Cronin, Justin
benachbarte
Hohlblockbaracken am Rand des Arbeitslagers verlegt, an einem staubigen, von
Feuertonnen gesäumten Platz mit einem Haufen Autoreifen in der Mitte. Hier
sollten sie die nächsten drei Tage isoliert verbringen: eine vorgeschriebene
Quarantänemaßnahme. Auf der anderen Seite des Platzes standen weitere Baracken,
die anscheinend unbewohnt waren. Es war ein spartanisches Quartier; in jeder
der Baracken gab es nur einen Tisch, ein paar Stühle sowie Pritschen in einem
hinteren Raum. Es war heiß und stickig, und der Fußboden knirschte von Sand.
Am Morgen war Hollis mit Billie weggefahren, um
nach den Humvees zu sehen. Funktionierende Fahrzeuge waren knapp, hatte Olson
gesagt, und wenn die Wagen die Explosion überstanden hätten, wäre die Fahrt
dorthin das Risiko wert. Ob Olson die Humvees behalten oder ihnen zurückgeben
wollte, wusste Peter nicht. Diese Frage blieb offen, und Peter hatte lieber
nicht nachgehakt. Nach dem Erlebnis im Truck, als sie alle sieben in der Hitze
beinahe verkocht wären, schien es am klügsten zu sein, so wenig wie möglich zu
sagen. Olson hatte sie nach der Kolonie und nach dem Zweck ihrer Reise
gefragt, und ein paar Erklärungen waren unvermeidlich gewesen. Aber Peter hatte
nur gesagt, sie kämen aus einer Siedlung in Kalifornien und seien auf die Suche
nach Überlebenden gegangen. Den Bunker hatte er nicht erwähnt, und so musste
Olson vermuten, dass die Kolonie, aus der sie kamen, gut bewaffnet war.
Irgendwann, dachte Peter, würde er ihm wahrscheinlich die Wahrheit sagen
müssen - oder doch wenigstens mehr als bisher. Aber dieser Augenblick war noch
nicht gekommen, und Olson hatte seine zurückhaltende Erklärung akzeptiert.
In den nächsten zwei Tagen bekamen sie die
anderen Bewohner nur flüchtig zu sehen. Hinter den Baracken lagen die Felder
mit den endlosen Bewässerungsrohren, die strahlenförmig vom zentralen Pumpwerk
ausgingen, und dahinter war die Herde: mehrere hundert Rinder in großen,
überschatteten Pferchen. Von Zeit zu Zeit sahen sie die wallende Staubwolke
eines Fahrzeugs, das in der Ferne am Zaun entlangfuhr. Doch davon und von ein
paar Gestalten auf den Feldern abgesehen, sahen sie buchstäblich niemanden. Wo
waren all die anderen Leute?
Man hatte sie nicht in den Baracken eingesperrt,
aber auf der anderen Seite des Platzes waren immer zwei Männer in orangegelben
Overalls. Diese Männer brachten ihnen das Essen, und meistens kamen sie in Begleitung
von Billie oder Olson, die sie über Michaels Zustand informierten. Anscheinend
war Michael in einen tiefen Schlaf verfallen; es war nicht unbedingt ein Koma,
beruhigte Olson sie, aber doch etwas Ähnliches. Sie hätten so etwas schon
öfter erlebt, sagte er; das seien die Auswirkungen der Hitze. Aber das Fieber
sei gesunken. Ein gutes Zeichen.
Und dann, am dritten Morgen, war Sara zu ihnen
gebracht worden.
Sie hatte keine Erinnerung an das, was mit ihr
passiert war. Dieser Teil der Geschichte - die sie Michael erzählten, als er am
nächsten Tag aufwachte - war nicht gelogen, ebenso wenig wie Hollis' Bericht
darüber, wie er sie gefunden hatte. Alle waren glücklich und erleichtert
gewesen. Sara schien wohlauf zu sein, auch wenn sie ziemlich lange brauchte, um
das Ganze zu verarbeiten. Aber ihre Entführung und ihre Rückkehr waren in der
Tat höchst eigenartig. Genauso merkwürdig wie die Tatsache, dass es hier keine
Scheinwerfer und Mauern gab. Beides ergab keinen Sinn.
Inzwischen war das Glücksgefühl verflogen, das
sie anfangs gehabt hatten, und an seine Stelle war ein tiefes Unbehagen
getreten. Noch immer hatten sie so gut wie niemanden zu Gesicht bekommen,
abgesehen von Olson, Billie und Jude und den beiden orangegelben Männern, die
auf sie aufpassten. Ihre Namen waren Hap und Leon. Sonst gab es nur noch vier
Kinder in zerlumpten Kleidern, die jeden Abend auf dem Platz erschienen, um auf
den Autoreifen zu spielen. Aber seltsamerweise kam nie ein Erwachsener, um sie
abzuholen. Sie verschwanden einfach wieder, wenn das Spiel zu Ende war. Wenn
sie keine Gefangenen waren, warum wurden sie dann bewacht? Und wenn sie welche
waren, warum dann dieses Theater? Wo waren alle? Was war los mit Michael? Warum
war er immer noch bewusstlos? Ihre Rucksäcke hatten sie zurückbekommen, wie
Olson es versprochen hatte. Offensichtlich waren sie durchsucht worden, und ein
paar Gegenstände - zum Beispiel das Skalpell in Saras Arztkoffer - waren
verschwunden. Doch die Landkarten, die Caleb in einem Innenfach
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