, sagte Peter. »Was
wolltest du mir erzählen?«
»Deine Schwester, Michael.« Peter lächelte. »Sie
ist hier.«
Michael kamen die Tränen. »Das ist nicht
witzig.«
»Es ist auch kein Witz, Michael. Sara ist hier.
Und ihr geht's bestens.«
»Ich erinnere mich einfach nicht.«
Sie waren zu sechst um Michaels Bett versammelt:
Sara, Peter, Hollis, Alicia, die Frau, die Billie hieß, und der Mann mit den
blauen Augen, der sich Michael als Jude Cripp vorgestellt hatte. Nachdem Peter
ihm von Sara erzählt hatte, war Alicia losgezogen, um sie zu holen, und wenig
später war sie ins Zimmer gestürmt und ihm um den Hals gefallen, weinend und
lachend zugleich. Das alles war so unerklärlich, dass Michael nicht gewusst
hatte, wo er anfangen und welche Fragen er stellen sollte. Aber Sara lebte
noch. Einstweilen war alles andere nicht wichtig.
Hollis berichtete, wie sie sie gefunden hatten.
Am Tag nach ihrer Ankunft hier war er mit Billie zurück nach Las Vegas
gefahren, um nach den Humvees zu sehen. Am Hotel hatte sie ein Bild der totalen
Verwüstung erwartet, ein rauchender Berg von Schutt und verbogenen Stahlträgern.
Irgendwo darunter lagen die zertrümmerten Humvees. Dicke Schwaden von Ruß und
Staub hingen in der Luft, und über allem war ein Ascheregen niedergegangen. Das
Feuer hatte auf eins der anderen Hotels übergegriffen, und auch dort glühte noch
die Asche. Aber der Stahlturm weiter östlich - Hollis hatte gesehen, dass der
Viral mit Sara dort verschwunden war - stand noch, und dort gab es im oberen
Bereich eine Etage, die »The Eiffel Tower Restaurant« hieß. Eine lange Treppe
führte dort hinauf in einen großen, runden Raum, umgeben von Fenstern, die
großenteils gesprungen oder ganz zerbrochen waren. Von dort aus blickte man auf
das zerstörte Hotel.
Sara lag zusammengekrümmt unter einem der
Tische. Sie war bewusstlos. Als Hollis sie berührte, schien sie aufzuwachen,
aber ihre Augen blickten glasig ins Leere. Offenbar wusste sie nicht, wo sie
war und was mit ihr passiert war. Sie hatte Schrammen im Gesicht und an den
Armen, und das Handgelenk, das sie auf dem Schoß festhielt, sah aus, als sei es
gebrochen. Er nahm sie auf den Arm und trug sie elf Treppen hinunter und in die
Rauchwolken hinaus. Erst auf halbem Weg zum Hafen war sie allmählich wieder zu
sich gekommen.
»Ist das wirklich alles so passiert?«, fragte
Michael sie.
»Wenn er es sagt. Ehrlich, Michael, ich erinnere
mich nur noch, dass ich Solitär gespielt habe. Als Nächstes war ich im Truck
mit Hollis. Der Rest ist ein großes schwarzes Loch.«
»Und dir geht's wirklich gut?«
Sara zuckte die Achseln. Es stimmte: Sie hatte
abgesehen von ein paar Schrammen und einem verstauchten Handgelenk keine
sichtbaren Verletzungen. »Ich fühle mich
gut. Ich kann es einfach nicht erklären.«
Jude drehte sich auf dem Stuhl zu Alicia um.
»Ich muss schon sagen, Lish, du weißt, wie man eine Party schmeißt. Ich hätte
gern ihre Gesichter gesehen, als du die Handgranate geworfen hast.«
»Aber daran war Michael nicht unbeteiligt. Er
war es, der uns das mit dem Gas gesagt hat. Und Peter hat den Trick mit der
Kupferpfanne erfunden.«
»Das habe ich immer noch nicht ganz verstanden«,
sagte Billie ungläubig. »Der Viral hat sein Spiegelbild gesehen?«
Peter zuckte die Achseln. »Ich weiß nur, dass es
funktioniert hat.«
»Vielleicht halten die Virais dich nur für einen
schlechten Koch«, mutmaßte Hollis.
Alle lachten.
Es war merkwürdig, dachte Michael. Nicht nur die
Geschichte an sich, sondern die Art, wie sie sich alle benahmen - als hätten
sie überhaupt keine Sorgen.
»Ich kapiere nicht, was ihr da eigentlich
gesucht habt«, sagte Peter. »Aber ich bin froh, dass ihr da wart. Es war schon
ein unglaublicher Zufall.«
Es war
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